Rz. 11

Der Lieferort ist nur dann nach § 3 Abs. 6 S. 1 UStG zu bestimmen, wenn der Abnehmer bereits zu Beginn der Beförderung feststeht (Abnehmer i. S . dieser Vorschrift ist der zweite am Leistungsaustausch "Lieferung" Beteiligte, i. d. R. der Käufer). Wird z. B. ein Gegenstand in einen anderen Staat verbracht, ohne dass ein Verkauf beabsichtigt ist bzw. ohne dass ein Käufer feststeht, ergibt sich im Zeitpunkt des Verbringens keine Notwendigkeit, einen Lieferort zu bestimmen.

 
Praxis-Beispiel

Ein Hersteller in Amsterdam kommt mit einer Ladung Waren am 19.12.01 mit eigenem Lkw in das Inland, um sich hier (z. B. auf Großmärkten) Händler als Abnehmer zu suchen.

Im Fall des Verkaufs der Waren kann der Lieferort nicht an den Ort des Beginns der Beförderung zurückverlegt werden, denn im Zeitpunkt des Beförderungsbeginns gab es noch keinen Abnehmer. Es liegt zunächst ein Fall des sog. Verbringens vor. Der Lieferort bestimmt sich im Fall des an das Verbringen ins Inland anschließenden Verkaufs nach § 3 Abs. 7 S. 1 UStG und liegt im Inland. Da Liefergegenstände von einem EU-Mitgliedstaat in einen anderen gelangen, ist der Hersteller unter den Voraussetzungen der §§ 1a, 3 Abs. 1a UStG erwerbsteuerpflichtig. In der Regel liegt im Herkunftsland eine fiktive steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung vor und im Bestimmungsland ein steuerpflichtiger innergemeinschaftlicher Erwerb.

 

Rz. 12

Die Fiktion des § 3 Abs. 6 S. 1 UStG verlangt, dass der Gegenstand der Lieferung "an den Abnehmer oder in dessen Auftrag an einen Dritten" befördert wird. Verbringt ein Unternehmer aus Köln Waren nach Holland, um sie auf dortigen Märkten zu verkaufen, so handelt es sich im Inland nicht um steuerbare Lieferungen (keine Lieferung "an den Abnehmer …"), sondern um nach holländischem Umsatzsteuerrecht steuerbare Umsätze – Erwerb und Lieferung (Rz. 32).

 
Praxis-Beispiel

Der Fahrer einer inländischen Brauerei (sog. Verkaufsfahrer) fährt mit einem Pkw seiner Firma durch das Gebiet eines Freihafens und verkauft für die Firma an dort beschäftigte Arbeitnehmer Getränke. Die Kaufverträge werden an Ort und Stelle abgeschlossen.

Es handelt sich um sog. Abholfälle. Die Ware wird zunächst zur Verfügung der Brauerei in den Freihafen verbracht. Der Lieferort liegt gem. § 3 Abs. 6 S. 2 UStG im Freihafen (abholen = befördern durch die Abnehmer), die Lieferungen werden jedoch nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 UStG wie Umsätze im Inland behandelt.

Wird das Getränk nicht an Privatpersonen, sondern z. B. an Kantinen (Unternehmer) im Freihafen geliefert, scheidet § 1 Abs. 3 UStG aus. Diese Lieferungen werden dann im Ausland ausgeführt und sind im Inland nicht gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG steuerbar.

Zu Umsätzen im Zusammenhang mit sog. Konsignationslagern s. Rz. 33 und die Kommentierung zu § 6b UStG Rz. 1ff.

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