Rz. 18

Eine Beförderungslieferung liegt vor, wenn der Unternehmer oder der Abnehmer ohne Einschaltung eines Spediteurs, Frachtführers, Verfrachters oder eines sonstigen Unternehmers den Liefergegenstand mit eigenen Transportmitteln selbst oder durch einen unselbstständigen Erfüllungsgehilfen zu seinem Abnehmer oder in dessen Auftrag zu einem Dritten den Gegenstand befördert. Die Beförderung ist beendet, wenn der Gegenstand der Lieferung seinen Bestimmungsort erreicht hat.[1] In diesem Fall gilt die Lieferung dort als ausgeführt, wo die Beförderung beginnt.

 

Rz. 19

Erfolgte die Verschaffung der Verfügungsmacht an den Abnehmer schon vor dem Beginn der Beförderung, ist die Lieferung schon vorher bewirkt und die Beförderung für die Ortsbestimmung unmaßgeblich.

 

Beispiel 1:

Ein Unternehmer hatte dem Käufer eines Gegenstands das Eigentum am 1.1.01 durch Einigung (§ 929 S. 1 BGB) und Besitzkonstitut (§ 930 BGB, z. B. Miete) verschafft und den Gegenstand zunächst als Mieter im Besitz behalten. Nach Ablauf der Mietzeit am 31.12.02 befördert er den Gegenstand an den Vermieter (Käufer, Abnehmer).

Zeitpunkt der Lieferung ist der 1.1.01; die Verschaffung der Verfügungsmacht erfolgte an diesem Tag durch Eigentumsübertragung. Die Ortsbestimmung ist nach § 3 Abs. 7 S. 1 UStG vorzunehmen (dort, wo sich der Gegenstand am 1.1.01 befand).

 

Beispiel 2:

Die Ware ist nach dem Verkauf am 1.2.01 beim Verkäufer A in Köln verblieben, der sie auf Bitten des Käufers B kostenlos aufbewahrt. B ist durch Einigung und Besitzkonstitut (Verwahrung) am 1.02.01 Eigentümer geworden. Einige Monate später bittet Käufer B den A, sie auf seine Kosten an seine Anschrift nach München zu befördern.

Zeitpunkt der Lieferung ist 1.2.01; die Verschaffung der Verfügungsmacht erfolgte an diesem Tag durch Eigentumsübertragung. Die Beförderung ist nicht der Lieferung des A an B zuzurechnen. Für A ist der Ort der Lieferung am 1.2.01 nach § 3 Abs. 7 S. 1 UStG zu bestimmen (Köln). Die Beförderung durch B nach München ist insoweit ohne Bedeutung.

 

Rz. 20

"Befördern ist jede Fortbewegung eines Gegenstands" (§ 3 Abs. 6 S. 2 UStG). Die Beförderung kann im eigenen oder in einem fremden (z. B. gemieteten) Beförderungsmittel (z. B. Lkw, Bahn, Schiff, Flugzeug) durch den Lieferer oder den Abnehmer selbst oder durch einen von diesen beauftragten unselbstständigen Erfüllungsgehilfen (Angestellten, Arbeiter) erfolgen (Eigenbeförderung). Übernimmt dagegen ein selbstständiger Dritter die Beförderung mittels eigener oder fremder Beförderungsmittel, ist der Tatbestand des Versendens (Fremdbeförderung) gegeben. Für die Abgrenzung zwischen Beförderungs- und Versendungsfällen ist es unerheblich, ob der Dritte durch den Lieferer oder den Abnehmer beauftragt worden ist. Entscheidende Bedeutung hat die Auftragslage jedoch im Reihengeschäft für die Frage, wem die Versendung zuzuordnen ist.[2]

Beispiele für Beförderungen:

  • Transport der Ware in einem gemieteten Pkw mit Fahrer (Rz. 35) oder
  • das Treiben von Vieh.
 

Rz. 21

Es ist oft schwierig, zwischen der innerbetrieblichen Bewegung der Ware und ihrer Beförderung i. S. d. § 3 Abs. 6 UStG zu unterscheiden. Es kommt entscheidend darauf an, wann und wo der Lieferer alles Erforderliche getan hat, um die Ware an den feststehenden Abnehmer gelangen zu lassen.[3] Nimmt der Lieferer auf dem Wege zum Abnehmer an der Ware Maßnahmen vor, die ihre Wesensart verändern (z. B. eine Bearbeitung der Ware), ist § 3 Abs. 6 S. 1 UStG erst anwendbar, wenn diese Maßnahme abgeschlossen ist und die Beförderung oder Versendung an den Abnehmer erfolgt.

Transportübliche Maßnahmen (z. B. Umladen der Ware, kurzfristige Lagerung, weil ein Beförderungsmittel nicht sofort zur Verfügung steht) schließen die Anwendung des § 3 Abs. 6 S. 1 UStG nicht aus.[4]

 

Rz. 22

Ein einheitlicher Beförderungsvorgang ist gegeben, wenn die Ware durch denselben Unternehmer in zwei (oder mehr) Teilabschnitten befördert wird.

 
Praxis-Beispiel

Ein Möbelhändler holt mehrere verschiedenartige Möbelstücke mit einem Lastwagen beim Hersteller ab, lädt sie auf dem Hof seines Unternehmens in mehrere Lieferwagen und lässt sie durch seine Fahrer an die bereits feststehenden Kunden (Abnehmer) bringen.

Es liegt ein einheitlicher Beförderungsgang vor. Dieser beginnt beim Hersteller und endet beim jeweiligen Kunden.

 

Rz. 23

Dagegen sind mehrere getrennte Beförderungsvorgänge anzunehmen, wenn die Abnehmer erst nach dem Eintreffen des Transports auf dem Hof des Unternehmers bestimmt werden oder ein Zwischenhändler eingeschaltet wird, auch wenn dieser im Zeitpunkt des Abholens der Ware beim Hersteller bereits feststand.

 

Rz. 24

Beispiele für getrennte Beförderungs-(Versendungs-)Vorgänge sind auch die sog. Zwischen(inlands- oder -auslands-)Lieferungen, bei denen der Lieferer bereits verkaufte Gegenstände auf dem Wege (oder auf einem Umweg) zum Käufer be- oder verarbeiten lässt.

 
Praxis-Beispiel

Beispiele (alle Beteiligten sind Regelversteuerer und verwenden USt-IdNrn.):

  • Hersteller K in Köln befördert am 02.08.01 einen Liefergegensta...

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