Rz. 34

§ 3 Abs. 9a Nr. 1 und Nr. 2 UStG regeln auch die unentgeltliche Erbringung von sonstigen Leistungen zum privaten Bedarf des Personals des Unternehmers, sofern keine Aufmerksamkeiten vorliegen. Zum Begriff des Personals vgl. Rz. 25. Wegen des fehlenden Leistungsaustauschs ist der Verzicht eines Arbeitgebers auf die Abtretung der von einem Arbeitnehmer dienstlich "erflogenen" Bonusmeilen eines Vielflieger-Programms keine Leistung i. S. v. § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG, denn es handelt sich um die Übertragung eines Finanzierungsmittels.[1]

 

Rz. 35

Es gibt seit dem 1.4.1999 anstelle der im ehemaligen § 1 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 UStG geregelten sog. Arbeitnehmersachzuwendungen insgesamt drei Tatbestände, die sich mit diesem Bereich befassen:

 

Rz. 36

Die Rechtslage ist somit ab dem 1.4.1999 gegenüber früher nicht gerade übersichtlicher und einfacher geworden, zumal die einzelnen Tatbestände nicht immer leicht voneinander zu unterscheiden sein dürften. Auch ist die Frage, ob ein entgeltlicher oder unentgeltlicher Vorgang vorliegt, nicht immer klar zu sagen, s. Rz. 52b ff. Das z. B. bei einer Materialtransportleistung mit einem Lkw des Unternehmens zu einer Baustelle vorliegende überwiegende betriebliche Interesse des Unternehmers kann dazu führen, dass – anders als bei der unentgeltlichen Beförderung der Arbeitnehmer zwischen Wohnung und Arbeitsstätte durch den Arbeitgeber[2] – keine Steuerbarkeit gegeben ist, wenn in dem Lkw auch noch Betriebsangehörige mitgenommen werden.[3] Bei einem zweitägigen Betriebsausflug mit dem Besuch eines Musicals hat der BFH auch angesichts der Höhe der Aufwendungen von mehr als 100 EUR – das war damals die lohnsteuerliche Obergrenze für steuerfreie Aufmerksamkeiten – pro Arbeitnehmer das Überwiegen des betrieblichen Eigeninteresses verneint.[4] Im Urteil v. 5.6.2014[5] hingegen bejahte der BFH einen gem. § 3 Abs. 9a UStG steuerbaren Umsatz, wenn eine Gesellschaft an einen Gesellschafter-Geschäftsführer einen ihrem Unternehmer zugeordneten Pkw aufgrund des Gesellschaftsverhältnisses zur privaten Nutzung überlässt. Besteht in diesem Fall ein Zusammenhang zwischen der Arbeitsleistung und der Pkw-Überlassung, handelt es sich aber um einen entgeltlichen Vorgang.[6]

 
Praxis-Beispiel

Es ist nicht eindeutig, ob § 3 Abs. 9a Nr. 1 oder Nr. 2 UStG gegeben ist, wenn ein Unternehmer einen Bagger selbst bedient, um damit unentgeltlich eine Baugrube für einen seiner Arbeitnehmer auszuheben. Dabei soll angenommen werden, dass keine Aufmerksamkeit vorliegt, weil der Wert dieser Leistung erheblich ist. Ist dies eine Verwendung des Baggers i. S. v. § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG mit der Bemessungsgrundlage Ausgaben, soweit sie zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt haben, gem. § 10 Abs. 4 Nr. 2 UStG oder erbringt der Unternehmer hier mittels des Baggers eine andere sonstige Leistung i. S. v. § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG mit der Bemessungsgrundlage Ausgaben gem. § 10 Abs. 4 Nr. 3 UStG ohne Rücksicht auf die Vorsteuerbelastung?

 

Rz. 37

Wenn der Unternehmer den Bagger für eigene private Bauarbeiten einsetzt, liegt sicher eindeutig nur eine Verwendung i. S. v. § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG vor, denn die Tätigkeit des Unternehmers für sich selbst wird nicht als sonstige Leistung angesehen. Ob dies auch dann gilt, wenn der Arbeitgeber seine eigene Arbeitskraft zugunsten der Arbeitnehmer einsetzt, ist, soweit ersichtlich, bisher nicht entschieden worden. Es spricht einiges dafür, hier eine sonstige Leistung i. S. v. § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG anzunehmen, weil dem Arbeitnehmer nicht nur die Verwendung des Gegenstands Bagger zugutekommt, sondern die mittels dieser Verwendung erbrachte Dienstleistung "Ausheben einer Baugrube" zufließt.

 

Rz. 38

Anders als bei Nr. 1 kommt es bei Nr. 2 des § 3 Abs. 9a UStG nicht darauf an, ob eine Vorsteuerentlastung stattgefunden hat bei den Vorleistungen, die zur Ausführung der sonstigen Leistung nötig sind. Bedeutung hatte diese Unterscheidung gem. Art. 26 MwStSystRL[7] auch schon früher in den Fällen, in denen die sonstige Leistung z. B. im Personaleinsatz bestand. So hatte der BFH bereits in dem Urteil v. 18.5.1993[8] entschieden, dass der Einsatz von Betriebspersonal im Privatgarten des Unternehmers ohne Rücksicht darauf als Leistungseigenverbrauch i. S. v. § 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b UStG zu besteuern ist, ob für das eingesetzte Personal ein Vorsteuerabzug möglich war oder nicht. Derartige Sachverhalte fallen nun unter § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG mit der Bemessungsgrundlage Ausgaben (vor dem 1.7.2004: Kosten) gem. § 10 Abs. 4 UStG.

 

Rz. 39

Eine neue Sicht dieser Zusammenhänge brachte das BFH-Urteil v. 9.12.2010.[9]

Der BFH versagte in dieser Entscheidung einem Unternehmer den Vors...

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