Rz. 45

Auf die gem. § 3 Abs. 9a UStG steuerbaren Umsätze finden wegen der Gleichstellung mit entgeltlichen Umsätzen die dafür geltenden Steuerbefreiungen auch Anwendung. Allerdings hat der EuGH für die private Nutzung von dem Unternehmen zugeordneten Gebäudeteilen, für die der Vorsteuerabzug geltend gemacht wurde, entschieden, dass dies keine Vermietung an eine dritte Person darstellt, die allein von der Steuerbefreiung gem. Art. 13 Teil B Buchst. b der 6.Richtlinie (seit 1.1.2007: Art. 135 Abs. 1 Buchst. 1 MwStSystRL) erfasst wird.[1] Der BFH hat diese Betrachtungsweise in der Nachfolgeentscheidung v. 24.7.2003[2] übernommen. Also ist diese Selbstnutzung steuerpflichtig. Der Vorsteuerabzug ist nicht gem. § 15 Abs. 2 UStG ausgeschlossen und damit kommt § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG – Verwendung des Gebäudes für private Zwecke – zur Anwendung.[3]

 

Rz. 46

Entsprechend Art. 168a MwStSystRL schließt der seit dem 1.1.2011 geltende § 15 Abs. 1b UStG bei Grundstücken, die sowohl für Zwecke des Unternehmens als auch für außerhalb des Unternehmens liegende Zwecke oder für den privaten Bedarf des Personals verwendet werden, den Vorsteuerabzug aus, soweit die Vorbezüge (Lieferungen, Einfuhren, innergemeinschaftliche Erwerbe, sonstige Leistungen im Zusammenhang mit dem Grundstück) auf die nichtunternehmerische Verwendung des Grundstücks entfallen. Das gilt auch für Berechtigungen, für die die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke gelten. Bei Gebäuden auf fremdem Grund und Boden ist diese Regelung entsprechend anzuwenden. Ebenfalls zum 1.1.2011 wurde § 15a Abs. 6a UStG geschaffen zur Vorsteuerberichtigung im Fall einer Verwendungsänderung bei dem gemischt genutzten Grundstück (Rz. 3).

 

Rz. 47

§ 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG wurde zum 1.1.2011 an diese Einschränkung des Vorsteuerabzugs systemgerecht angepasst durch die Anfügung des letzten Satzes. Danach "gilt dies" – gemeint ist die Steuerbarkeit der einer entgeltlichen Dienstleistung gleichgestellten Verwendung gem. § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG – nicht, "wenn der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1b ausgeschlossen oder wenn eine Vorsteuerberichtigung nach § 15a Abs. 6a durchzuführen ist". § 27 Abs. 16 UStG i. d. F. ab dem 1.1.2011 regelt, dass dies nur für Vorgänge gilt, die nach dem 31.12.2010 verwirklicht werden. Die Ergänzung des § 3 Abs. 9a UStG um den Hinweis auf § 15 Abs. 1b UStG erscheint unnötig, denn die Steuerbarkeit der Verwendung eines Gegenstands für nichtunternehmerische Zwecke ist ohnehin von der vorherigen Inanspruchnahme des Vorsteuerabzugs abhängig. Dann kommt es nicht darauf an, ob der Vorsteuerabzug wegen § 15 Abs. 1b UStG eingeschränkt war. Wird der Vorsteuerabzug gem. § 15a Abs. 6a UStG zulasten des Unternehmers berichtigt, ist eine spätere Besteuerung gem. § 3 Abs. 9a UStG auch ausgeschlossen.

 

Rz. 48

Das Gesetz i. d. F. ab dem 1.1.2011 schließt also den für private Zwecke verwendeten Teil eines Grundstücks vom Vorsteuerabzug aus; das Grundstück kann zwar auch hinsichtlich dieser Teile dem Unternehmen unter den Voraussetzungen des. § 15 Abs. 1 UStG ganz oder teilweise zugeordnet werden, aber der Vorsteuerabzug ist für den nichtunternehmerisch genutzten Teil nicht zulässig. Bei einer Zunahme des nichtunternehmerisch genutzten Teils ist eine Vorsteuerberichtigung zulasten des Unternehmers durchzuführen gem. § 15a Abs. 6a UStG. Nimmt der unternehmerisch genutzte Anteil zu, gibt es eine Vorsteuerberichtigung zugunsten des Unternehmers. Es findet also keine "Einlagenentsteuerung" statt. Vielmehr wird nur der wegen der privaten Verwendung ausgeschlossene Vorsteuerabzug berichtigt wegen des Rückgangs des privaten Verwendungsanteils.[4]

 

Rz. 49

Es ist nicht zu verkennen, dass Art. 168a MwStSystRL als Reaktion auf die in Rz. 45 erwähnte Rechtsprechung des EuGH zu verstehen ist, die fiskalisch, aber vor allem systematisch zu unbefriedigenden Ergebnissen insofern geführt hat, als der unternehmerische Grundstücksbesitzer trotz der privaten Nutzung den Vorsteuerabzug (sofort) geltend machen konnte, während der Mieter, der aus der Hand eines gem. § 15 Abs. 2 UStG wegen der Steuerfreiheit der Grundstücksvermietungsumsätze vom Vorsteuerabzug ausgeschlossenen Vermieters seinen privaten Wohnbedarf deckt, indirekt mit dieser nicht abzugsfähigen Vorsteuer belastet wird. Der "bei sich selbst" wohnende Unternehmer hingegen muss nur die Selbstnutzung ratierlich versteuern. Der EuGH hat dieses Ergebnis zwar in dem Urteil v. 23.4.2009[5] gerechtfertigt. Die Begründung, dass Unternehmer anders zu behandeln seien als Nichtunternehmer, ist für sich gesehen zwar durchaus richtig, überzeugt hier aber nicht, denn das Anliegen der Normen zu den unentgeltlichen Wertabgaben ist doch gerade die Gleichbehandlung von Selbstversorger und Fremdversorger. Mit der Logik des EuGH wäre die Gleichbehandlung von Mann und Frau wegen deren nicht zu leugnenden körperlichen Unterschieden auch nicht nötig.

Die von Art. 168a MwStSystRL gewählte Methode des besonders angeordneten Vorsteuerabzugsausschlusses ist unnö...

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