Rz. 80

§ 3a Abs. 1 S. 2 UStG setzt dem Ort des leistenden Unternehmers unter bestimmten Voraussetzungen einer Betriebsstätte des Unternehmers gleich; unionsrechtlich wird hier von der "festen Niederlassung" gesprochen (Rz. 83). Nach der in der Praxis wichtigen Regelung[1] gilt dann eine Betriebsstätte und nicht der Ort, von dem aus der Unternehmer sein Unternehmen betreibt, als Ort der sonstigen Leistung, wenn die sonstige Leistung von dieser Betriebsstätte aus ausgeführt wird. Allgemein ist aber zu beachten, dass der vorrangige Anknüpfungspunkt nach § 3a Abs. 1 S. 1 UStG grundsätzlich der Ort ist, an dem der Steuerpflichtige den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit hat, mithin der Ort, von dem das Unternehmen betrieben wird (Rz. 82). S. 2 kommt nur zur Anwendung, sofern eine Betriebsstätte in einem anderen Staat tatsächlich vorhanden ist und wenn die gegenständliche Leistung von dort aus erbracht wurde. Die unionsrechtliche Vorgabe findet sich in Art. 11 MwStVO und die deutsche Verwaltungsanweisung in Abschn. 3a.1 Abs. 2 und 3 UStAE.

 

Rz. 81

Zum Zweck dieser Leistungsortsbestimmung muss die gegenständliche sonstige Leistung dieser Betriebsstätte demnach tatsächlich zuzurechnen sein.[2] Diese Zurechnung ist i. d. R. möglich, wenn die für die sonstige Leistung erforderlichen einzelnen Arbeiten ganz oder überwiegend durch Angehörige oder Einrichtungen der Betriebsstätte ausgeführt wurden; dabei ist es allerdings nicht erforderlich, dass auch das Umsatzgeschäft von dieser Betriebsstätte aus abgeschlossen wurde.[3]

Zu beachten ist, dass sich der in § 3a Abs. 1 und 2 UStG verwendete Begriff der Betriebsstätte nicht nach den nationalen deutschen Regelungen (vgl. insbesondere § 12 AO) richtet, sondern dass in Zweifelsfällen die unionsrechtlichen Vorgaben zugrunde zu legen sind.[4]

 

Rz. 82

Der Wortlaut des § 3a Abs. 1 UStG lässt auch den Schluss zu, dass bei der Bestimmung des Leistungsorts im Zweifel primär auf die Betriebsstätte und nicht auf den Ort des Unternehmens abzustellen ist, weil der zweite Satz als lex specialis zum ersten Satz erscheint. Tatsächlich existierte ein derartiger Vorrang des Orts der Betriebsstätte aber nach der Rechtsprechung von BFH[5] und EuGH[6] nicht. Schon der Wortlaut des Art. 45 MwStSystRL "werden die Dienstleistungen jedoch von einer festen Niederlassung des Dienstleistungserbringers … aus erbracht, so gilt als Ort dieser Dienstleistung der Sitz der festen Niederlassung" weist darauf hin, dass der Ort der Betriebsstätte nur maßgeblich (vorrangig) ist[7], wenn die sonstige Leistung nicht vom Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen aus erbracht wird.

 

Rz. 83

Der deutsche Begriff der (umsatzsteuerlichen) Betriebsstätte entspricht also dem in Art. 44 S. 2 und Art. 45 S. 2 MwStSystRL genannten unionsrechtlichen Begriff der "festen Niederlassung"[8]. Die MwStVO spricht in Art. 11 in einer Art Legaldefinition bei einer "festen Niederlassung" von jeder Niederlassung mit Ausnahme des Sitzes der wirtschaftlichen Tätigkeit und verlangt ausdrücklich einen hinreichenden Grad an Beständigkeit und eine bestimmte Struktur.[9] Nach der deutschen Verwaltungsauffassung ist die Betriebsstätte jede feste Geschäftseinrichtung oder Anlage, welche der Tätigkeit des Unternehmers dient.[10] Allgemein ist deshalb das Vorhandensein einer festen örtlichen Anlage oder einer Geschäftseinrichtung ein wesentliches Merkmal einer Betriebsstätte neben ihrer Unselbstständigkeit. Eine Betriebsstätte muss über einen ausreichenden Mindestbestand an Personal- und Sachmitteln verfügen, welcher für die Erbringung der sonstigen Leistung erforderlich ist.[11] Des Weiteren ist zu beachten, dass der genannte hinreichende Grad an Beständigkeit sowie eine derartige Struktur vorhanden sein müssen, die im Gesamtbild von der personellen und technischen Ausstattung her eine autonome Ausführung der jeweiligen sonstigen Dienstleistung ermöglichen.[12]

Zu beachten ist, dass nach der Rechtsprechung des EuGH eine in einem Mitgliedstaat vermietete Immobilie keine Betriebsstätte (feste Niederlassung) darstellt, wenn der Eigentümer der Immobilie nicht über eigenes Personal für die Leistungserbringung im Zusammenhang mit der Vermietung verfügt.[13] Es bedarf demnach immer einer gewissen personellen Ausstattung, die zu einem autonomen Handeln befähigt.[14]

 

Rz. 84

Voraussetzung für die Bestimmung des Leistungsorts nach der Betriebsstätte ist des Weiteren, dass der betreffende Umsatz auch tatsächlich von dieser Betriebsstätte aus ausgeführt worden ist.[15] Dazu müssen die zur Erbringung der Leistung erforderlichen Arbeiten ganz oder überwiegend durch Angehörige der Betriebsstätte erbracht worden sein[16]; dabei ist es nicht erforderlich, dass die Betriebsstätte das Umsatzgeschäft selbst abgeschlossen hat. Wird ein Umsatz sowohl an dem Ort, von dem aus der Unternehmer sein Unternehmen betreibt, als auch von einer Betriebsstätte ausgeführt, ist der Leistungsort nach dem Ort zu bestimmen, an dem die sonstige Leistung überwiegend erbracht ...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge