Rz. 1

Die Vorschrift des § 27b UStG beinhaltet einen nicht mehr ganz neuen aber nachträglich eingefügten besonderen Bestandteil des deutschen Umsatzsteuergesetzes, was unschwer aus der Buchstabennummerierung erkennbar ist. Die Regelung wurde durch das Steuerverkürzungsbekämpfungsgesetz (StVBG) v. 19.12.2001 in das UStG eingefügt[1], sie ist zum 1.1.2002 in Kraft getreten und seitdem nur geringfügig geändert worden. Die in ihr geregelte Umsatzsteuer-Nachschau gehört seitdem zum festen Instrumentarium der deutschen Finanzbehörden zur Überprüfung umsatzsteuerrechtlich relevanter Sachverhalte.

 

Rz. 2

In dem Gesetzgebungsverfahren des Steuerverkürzungsbekämpfungsgesetzes aus dem Jahr 2001 war allerdings zunächst keine Rede von der Schaffung einer besonderen Umsatzsteuer-Nachschau; geplant war zunächst ein neuer § 88b AO, der in die Abgabenordnung als "Allgemeine Steuer-Nachschau" eingefügt werden sollte.[2] Diese Nachschau war im Wesentlichen derjenigen in der Steueraufsicht der Zollverwaltung für Zwecke des Zolls und Verbrauchsteuern nachgebildet (§§ 209ff. AO), vom Inhalt her war sie aber schon damals wohl auf die USt beschränkt (… zur Sicherstellung einer gleichmäßigen Festsetzung und Erhebung der USt …).[3]

 

Rz. 3

Auf Empfehlung des Finanzausschusses[4] hin wurde der Anwendungsbereich dieser Nachschau aber eindeutig auf die USt beschränkt und deshalb – vermeintlich folgerichtig – in das UStG als neuer § 27b UStG in den siebenten Abschnitt diese Gesetzes[5] eingefügt.[6] Der Gesetzeswortlaut der geschaffenen "Nachschau" war dabei – bis auf redaktionelle Anpassungen und die Einfügung des zusätzlichen Absatzes 4 – weitgehend unverändert geblieben.[7] Die Platzierung der Vorschrift im UStG ist zwar m. E. systematisch falsch[8], denn es handelt sich um eine Regelung des Steuerverfahrensrechts, konsequent ist aber ihre Umbenennung hin zur Umsatzsteuer-Nachschau, denn nur das kann der Prüfungsgegenstand einer solchen "Nachschau" sein. Auch der Gegenstand der zunächst geplanten "Allgemeinen Nachschau" sollte – entgegen der Gesetzesüberschrift – nur die USt sein[9], wenn man einmal davon absieht, dass bestimmte festgestellte Erkenntnisse einer Umsatzsteuer-Nachschau auch für andere Steuerarten verwendet werden können (Rz. 89ff.).

 

Rz. 3a

Eine erste inhaltliche Änderung des § 27b UStG wurde durch das Steuervereinfachungsgesetz 2011[10] mWv 1.1.2012 vorgenommen, damit wurden die Einsichtsrechte der Prüfungsdienste auf digitalisierte Unterlagen erweitert, um weiter eine effektive Umsatzsteuerkontrolle sicherzustellen.[11] Diese Anpassung war schon damals aufgrund der weitgehenden Anerkennung der elektronischen Rechnung und der damit verbundenen Anerkennung der Digitalisierung von Unterlagen im Umsatzsteuerrecht notwendig geworden. In Ergänzung der Regelung wurden in Abs. 2 zwei neue Sätze eingefügt. Falls die in § 27b Abs. 2 S. 1 UStG genannten Unterlagen mithilfe eines Datenverarbeitungssystems erstellt wurden, können die mit der Umsatzsteuer-Nachschau betrauten Amtsträger auf Verlangen die gespeicherten Daten über die der Umsatzsteuer-Nachschau unterliegenden Sachverhalte einsehen und – soweit erforderlich – hierfür das Datenverarbeitungssystem des Steuerpflichtigen nutzen. Gleiches gilt für elektronische Rechnungen nach § 14 Abs. 1 S. 8 UStG, deren Erstellung der Gesetzgeber aufgrund unionsrechtlicher Vorgaben bereits seit dem 1.7.2011 weitaus großzügiger zulässt. Damit wurde tatsächlich eine Lücke geschlossen, denn die Sichtung von elektronischen Daten war zuvor im Rahmen einer Umsatzsteuer-Nachschau durch das Gesetz nicht zugelassen (Rz. 82).

 

Rz. 4

Nach § 27b UStG muss der Anlass zur Durchführung einer Umsatzsteuer-Nachschau zwar "in der USt begründet sein"[12], festgestellte Verhältnisse für die Festsetzung und Erhebung anderer Steuern, können aber unter den Voraussetzungen des § 27b Abs. 4 UStG (m. E. folgerichtig) auch dort berücksichtigt werden (Rz. 89ff.). Zur Konkretisierung der gesamten Regelung und auch der vielen Zweifelsfragen hatte das BMF bereits im Jahr 2002 eine Verwaltungsanweisung erlassen[13], welche seit Schaffung des UStAE dessen Inhalt ist.[14] Diese Verwaltungsanweisung enthält zwar ausführliche ergänzende Anweisungen, einige wichtige Fragen bleiben aber unbeantwortet, wie z. B. die Einzelheiten des (durchaus komplizierten) "Betretensrechts" der Prüfer (Rz. 31ff.).

 

Rz. 5

Der Standort des § 27b UStG im UStG ist m. E. trotz des sachlichen Zusammenhangs zur USt wenig glücklich gewählt, und das nicht nur deshalb, weil die Vorschrift dort leicht übersehen wird. Sie findet sich in dem siebenten Abschnitt des Gesetzes wieder. In diesem "Sammelsurium" gesetzlicher Regelungen besteht die einzig zwingende Gemeinsamkeit wohl darin, dass die meisten dieser Vorschriften im UStG jedenfalls aus systematischen Gründen fehl am Platze sind, sie aber nach Vorstellung des Gesetzgebers wohl nirgendwo anders sinnvoll zu platzieren waren. Daraus ist der ständige gesetzliche "Nachbesserungsbedarf" des geltenden Umsatzsteuersyst...

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