Rz. 92

Die Erteilung einer USt-IdNr. an einen Unternehmer stellt einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung dar (Rz. 73). Die Wirkung einer einmal erteilten USt-IdNr. beschränkt sich nicht nur auf die eines Ordnungsmerkmals und Kontrollinstruments für innergemeinschaftliche Lieferungen,[1] obwohl das der wichtigste Grund zur Schaffung der Regelung war. Der USt-IdNr. kommen daneben insbesondere eine Beweis- oder Indizfunktion, eine Abrechnungsfunktion sowie einige weitere Funktionen zu.[2] Bis zum 31.12.2009 war die erteilte USt-IdNr. darüber hinaus ein Merkmal, welches der Unternehmer rechtsgestaltend bei bestimmten sonstigen Leistungen einsetzen konnte bzw. musste, um die Steuerbarkeit dieser Umsätze durch die Wahl des Leistungsorts zu beeinflussen.[3] Durch die aufgrund der Dienstleistungsrichtlinie[4] geschaffene Neuregelung des Orts der Leistung bei den sonstigen Leistungen – insbesondere durch die Neufassung des § 3a und des § 3b UStG – bestehen diese Gestaltungsmöglichkeiten aber seit dem 1.1.2010 nur noch beschränkt (Rz. 101). Allerdings kommt der USt-IdNr. seit dieser Gesetzesänderung als Indiz für die Unternehmereigenschaft bei zwischenunternehmerischen sonstigen Leistungen eine wichtige Indizfunktion für die Unternehmereigenschaft der Beteiligten zu.[5]

Seit dem 1.1.2020 hat sich die Bedeutung der USt-IdNr. bei innergemeinschaftlichen Lieferungen deutlich erhöht[6], denn die gültige USt-IdNr. des Leistungsempfängers ist nunmehr nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 UStG die materielle Voraussetzung der Steuerbefreiung solcher innergemeinschaftlicher Lieferungen (Rz. 97a). Zudem ist auch die Abgabe einer ordnungsgemäßen ZM nach § 18a UStG zur Voraussetzung der Steuerbefreiung geworden (§ 4 Nr. 1b UStG); eine solche kann aber nur mit der USt-IdNr. des jeweiligen Leistungsempfängers abgegeben werden.

 

Rz. 92a

In den letzten Jahren kommt der USt-IdNr. – insbesondere aufgrund der Rechtsprechung des EuGH[7] – eine zunehmend große Bedeutung in solchen Fällen zu, in denen sie "unrichtig" verwendet wird. Gemeint ist damit etwa die Verwendung der USt-IdNr. eines anderen Unternehmers. Problematisch ist aber auch der Fall, in dem der Leistungsempfänger dem Leistenden seine bestehende USt-IdNr. nicht mitteilt. In diesen Fällen geht es dann nicht nur um die formalen Mängel wegen des Fehlens der richtigen USt-IdNr., sondern vor allem um die Versagung der Steuerfreiheit einer Leistung.[8] Mit dieser Entwicklung wird die USt-IdNr. immer mehr zum zentralen Merkmal bei grenzüberschreitenden Leistungsaustauschen in der Europäischen Union.

[1] Klenk, in Sölch/Ringleb, UStG, § 27a UStG Rz. 3 und Sterzinger, BB 2010, 1062.
[2] Vgl. hier in Rz. 94ff. und Rz. 98ff.; hinzuweisen ist darauf, dass die hier verwendete Terminologie uneinheitlich ist; vgl. z. B. Slotty-Harms, UVR 2010, 272.
[3] Sterzinger, in Birkenfeld/Wäger, UStG, § 261 UStG Rz. 16.
[4] Richtlinie 2008/8/EG des Rates v. 12.2.2008, ABl.EU 2008, NR. L 44, 11.
[5] Vgl. nur § 3a Abs. 2 UStG; i. d. S. auch Slotty-Harms, UVR 2010, 272.
[6] Eingefügt durch Art. 12 des Gesetzes zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften v. 12.12.2019, BGBl 2019, 2451.
[7] Vgl. dazu nur EuGH v. 27.9.2012, C-587/10, VStR, UR 2012, 832.
[8] Vgl. dazu z. B. Lohse, BB 2015, 1942.

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