Rz. 94

Des Weiteren kommt der USt-IdNr. eine Beweis- oder Indizfunktion zu. Wer als Unternehmer im Geschäftsverkehr bei der Lieferung eines Gegenstands mit einem Unternehmer aus einem anderen Mitgliedstaat eine USt-IdNr. verwendet, erklärt damit konkludent, dass er als Lieferer den Umsatz als innergemeinschaftliche Lieferung behandelt und kein Kleinunternehmer ist und, dass er als Erwerber den Liefergegenstand für sein Unternehmen erwirbt, dass er steuerfrei einkaufen will sowie, dass der Erwerb im Mitgliedstaat der Erwerbsbesteuerung unterliegen soll.[1] Gleiches gilt bei sonstigen Leistungen. Zu beachten ist allerdings, dass die deutschen Finanzbehörden bei grenzüberschreitenden sonstigen Leistungen an den Begriff der "Verwendung einer USt-IdNr." hohe Anforderungen stellen; so soll allein eine formularmäßige Angabe auf einer Rechnung nicht ausreichen.[2]

 

Rz. 95

Die Verwendung einer USt-IdNr. hat damit zugleich die Erklärung zum Inhalt, Unternehmer und berechtigter Inhaber dieser Nummer zu sein, mithin also, dass Name und Adresse mit den beim BZSt oder den entsprechenden Behörden anderer Mitgliedstaaten hinterlegten Daten übereinstimmen. Diese Vermutung wird dadurch widerlegt, dass dem leistenden Unternehmer des anderen Mitgliedstaats von seinem "zentralen Verbindungsbüro" – also einer dem BZSt gleichgestellten nationalen Behörde – im Rahmen einer Bestätigungsanfrage mitgeteilt wird, dass entweder die Nummer ungültig ist oder, dass Name und Adresse nicht mit der hinterlegten USt-IdNr. übereinstimmen.[3] Übertragen auf einen deutschen Unternehmer – der z. B. die USt-IdNr. seines ausländischen Abnehmers überprüfen will – erfolgt dies durch die negative Beantwortung einer qualifizierten Bestätigungsanfrage nach § 18e UStG.

 

Rz. 96

Diese Beweis- oder Indizwirkung kann allerdings im Einzelfall durch andere objektiv erkennbare Umstände widerlegt werden, etwa bei Zweifeln an einem Einkauf als "Unternehmer". Das kann sich u. U. aus Art und Menge der erworbenen Gegenstände ergeben; gemeint sind damit die klassischen Einzelhandelsfälle. Problematisch sind demnach vor allem im Einzelhandel erworbene Gegenstände, wie z. B. die von einem österreichischen Unternehmer unter Verwendung seiner USt-IdNr. bei einem deutschen Verbrauchermarkt gegen Barzahlung und Abholung erworbene "Waschmaschine". Hier erscheint die betriebliche Verwendung dieses Gegenstands in der Tat zweifelhaft, obwohl sie nicht gänzlich ausgeschlossen ist, insbesondere wenn die beteiligten Unternehmer nicht in einem regelmäßigen Geschäftsverkehr stehen. M. E. genügt dabei für den deutschen Unternehmer in solchen offensichtlichen Fällen nicht allein die Nennung der österreichischen USt-IdNr., um diesen Geschäftsvorfall nach § 6a Abs. 1 UStG als steuerfrei zu behandeln.[4] Der deutsche Unternehmer sollte hier steuerpflichtig leisten und den ausländischen Unternehmer auf das Umsatzsteuervergütungsverfahren[5] verweisen. Derartige "Zweifel" sind natürlich auch dann angebracht, wenn der leistende Unternehmer darum weiß (oder hätte wissen müssen), dass sein Leistungsempfänger an einem Missbrauch oder Betrug im Rahmen der Mehrwertsteuer beteiligt ist[6]; hier hilft der Verweis auf die Richtigkeit einer USt-IdNr. natürlich nicht. In der Praxis besteht die Schwierigkeit allerdings an der Führung eines entsprechenden Nachweises durch die Finanz- oder Strafermittlungsbehörden.

 

Rz. 96a

Die Verwendung der USt-IdNr. dient demnach als Nachweis der Unternehmereigenschaft der an dem Austausch grenzüberschreitender Leistungen beteiligten Unternehmer. Auf die Dokumentation und die Überprüfung dieser Nummer sollte dabei insbesondere der leistende Unternehmer achten, denn er trägt das Risiko, dass die Finanzbehörde seine Leistung im Nachhinein für steuerpflichtig erachtet oder den Ort einer sonstigen Leistung anders würdigt. Die in diesem Zusammenhang (für eine innergemeinschaftliche Lieferung) vom EuGH in der Rechtssache C-587/10[7] zugelassene Ausnahme dürfte einen derartigen Sonderfall darstellen,[8] dass eine vertiefte Erörterung im Rahmen dieser Kommentierung nicht geboten ist, auch weil der Sachverhalt in erster Linie im Zusammenhang mit § 3 Abs. 6 S. 6 und § 6a UStG steht.[9] I.E. bleibt aber festzuhalten, dass die Aufzeichnung der richtigen USt-IdNr. des Leistungsempfängers für jeden Leistenden genauso unerlässlich ist, wie die Durchführung einer Bestätigungsanfrage nach § 18e UStG. Der Unternehmer, der dieses unterlässt, handelt fahrlässig und muss mit späteren Schwierigkeiten mit den Finanzbehörden rechnen.

[1] Regierungsbegründung zum UStBG, BR-Drs. 226/92 zu Nr. 12, Slotty-Harms, UVR 2010, 272.
[3] I.d.S. auch Sterzinger, in Birkenfeld/Wäger, UStG, § 261 UStG Rz. 15.
[4] I.d.S. auch Burbaum/Baumgartner, in Offerhaus/Söhn/Lange, UStG, § 27a UStG Rz. 40.
[5] §§ 59ff. UStDV; dies "hilft" ihm allerdings nur im Fall der unternehmerischen Verwendung.
[6] Dieser allgemeine Rechtsgrundsatz beruht auf der Rechtsprechung des EuGH [z. B. EuGH v. 18.12.2014...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge