Rz. 52

Der Tatbestand des § 26b UStG steht in seinem zweiten Bestandteil im unmittelbaren Zusammenhang mit den in § 18 Abs. 1 S. 4 und Abs. 4 S. 1 oder 2 UStG genannten Pflichten zur Bezahlung der geschuldeten USt oder zur Zahlung der Vorauszahlung bei Fälligkeit. Die "Nichtzahlung" der in einer Rechnung ausgewiesenen und angemeldeten Steuer wird erst relevant, wenn ein bestimmter gesetzlich festgelegter Zeitpunkt zur Zahlung verstrichen ist. Die Fälligkeit der in einer Rechnung ausgewiesenen Steuer und ihre fehlende Bezahlung sind Tatbestandsvoraussetzungen, welche den Anwendungsbereich des § 26b UStG weiter schmälern.

 

Rz. 53

Zuerst ist hier festzustellen, welcher Steuerbetrag überhaupt an die Finanzbehörde zu entrichten ist, denn nur dieser Betrag wird zur Zahlung fällig. Die geschuldete Steuer berechnet sich gem. § 16 Abs. 1 S. 3, Abs. 2 S. 1 UStG nach den im Besteuerungszeitraum vereinbarten Entgelten abzüglich der nach § 15 Abs. 1 UStG abziehbaren Vorsteuerbeträge, es handelt sich mithin um ein Rechenergebnis. Der Unternehmer meldet also nicht die Summe der in seinen Rechnungen nach § 14 UStG ausgewiesenen USt als Steuerschuld an, sondern das Ergebnis seiner selbst erstellten Steuerberechnung als Umsatzsteuerzahllast (deren Ergebnis auch ein Guthaben sein kann). Sollte das Ergebnis Null betragen oder zu einem Erstattungsanspruch führen, kann also nicht ohne Weiteres von einer Schädigung des Umsatzsteueraufkommens gesprochen werden.[1] Der in einer Rechnung ausgewiesene Steuerbetrag entspricht i. d. R. nicht dem zur Bezahlung fällig werdenden Betrag.

 

Rz. 54

Insoweit ist weiter zu fragen, mit welchen Steuerbeträgen denn die vorhandenen Vorsteuerbeträge verrechnet werden, vor allem wenn der Unternehmer (pflichtwidrig) nicht für alle seine Leistungen Rechnungen ausgestellt hat – etwa weil er auch an Endverbraucher geleistet hat –, diese Umsätze dann aber pflichtgemäß erklärt und im Anschluss daran die errechnete Steuerschuld nicht zahlen kann. Hier bedarf es wohl im Rahmen des § 26b UStG einer besonderen Berechnung, die nach einem "Günstigkeitsprinzip" zunächst die in Rechnungen ausgewiesenen Steuerbeträge berücksichtigt.[2] Diese m. E. zutreffende Lösung stellt allerdings die Rechtfertigung des § 26b UStG infrage, denn dadurch wird derjenige bevorzugt, der lediglich seine Umsatzsteuerzahllast verringert. Sachlich zu begründen ist das nicht, denn auch dadurch wird das Umsatzsteueraufkommen im Ergebnis geschädigt. § 26b UStG führt damit mitunter zu Wertungswidersprüchen. I.E. ist jedenfalls festzuhalten, dass der Tatbestand des § 26b UStG erst in solchen Fällen greift, in denen die Summe der in Rechnungen ausgewiesenen USt höher ist als die der anrechenbaren Vorsteuerabzugsbeträge.[3] Allerdings wird der Fall des "klassischen missing traders" damit von § 26b UStG grundsätzlich erfasst – und das ist nach dem Gesetzeszweck ja der eigentliche Anwendungsbereich der Regelung – , denn dieser hat i. d. R. eine Umsatzsteuerzahllast. Somit ist vor allem der Unternehmer von den Rechtsfolgen des § 26b UStG betroffen, der nur Ausgangsumsätze erklärt, diese aber bei Fälligkeit nicht bezahlt.

 

Rz. 55

Weitere Voraussetzung zur Verwirklichung des Tatbestands des § 26b UStG ist, dass die Fälligkeitszeiträume des § 18 UStG überschritten worden sind. Hierzu sieht das Gesetz drei Alternativen vor:

  • Bei Umsatzsteuer-Voranmeldungen sind die Zahlungen am 10. Tag nach Ablauf des Voranmeldungszeitraums fällig[4] wobei zu beachten ist, dass vielen Unternehmern bei der Abgabe der Umsatzsteuer-Voranmeldungen eine einmonatige Dauerfristverlängerung nach §§ 46ff. UStDV eingeräumt ist);
  • Zahlungen aus Umsatzsteuer-Jahresanmeldungen sind einen Monat nach Eingang der Anmeldung beim FA fällig[5];
  • sollte die USt durch Steuerbescheid festgesetzt worden sein, ist die daraus geschuldete Steuer einen Monat nach Bekanntgabe des Bescheids fällig.[6]

Wenn die entsprechenden Zahlungen (also die Zahllast) nun nicht innerhalb dieser Fristen durch den Steuerpflichtigen erfolgen, dann ist der objektive Tatbestand des § 26b UStG insoweit erfüllt.

 

Rz. 56

Sollten die genannten Fälligkeitszeitpunkte im Einzelfall durch eine Stundung nach § 222 AO hinausgeschoben worden sein, dann fehlt es bereits am objektiven Tatbestand; eine Ahndung der "verspäteten" Zahlung der Steuerschuld nach § 26b UStG scheidet aus. Zu beachten ist dabei der Inhalt der Stundungsverfügung des FA. Falls die Stundung nicht rückwirkend ausgesprochen wurde, bleibt es bei einem pflichtwidrigen Verhalten, wenn und soweit die Steuer bei eingetretener Fälligkeit vor Ausspruch der Stundung nicht gezahlt wurde.[7] Beim (potenziellen) "missing trader" dürfte allerdings eine Stundung von Steuerschulden kaum gewährt werden, so dass die Sonderfälle der Stundung wenig praktische Bedeutung bei § 26b UStG haben werden.

 

Rz. 57

Abgesehen von der Stundung schließt sich an das Tatbestandsmerkmal der Fälligkeit eine Reihe weiterer Fragen an, die teilweise im Zusammenhang mit seiner objektiven Seite stehen, z. T. a...

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