Rz. 13

§ 3 Abs. 1b S. 1 Nr. 1 UStG regelt die Entnahme von Gegenständen durch einen Unternehmer aus seinem Unternehmen für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen. Dieser Tatbestand ist nach dem gesetzgeberischen Willen identisch mit dem, der bis Ende März 1999 in § 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a UStG geregelt war mit folgendem Wortlaut:

Zitat

Eigenverbrauch liegt vor, wenn ein Unternehmer Gegenstände aus seinem Unternehmen für Zwecke entnimmt, die außerhalb des Unternehmens liegen.

 

Rz. 13a

Anders als § 4 Abs. 1 EStG, bei dem freilich nur bemerkenswert ungelenk die Gewinnauswirkung einer Entnahme beschrieben wird – "Entnahmen sind alle Wirtschaftsgüter…" – gibt § 3 Abs. 1b UStG keine Definition der Entnahme; es existiert dazu auch keine unionsrechtliche Bestimmung. Man muss die Entnahme eines Gegenstands aus dem Unternehmen für nichtunternehmerische Zwecke als einen Realakt begreifen, der die früher vorgenommene Zuordnung zum Unternehmen dadurch aufhebt, dass der Gegenstand aus dem unternehmerischen Verwendungszusammenhang gelöst wird, um hinfort anderen, nichtwirtschaftlichen Zwecken zu dienen. Daher hat der BFH im Urteil v. 21.5.2014[1] entschieden, dass eine Entnahme gem. § 3 Abs. 1b UStG vorliegt, wenn ein Unternehmer einen bisher seinem Einzelunternehmen zugeordneten Gegenstand einer sein Unternehmen fortführenden Personengesellschaft, an der er beteiligt ist, unentgeltlich zur Nutzung überlässt.

 

Rz. 13b

Die bei der ESt relevante Frage, ob Wirtschaftsgüter bei einem Strukturwandel zur Liebhaberei entnommen werden – der BFH hat sie im Urteil v. 11.5.2016[2] verneint –, spielt bei der USt keine Rolle, da es bei der USt die Liebhaberei in Abgrenzung zu den umsatzsteuerlich nicht relevanten Einkunftsarten nicht gibt. Die ertragsteuerlich als Liebhaberei anzusehende Aktivität kann ohne Weiteres eine unternehmerische Tätigkeit i. S. v. § 2 Abs. 1 UStG sein.

 

Rz. 13c

Es muss sich nicht um körperliche Gegenstände handeln. Auch Strom kann entnommen werden.

 
Praxis-Beispiel

Aus einer Fotovoltaikanlage, die regelmäßig Strom an einen Netzbetreiber entgeltlich abgibt, wird Strom für den privaten Bedarf des Unternehmers verwendet. Das ist eine Entnahme gem. § 3 Abs. 1b Nr. 1 UStG.[3]

 

Rz. 14

Bereits in Rz. 1 und 2 wurde dargelegt, dass gem. § 3 Abs. 1b UStG – anders in § 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a UStG in der bis Ende März 1999 geltenden Fassung – die Entnahme einer entgeltlichen Lieferung ausdrücklich nur dann gleichgestellt wird, mithin nur dann steuerbar ist, wenn der Gegenstand oder seine Bestandteile ganz oder teilweise zum Vorsteuerabzug berechtigt haben. Dies ist so zu verstehen, dass der Vorsteuerabzug auch tatsächlich geltend gemacht wurde und nicht nur dem Grunde nach zulässig war.[4] Da der Vorsteuerabzug gem. § 15 Abs. 1 UStG eine rechtzeitige Zuordnung des Gegenstands zum Unternehmen voraussetzt, ist die Entnahme eines wegen verspäteter Zuordnung nicht vorsteuerentlasteten Gegenstands nicht steuerbar nach § 3 Abs. 1b Abs. 1 UStG.[5]

 

Rz. 15

Problematisch ist die Vorsteuerentlastung allerdings bei der sog. Urproduktion: Wenn z. B. ein Steinbruchunternehmer aus seinem Steinbruch Steine zur Gestaltung des Gartens seines Privathauses entnimmt, dann kann man keine konkrete Vorsteuerbelastung dieser Steine feststellen; ebenso ist es z. B. beim unternehmerischen Hochseefischer, der einen mit unternehmerischen Mitteln gefischten Fisch verzehrt. Wohl wird es bei den unternehmerischen Mitteln, z. B. für die Steinsäge, die Laderaupe, den Fischkutter, das Netz u. Ä. den Vorsteuerabzug gegeben haben, aber diese Gegenstände sind nicht Bestandteil des entnommenen Gegenstands "Stein" oder "Fisch". Soweit ersichtlich will aber die h. M. derartige Fälle der Selbstversorgung nicht aus der Besteuerung gem. § 3 Abs. 1b UStG ausnehmen, weil sonst die gleichmäßige Belastung des Letztverbrauchs nicht gewährleistet wäre. Ob derartige Fälle im Blickfeld des europäischen Richtliniengebers standen, ist nicht erkennbar. Es spricht einiges dafür, die Lücke, die sich bei strenger Wortlautauslegung auftut, durch die systematische Auslegung, die das Besteuerungsziel des Eigenverbrauchs vor Augen hat, zu schließen. Auch hier ist auf den Sinn der Entnahmebesteuerung abzustellen, die im Ergebnis nicht nur auf die Vorsteuerberichtigung begrenzt werden darf, wegen der anzustrebenden Belastungsgleichheit von Fremd- und Selbstversorgung (Rz. 7).

 

Rz. 15a

Ähnliche Schwierigkeiten ergeben sich bei der Entnahme von selbstgeschaffenen Kunstwerken durch Künstler mit nicht vorsteuerentlasteten Materialien. Wenn z. B. ein Kunstmaler ein Bild malt mit Materialien, die er von seiner Frau geschenkt bekommen hat und das Bild dann seiner Frau schenkt, liegt mangels Vorsteuerabzug tatbestandsmäßig keine Entnahme vor.

 

Rz. 16

Wie schon gem. § 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a UStG i. d. F. bis 31.3.1999 können nach § 3 Abs. 1b Nr. 1 UStG nur körperliche Gegenstände entnommen werden. Auch die Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, sind nach den bisherigen Abgrenzungen zu best...

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