Rz. 40

Die im letzten Kapitel benannte Grundregel führt dazu, dass alle sonstigen Abrechnungsdokumente, welche den Rechnungsanforderungen für die Inanspruchnahme eines Vorsteueranspruchs nicht entsprechen, auch nicht dazu geeignet sind, den Tatbestand des § 26b UStG zu begründen, dennoch sind hier aber Zweifelsfälle bei der Anwendung des § 26b UStG denkbar, die nachfolgend betrachtet werden sollen.

 

Rz. 41

Anzumerken ist zunächst, dass Gutschriften den Rechnungen gleichgestellt sind[1] und mit ihnen grds. auch der Tatbestand des § 26b UStG verwirklicht werden kann.[2] Sofern die oben erläuterten inhaltlichen Anforderungen vorliegen, berechtigt eine Gutschrift zum Vorsteuerabzug und kann damit auch den Tatbestand des § 26b UStG begründen. Zu beachten ist allerdings, dass Gutschriften vom Leistungsempfänger erstellt werden, hier besteht insoweit eine andere Fallkonstellation, welche im Anwendungsbereich des § 26b UStG kaum zum Tragen kommen dürfte. Man denke nur an die früher häufig auftretende Situation des "Rechnungsschreibers" im Schrottgewerbe, wo zumeist mit Gutschriften abgerechnet wurde. Derartige Personen haben m.W. niemals entsprechende Steueranmeldungen abgegeben, denn damit wären sie sofort aufgedeckt worden. Rechnungen i. S. d. § 26b UStG sind auch Quittungen und Kassenbons, sofern sie nur den zuvor genannten Anforderungen an Rechnungen gerecht werden.

 

Rz. 42

Werden von einem Unternehmer Leistungen ohne die Erstellung von Rechnungen erbracht[3], so kann dies schon deshalb zu keiner Sanktion nach § 26b UStG führen, weil die Steuer gerade nicht in einer Rechnung ausgewiesen wurde. Dieser Unternehmer hat allerdings zumeist eine Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO begangen, wenn er – wie es die Regel bei OR-Geschäften sein wird – die aus der Leistung geschuldete USt nicht an die Finanzbehörde gezahlt hat. Darüber hinaus kann die fehlende Ausstellung einer Rechnung als Ordnungswidrigkeit nach § 26a Abs. 1 Nr. 1 UStG geahndet werden.

 

Rz. 43

Genauso wird ein Kleinunternehmer, der zu Unrecht USt in seiner Rechnung ausweist, diese i. d. R. nicht gegenüber der Finanzbehörde erklären.[4] Darüber hinaus schuldet er die ausgewiesene USt nach § 14c Abs. 2 UStG. Er kann nur dann zusätzlich eine Ordnungswidrigkeit nach § 26b UStG begehen, wenn er die Steuer nach § 14c UStG anmeldet und zum Fälligkeitszeitraum nicht zahlt. Dieser Fall wird allerdings in der Praxis deshalb nicht anzutreffen sein, weil der Kleinunternehmer mit dieser Anmeldung wohl zugleich zur Besteuerung optiert. Damit gelten für ihn dieselben Regelungen, wie für jeden anderen Unternehmer.

 

Rz. 44

Mit einer sog. Abdeckrechnung wird über eine andere Leistung abgerechnet als die, die der Rechnungsaussteller tatsächlich erbracht hat oder die Leistung eines anderen Unternehmers wird abgerechnet. Werden solche Rechnungen hingegeben, dann entsteht neben der Steuerschuld für die tatsächlich ausgeführte Leistung auch die nach § 14c Abs. 2 UStG.[5] Eine Ordnungswidrigkeit nach § 26b UStG ist aber nicht begangen worden, denn eine Rechnung mit offenem Steuerausweis liegt nur hinsichtlich des "Vorwurfs" nach § 14c Abs. 2 UStG vor. Wegen der aus der tatsächlich ausgeführten Leistung geschuldeten Steuer lässt sich dagegen kein Tatvorwurf nach § 26b UStG begründen, denn hier ist keine Rechnung erstellt worden.[6] Im Übrigen bedarf es auch keines Ordnungswidrigkeitstatbestandes, denn der Leistende hat sich jedenfalls wegen der nicht angemeldeten Steuer der Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO strafbar gemacht; hier besteht keine Regelungslücke.

 

Rz. 45

Auch Abrechnungsdokumente i. S. d. § 14c Abs. 2 S. 2 UStG (vor allem Scheinrechnungen) werden durch § 26b UStG wohl nicht erfasst.[7] Da gerade solche Fälle auch Anlass der Schaffung des § 26b UStG waren, verblüfft dieses Ergebnis auf einen ersten Blick. Dabei darf aber nicht übersehen werden, dass es sich im konkreten Fall auch tatsächlich um ein Scheingeschäft handeln muss. Das ist in der Praxis aber erst einmal nachzuweisen, was häufig gerade in angeblichen Karussellfällen nicht möglich ist. Hier bleibt dann u. U. der Vorwurf nach § 26b UStG erhalten, weil die Durchführung eines Scheingeschäfts nicht nachweisbar ist; dies verdeutlicht die Funktion des § 26b UStG als Auffangtatbestand.

 

Rz. 46

Bei den Umsatzsteuerkarussellfällen sind die Fallkonstellationen derartig vielfältig, dass die Qualifikation als Scheingeschäft immer nur am Einzelfall (der jeweiligen Leistung) entschieden werden kann. Aus diesem Grund lassen sich allgemeingültige Aussagen für solche Geschäfte auch kaum aufstellen. Jedenfalls sind "missing trader" nur dann als Scheinunternehmer zu qualifizieren, wenn entsprechende tatsächliche Feststellungen (Beweismittel) vorliegen. In derartigen Fällen zeigt sich, dass diese Personen nur zwischengeschaltet wurden und in Wirklichkeit die von ihnen berechneten Leistungen nie ausgeführt haben. Dann fehlt es aber an der wesentlichen Voraussetzung des § 14 Abs. 1 UStG, der der Rechnung zugrunde lie...

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