Rz. 187a

Der besonderen Betrachtung bei den grundstücksbezogenen sonstigen Leistungen nach § 3a Abs. 3 Nr. 1 UStG bedürfen die Leistungen im Zusammenhang mit Messen und Ausstellungen, weil bei ihnen regelmäßig auch ein Zusammenhang mit einem Grundstück besteht. Wegen der vielfältigen wirtschaftlichen Verflechtungen über die Staatsgrenzen hinaus sind dabei gerade die Leistungen, die Veranstalter von Messen oder Ausstellungen den Ausstellern – also nicht den Besuchern (Rz. 250ff.) – gegenüber erbringen, von erheblicher praktischer Bedeutung. Deshalb ist hier die ab dem 1.1.2010 geltende umfassende Neuregelung des § 3a UStG zu begrüßen[1], da sie bei Leistungen an Unternehmer – welche zwischen den Veranstaltern von Messen und Ausstellern sehr häufig vorliegen – zu einer deutlichen Vereinfachung der Leistungsortbestimmung führt[2], weil zumeist die Grundregel der Leistungsortsbestimmung nach § 3a Abs. 2 UStG zur Anwendung kommt[3] und nicht § 3a Abs. 1 UStG oder unter bestimmten Voraussetzungen § 3a Abs. 3 Nr. 1 oder Nr. 3a UStG (Rz. 250ff.).

 
Praxis-Beispiel

Das deutsche Unternehmen A ist auf den Aufbau kompletter Messestände spezialisiert. A errichtet für den französischen Automobilhersteller B für eine Messe in Deutschland einen im Eigentum des B stehenden vollständigen Stand. Sofern hier keine Leistung mit einem Grundstück anzunehmen ist – was vom genauen Inhalt der vertraglichen Vereinbarungen abhängt[4], – richtet sich der Leistungsort nach § 3a Abs. 2 UStG und ist am Sitz des B in Frankreich. Wenn diese Leistung von der Niederlassung des B in Deutschland in Auftrag gegeben wird, ist der Leistungsort in Deutschland.

Eine andere Regelung dürfte aber z. B. dann zum Tragen kommen, wenn nicht unternehmerisch tätige juristische Personen – wie z. B. Gebietskörperschaften auf einer Tourismusmesse –, als Aussteller tätig werden. Zusätzlich ist bei Veranstaltungsleistungen im Zusammenhang mit Messen und Ausstellungen in Drittstaaten die Sonderregelung in § 3a Abs. 8 S. 1 UStG zu beachten, denn hier wird der Leistungsort – u. U. abweichend von § 3a Abs. 2 UStG – an den Ort der Nutzung oder Auswertung verlegt (Rz. 545ff.). Wenn die im Beispiel genannte Messe also etwa in China stattfinden würde, wäre der Leistungsort nach dieser Regelung in China, weil der Leistungsgegenstand – der Messestand – hier genutzt wird.

 

Rz. 187b

Allgemein galt nach der Rechtsprechung des EuGH zur alten Fassung des § 3a UStG, dass Leistungen, die ein Veranstalter von Messen oder Ausstellungen den Ausstellern gegenüber erbringt, "ähnliche Leistungen" nach § 3a Abs. 3 Nr. 3a UStG waren.[5] Hinsichtlich ihrer Grundaussage dürfte diese Rechtsprechung auch für die geltende Fassung der Vorschrift gelten. Diese Leistungen müssen nun insgesamt einen eigenständigen Gehalt haben und deshalb dem jeweiligen Tätigkeitsort zuzurechnen sein.[6] Nicht erst seit dem 1.1.2011 kommt bei Leistungen zwischen Unternehmern der Frage eine besondere Bedeutung zu, ob und unter welchen Bedingungen diese Leistungen zwischen Unternehmern unter § 3a Abs. 2 UStG oder aber als grundstücksbezogene Tätigkeit unter die Ortsregelung des § 3a Abs. 3 Nr. 1 UStG fallen, denn die Ortsbestimmung nach § 3a Abs. 3 Nr. 1 UStG hat immer Priorität.[7] Dabei kann eine zutreffende Abgrenzung in der Praxis Probleme aufwerfen.[8]

 

Rz. 187c

Die ausführliche Verwaltungsanweisung in Abschn. 3a.4 UStAE (und der vorhergehenden Regelung in den UStR) sowie die Rechtsprechung des BFH[9] führten hier häufig zur Annahme grundstücksbezogener Leistungen, jedenfalls wenn vom Leistenden auch Standflächen an den Aussteller überlassen wurden. Dabei war diese Unterscheidung unter der bis zum 31.12.2009 geltenden Rechtsauffassung eher von akademischem Interesse, weil zumeist in beiden Fällen derselbe Leistungsort galt. Seit der Neufassung des § 3a UStG sind aber entweder die Leistungsortsbestimmungen des § 3a Abs. 2 UStG oder des § 3a Abs. 3a UStG anzuwenden und diese können zu unterschiedlichen Leistungsorten führen[10], was sich zwangsläufig auf die Steuerbarkeit auswirkt. Insoweit ist die Unterscheidung seitdem von großer Bedeutung. Darüber hinaus ist – mit Blick auf die deutsche Verwaltungsauffassung – hier seit dem Jahr 2011 die einschränkende Auffassung des EuGH in der Rechtssache Inter-Mark Group zu berücksichtigen, der die frühere (enge) deutsche Sichtweise in weiten Bereichen nicht anerkannt hat[11], auch weil der EuGH in klassischen Messedienstleistungen zumeist Werbeleistungen und keine Veranstaltungsleistungen sieht.

 

Rz. 187d

Nach der in Abschn. 3a.4 Abs. 1 S. 1 UStAE dokumentierten deutschen Verwaltungsauffassung gilt bei der Überlassung von Standflächen auf Messen und Ausstellungen durch die Veranstalter an die Aussteller – mithin an Unternehmer – weiter, dass es sich grundsätzlich um eine grundstücksbezogene Leistung i. S. d. § 3a Abs. 3 Nr. 1 UStG handelt. Allerdings kann es sich im Einzelfall auch um (komplexe) Leistungen nach § 3a Abs. 2 UStG handeln[12]; da es nach der Neuregelung des § 3a UStG nic...

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