Rz. 66

Bei der entgeltlichen Abgabe eigenen elektrischen Stroms durch ein Elektrizitätswerk, das einen Bauunternehmer mit der Errichtung eines Bauwerks beauftragt hatte, kam es nach früherer Auffassung des BFH darauf an, ob der Auftraggeber einen Leistungs- oder einen Beistellungswillen hat, ob er also an den Werkunternehmer eine Lieferung oder sonstige Leistung bewirken oder selbst zur Herstellung des Werks beitragen will. Es komme nicht darauf an, ob elektrischer Strom als Werkstoff anzusehen sei. Vor dem Hintergrund der geänderten und nun an der Gesamtbetrachtung aus Sicht des Durchschnittsverbrauchers ausgerichteten Beurteilung (s. Rz. 24), wird diese Frage ggf. abweichend zu beantworten sein. Jedenfalls lässt sich aus dieser Rechtsprechung ableiten, dass auch Arbeitskräfte und Hilfsmittel (z. B. Energie in Form von elektrischem Strom oder von Kohle) Gegenstand einer Beistellung sein können.[1]

 
Praxis-Beispiel
  • Der Erwerber von Basaltsplit überlässt dem Lieferer eine Maschine, die dieser ausschließlich zur Herstellung des Liefergegenstands einsetzt.

    Die Maschinengestellung scheidet auch dann aus dem Leistungsaustausch aus, wenn der Lieferer den Wert der Maschinennutzung zum Zwecke der Offenlegung der Kalkulation vom Bruttorechnungsbetrag für die Lieferung absetzt.

  • Eine Mineralölgesellschaft verpachtet gegen umsatzbezogene Pacht eine Tankstelle. Die Pacht wird mit der Provision verrechnet, die der Pächter für den Verkauf von Kraft- und Schmierstoffen erhält.

    Die Überlassung der Tankstelle scheidet als Beistellung zu den im Interesse der Mineralölgesellschaft erbrachten Vermittlungsleistungen des Tankstellenpächters aus. Dem steht nicht entgegen, dass für die Überlassung der Anlage Beträge in Rechnung gestellt werden.[2]

 

Rz. 67

Überlässt der Auftraggeber dem Auftragnehmer bei ihm, dem Auftraggeber, angestellte Mitarbeiter unentgeltlich lediglich zur Durchführung des konkreten Auftrags (sog. Personalbeistellung), liegt keine sonstige Leistung i. S. d. § 3 Abs. 9 UStG vor.[3] Der BFH hat klargestellt, dass die in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze der Materialbeistellung[4] auch für sonstige Leistungen wie die Überlassung von Arbeitnehmern durch den Auftraggeber zur Ausführung des Auftrags gelten.

 

Rz. 68

Die Finanzverwaltung hat sich der BFH-Rechtsprechung angeschlossen und geht von einer nicht steuerbaren Personalbeistellung des Auftraggebers aus, wenn Personal nur im Rahmen der Leistung des Auftragnehmers für den Auftraggeber eingesetzt wird. Der Einsatz von Personal des Auftraggebers für Umsätze des Auftragnehmers an Drittkunden muss vertraglich und tatsächlich ausgeschlossen sein. Der Auftragnehmer hat dies sicherzustellen und trägt hierfür die objektive Beweislast. Die Entlohnung des überlassenen Personals muss weiterhin ausschließlich durch den Auftraggeber erfolgen. Ihm allein muss auch grundsätzlich das Weisungsrecht obliegen. Dies kann nur in dem Umfang eingeschränkt und auf den Auftragnehmer übertragen werden, soweit es zur Erbringung der Leistung erforderlich ist.[5]

 

Rz. 69

Setzt der Auftragnehmer überlassenes Personal für ein Werk ein, das nicht für den Gesteller bestimmt ist, liegt seitens des die Arbeitskräfte zur Verfügung stellenden Unternehmers eine umsatzsteuerbare sonstige Leistung (Arbeitnehmerüberlassung) an den Werkunternehmer vor.[6] Dasselbe gilt, wenn der Werkhersteller die vom Auftraggeber gestellten Arbeitskräfte zu anderen Arbeiten heranzieht und zur Anfertigung des in Auftrag gegebenen Werks eigene Arbeitskräfte einsetzt, die fremden Arbeiter quasi gegen eigene austauscht. Die Grundsätze der BFH-Rechtsprechung zum unschädlichen Stoffaustausch (sog. Kokillenurteil, Rz. 59ff.) sind insoweit nicht übertragbar.

 

Rz. 70

Bei der Abgrenzung zwischen steuerbarer Leistung und nicht steuerbarer Beistellung von Personal des Auftraggebers ist unter entsprechender Anwendung der Grundsätze der sog. Materialbeistellung[7] darauf abzustellen, ob der Auftraggeber an den Auftragnehmer selbst eine Leistung (als Gegenleistung) bewirken oder nur zur Erbringung der Leistung durch den Auftragnehmer beitragen will. Soweit der Auftraggeber mit Beistellung seines Personals an der Erbringung der bestellten Leistung mitwirkt, wird dadurch zugleich auch der Inhalt der gewollten Leistung näher bestimmt. Ohne entsprechende Beistellung ist es Aufgabe des Auftragnehmers, sämtliche Mittel für die Leistungserbringung selbst zu beschaffen. Daher sind Beistellungen nicht Bestandteil des Leistungsaustauschs, wenn sie nicht im Austausch für die gewollte Leistung aufgewendet werden.

[1] BFH v. 7.3.1957, V 173/56, BFHE 64, 534, BStBl III 1957, 199 betr. Gestellung von Dampf zur Herstellung von elektrischem Strom; BFH v. 12.3.1959, V 205/56 S, BFHE 68, 596, BStBl III 1959, 227; BFH v. 10.9.1959, V 32/57 U, BFHE 69, 469, BStBl III 1959, 435.

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