Rz. 134a

Bei einer nach dem 31.12.2013 ausgeführten Lieferung eines Kunstgegenstands sind abweichend von dem regelmäßigen anzusetzenden Differenzbetrag zwischen Verkaufspreis und Einkaufspreis (Rz. 106ff.) gem. § 25a Abs. 3 S. 2 UStG i. d. F. ab dem 1.1.2014 (Rz. 1) 30 % des Verkaufspreises anzusetzen, wenn sich der Einkaufspreis des Kunstgegenstands nicht ermitteln lässt oder wenn der Einkaufspreis unbedeutend ist. Das BMF v. 18.12.2014[1], durch das Abschn. 25a.1 UStAE um einen Abs. 11a ergänzt wurde, spricht hierzu von der "Pauschalmarge".

 

Rz. 134b

Gem. Abschn. 25a.1 Abs. 11a UStAE will die Verwaltung die Pauschalmarge nur zulassen für Kunstgegenstände, die unter Nr. 53 der Anlage 2 zum UStG fallen.[2] Das sind

"Gemälde und Zeichnungen, vollständig mit der Hand geschaffen, sowie Collagen u. ä. dekorative Bildwerke, Originalstiche, –schnitte und –steindrucke, Originalerzeugnisse der Bildhauerkunst aus Stoffen aller Art."

Damit stellen sich bei der Pauschalmarge hinsichtlich der begünstigten Gegenstände sämtliche Abgrenzungsfragen, die sich beim ermäßigten Steuersatz nach Nr. 53 der Anlage zu § 12 Abs. 2 UStG ergeben. Die Ergebnisse sind dabei oft nur wenig einsichtig, wie sich z. B. an der Ausgrenzung der Siebdrucke – vom Wortlaut nicht umfasst – oder der Glasmalereien – wegen des Brennvorgangs nicht vollständig mit der Hand geschaffen – zeigt.

Sammlungsstücke sind damit von der Anwendung der Pauschalmarge ausgeschlossen, denn sie fallen unter Nr. 54 der Anlage 2 zum UStG. Das hat sicher große Bedeutung für den Briefmarkenhandel, bei dem häufig ganze Sammlungen ohne genaue Feststellung der meist unbedeutenden Werte einzelner Stücke von Wiederverkäufern angekauft werden.

 

Rz. 134c

Die Pauschalmarge kann angewandt werden ohne Rücksicht darauf, ob der Wiederverkäufer die Differenzbesteuerung nach der Grundregel des § 25a Abs. 1 UStG anwendet oder ob er zu ihrer Anwendung gem. § 25a Abs. 2 UStG optiert.

 

Rz. 134d

Mit der Aussage, dass "der Einkaufspreis eines Kunstgegenstands unter Berücksichtigung der gesetzlichen Pflichten des Unternehmers nach § 25a Abs. 6 UStG grundsätzlich aufzuzeichnen ist" (Rz. 144) und deshalb "der Fall der Nichtermittelbarkeit des Einkaufspreises nur ausnahmsweise" vorliege, engt Abschn. 25a.1 Abs. 11a UStAE die Reichweite der Pauschalmarge erheblich ein.[3] Das Beispiel 3 in Abschn. 25a.1 Abs. 11a UStAE kommt demgemäß zur Verneinung des Ansatzes der Pauschalmarge in einem Fall, in dem ein Galerist im Wege eines Kommissionsgeschäfts für einen Künstler ein Werk veräußert und dabei vereinbarungsgemäß für seine Verkaufsfördermaßnahmen 50 % des Verkaufspreises einbehalten darf. Hier gibt es in der Tat keine Schwierigkeiten bei der Ermittlung des Einkaufspreises; er beträgt eben 50 % des Verkaufspreises und damit beträgt die Marge 50 % und es bleibt kein Raum für den von der Branche während des Gesetzgebungsverfahrens wohl erhofften Ansatzes von nur 30 %. Der Unterschied in der Belastung gegenüber der Rechtslage vor dem 1.1.2014 wäre beim Bruttopreis von 10.000 EUR für den Kunstgegenstand Folgender:

Vor dem 1.1.2014:

Steuer i. H. v. 7 % aus 10.000 EUR: 654,21 EUR

Ab dem 1.1.2014:

Steuer i. H. v. 19 % aus der Pauschalmarge i. H. v. 3.000 EUR : 478,99 EUR.[4]

Steuer i. H. v. 19 % aus 5.000 EUR : 798,32 EUR.[5] Der Galerist kann die Vorsteuern aus seinen Aufwendungen für die Vermarktung abziehen; sie sind nicht vom Ausschluss des Vorsteuerabzugs für den Erwerb des Kunstgegenstands (Rz. 137) betroffen.

Dieser Vergleich zeigt, dass die undifferenzierte Anwendung der Pauschalmarge zu einer erheblichen Verminderung der Belastung ab dem 1.1.2014 führen würde. Dafür gibt es überhaupt keine Rechtfertigung, denn auch wenn es für die unionsrechtlich vorgegebene unterschiedliche Belastung von Kunstwerken aus der Hand des Künstlers oder seiner Rechtsnachfolger und dem Erwerb aus der Hand von Galeristen ab dem 1.1.2014 keine vernünftige Begründung erkennbar ist[6], gibt es dennoch keinen Anlass, mittels der Pauschalmarge den Galeristen einen Wettbewerbsvorteil gegenüber den Künstlern zu verschaffen, die zum gleichen Bruttopreis unmittelbar an die Endkunden verkaufen.

 

Rz. 134e

Abschn. 25a.1 Abs. 11a UStAE legt für den unbedeutenden Einkaufspreis eines Kunstgegenstands den Betrag von 500 EUR ohne ggf. anfallende USt fest; die 500 EUR sind also ein Nettobetrag. Der Gesetzeswortlaut gibt keinen Anhaltspunkt dafür, was unbedeutend sein soll. Ob die Preisverhältnisse am Kunstmarkt zzt. 500 EUR tatsächlich als noch unbedeutend erscheinen lassen, dürfte schwer zu beurteilen sein. Druckgrafik von überregional wenig bekannten Künstlern gibt es in vielen Fällen für deutlich weniger als 500 EUR zu kaufen. Die Sicht des Durchschnittsverbrauchers, die der EuGH und der BFH gerne einnehmen, wird hier kaum weiterhelfen, denn der "normale" Durchschnittsverbraucher erwirbt wahrscheinlich nur sehr selten Kunstgegenstände von Wiederverkäufern und ob es überhaupt einen kunstliebhabenden Durchschnittsverbraucher gibt, auf den hier abzustell...

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