Rz. 27

Die formellen Anforderungen zur Durchführung einer Umsatzsteuer-Nachschau sind insgesamt nur gering. Im Wesentlichen muss die Finanzbehörde im pflichtgemäßen Ermessen[1] (Rz. 20a) entscheiden, dass bei diesem Steuerpflichtigen etwas "umsatzsteuerlich Erhebliches" zu überprüfen ist. Da die Amtsträger der Finanzbehörde bei der Ausführung aber keine Prüfungsanordnung mitführen können und müssen und die Maßnahme ohne vorherige Ankündigung erfolgt[2], versteht es sich von selbst, dass vor Aufnahme der eigentlichen Prüfungstätigkeit – sozusagen "vor Ort" – eine Ausweispflicht besteht[3], auch wenn sich diese Anforderung im Gesetz nicht findet. Ohne das Vorzeigen eines Dienstausweises wäre es wohl unverhältnismäßig, dem Betroffenen die Verpflichtungen des § 27b Abs. 1 und 2 UStG aufzuerlegen, denn dieser muss sich sicher sein können, dass hier tatsächlich Amtsträger der Finanzbehörde tätig werden.[4]

 

Rz. 27a

Zu beachten ist, dass der seit dem 1.1.2015 geltende neue § 371 AO die Sperrwirkung zur Abgabe einer strafbefreienden Selbstanzeige bei Beginn einer Umsatzsteuer-Nachschau gem. § 371 Abs. 2 S. 1 Nr. 1e AO nur eintreten lässt, wenn der zur Prüfung erschienene Amtsträger sich ausweist (Rz. 110ff.); diese Regelung bewirkt m. E. im Ergebnis eine gesetzliche Verpflichtung zur Ausweisvorlage. Neben der Ausweispflicht ist der Betroffene vor Beginn der Umsatzsteuer-Nachschau auch über seine Rechte und Pflichten während der Maßnahme zu belehren[5], dies hat im Wesentlichen das Betretensrecht des Prüfers und die Verpflichtung zur Vorlage von Unterlagen sowie zur Sichtbarmachung von elektronisch geführten Unterlagen (Daten) zum Inhalt. Im Anschluss daran sind ihm Anlass und Umfang der Nachschau mündlich bekanntzugeben.[6]

 

Rz. 28

Nach der überwiegenden Auffassung im Schrifttum liegt bereits beim Beginn der Durchführung einer Umsatzsteuer-Nachschau ein Verwaltungsakt gegenüber dem Betroffenen vor[7], ähnlich wie es bei der Nachschau nach § 210 AO der Fall ist.[8] Das ist m. E. zutreffend, denn schon durch das Erscheinen des Prüfers wird dem Steuerpflichtigen eine Mitwirkungspflicht auferlegt, zudem kann die Nachschau gem. § 27b Abs. 3 AO unmittelbar und ohne Prüfungsanordnung in eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung übergehen (Rz. 86ff.). Der Betroffene kann deshalb grundsätzlich auch eine schriftliche Bestätigung dieses Verwaltungsakts verlangen, sofern er daran ein berechtigtes Interesse hat. Dies ist wohl regelmäßig anzunehmen, wenn er zur Duldung und Mitwirkung aufgefordert wird und gegen diese Maßnahme der Finanzbehörde ein Rechtsmittel einlegen will (Rz. 115ff.).

 

Rz. 29

In der im Umsatzsteuer-Anwendungserlass dokumentierten Verwaltungsauffassung zur Umsatzsteuer-Nachschau findet sich allerdings eine davon (etwas) abweichende Meinung. Ein Verwaltungsakt soll danach erst vorliegen, wenn der Amtsträger Maßnahmen ergreift, die den Steuerpflichtigen zu einem bestimmten Tun, Dulden oder Unterlassen verpflichten sollen.[9] M. E. ist hier die im Schrifttum vertretene weitgehende Auffassung zutreffend, denn welche Rechtsnatur soll der Umsatzsteuer-Nachschau vor diesem "Verlangen" sonst zukommen? In der Praxis werden allerdings kaum Unterschiede der beiden Rechtsauffassungen zutage treten, denn spätestens mit dem "Betreten" der Räume des Betroffenen durch den Prüfer ist dieser zu einem Dulden verpflichtet worden, sodass dann auch nach der Verwaltungsauffassung immer von einem Verwaltungsakt auszugehen ist.

 

Rz. 30

Die Anwesenheit des Steuerberaters des Betroffenen während der Umsatzsteuer-Nachschau ist immer zulässig, schließlich findet sie in den Räumen des Steuerpflichtigen statt, bei denen der Steuerpflichtige über den Zugang Dritter durch sein "Hausrecht" bestimmen kann.[10] Allerdings muss mit dem Beginn der Nachschau nicht zugewartet werden, bis der Berater erscheint.[11] Dies würde den Zweck der Regelung gefährden, dass sich die Finanzbehörde ohne Ankündigung ein zuverlässiges Bild über die tatsächlichen Verhältnisse eines Unternehmens verschaffen kann.[12] Diesem Zweck würde es zuwiderlaufen, wenn die Finanzbeamten – etwa draußen vor dem Eingang des Unternehmens – auf das Eintreffen des Steuerberaters warten müssten.

[1] § 5 AO; Zugmaier/Schwarz, in Hartmann/Metzenmacher, UStG, § 27b UStG Rz. 23ff.
[2] Vgl. aber zur internen Anordnung Rz. 18.
[3] Das ergibt sich auch ausdrücklich aus der Verwaltungsanweisung in Abschn. 27b.1 Abs. 4 UStAE; vgl. auch Baumgartner, in Offerhaus/Söhn/Lange, UStG, § 27b UStG Rz. 16 und Leipold, in Sölch/Ringleb, UStG, § 27b UStG Rz. 10.
[4] Hinzuweisen ist darauf, dass der Betroffene m. E. kein Recht dazu hat, eine Kopie oder ein Bild des Dienstausweises anzufertigen. Das ergibt sich schon aus der Gefahr der Fälschung eines solchen Ausweises. Natürlich dürfen aber der Name des Prüfers und die Nummer des Ausweises notiert werden.
[5] In der Praxis wird dem Unternehmer hier ein besonderes Merkblatt zur Umsatzsteuer-Nachschau ausgehändigt.
[6] Vgl. Rz. 86 zum Übergang zur Außenprüfung.
[7] Baumgartner, in...

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