1 Vorbemerkungen

1.1 Entstehung, Entwicklung und unionsrechtliche Grundlage der Vorschrift

 

Rz. 1

Die Besteuerung von Reiseleistungen nach § 25 UStG zählt zu den besonderen Besteuerungsformen (Sechster Abschnitt des UStG), da hier die Differenz von Reiseerlösen und Reisevorleistungen Besteuerungsgrundlage ist, statt des allgemeinen Systems der Umsatzbesteuerung mit Vorsteuerabzug. Mit § 25 UStG ist diese Sonderregelung in das UStG 1980 aufgenommen worden, die in den bisherigen Fassungen des UStG keine Vorläufer hatte. Die Besteuerung von Reiseleistungen richtete sich unter der Geltung des UStG 1967/1973 nach den allgemeinen Grundsätzen, wobei für die Frage der Abgrenzung zwischen Eigenleistungen und Vermittlungsleistungen[1] verfahren wurde. Danach kam es in einer Reihe von Fällen zu einer Besteuerung des Reiseveranstalters als Vermittler. Folglich konnte die Steuerbefreiung nach § 8 Abs. 1 Nr. 5 UStG 1967/1973 in Anspruch genommen werden, soweit die Vermittlungsleistungen für ausländische Unternehmer (z. B. Hotels, Beförderungsunternehmen etc.) erbracht wurden. Zwar beurteilt der BFH[2] die Leistungen eines Reiseveranstalters – im Anschluss an die Rechtsprechung des BGH[3] – in aller Regel als Eigenleistungen, auch wenn der Vertrag einen Vermittlerhinweis enthält; diese Rechtsprechung wurde jedoch aus Gründen des Vertrauensschutzes von der Verwaltung "bis zu einer gesetzlichen Neuregelung" zunächst nicht angewendet.[4]

 

Rz. 1a

Aufgrund der Neufassung des § 25 Abs. 2 UStG[5] sind mWv 1.11.1993 Reiseleistungen – in Übereinstimmung mit Art. 26 der 6. EG-Richtlinie – allgemein nur noch insoweit steuerfrei, als die ihnen zuzurechnenden Reisevorleistungen im Drittlandgebiet bewirkt werden (Rz. 50f.).

 

Rz. 1b

Durch Gesetz v. 9.12.2004[6] wurde mWv 16.12.2004 durch eine Ergänzung in § 25 Abs. 4 S. 1 UStG klargestellt, dass das Verbot des Abzugs der auf in Anspruch genommene Reisevorleistungen entfallenden Vorsteuern auch dann gilt, wenn der Reiseunternehmer als Leistungsempfänger die Steuer nach § 13b UStG schuldet (Rz. 84).

 

Rz. 2

Die Sonderregelung des § 25 UStG beruht auf den Art. 306-310. MwStSystRL. Dem Wortlaut nach gelten die Regelungen für Reisebüros und Reiseveranstalter. Nach Art. 306-310 MwStSystRL bestehen für die Besteuerung von Reiseleistungen Sondervorschriften, soweit Reisebüros bzw. Reiseveranstalter (Art. 306 Abs. 2 MwStSystRL) dem Reisenden gegenüber im eigenen Namen auftreten und für die Durchführung der Reiseleistungen Lieferungen und sonstige Leistungen anderer Unternehmer (sog. Reisevorleistungen) in Anspruch nehmen. Anlass für die Regelung der Art. 306-310. MwStSystRL war die Tatsache, dass Leistungen von Reiseunternehmen – wegen ihres vielfach grenzüberschreitenden Charakters – bislang häufig überhaupt nicht oder mehrfach zur Besteuerung herangezogen wurden. Durch Art. 306-310 MwStSystRL soll sichergestellt werden, dass Reiseleistungen innerhalb des Gebiets der EU immer umsatzsteuerlich belastet werden.[7] Die Besteuerung soll in dem Mitgliedstaat erfolgen, in dem der Reiseunternehmer den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit oder eine feste Niederlassung hat. Unternehmer, die Reiseumsätze erbringen, müssen sich damit nicht dem Mehrwertsteuerrecht des jeweiligen Landes unterwerfen, in das die Reise führt.[8] Der Reiseunternehmer soll dabei – einem alten Anliegen der Touristikbranche folgend – ähnlich einem Vermittler der Reiseleistungen behandelt werden. Besteuert wird daher nur die sog. Marge des Reiseunternehmers, d. h. die Differenz zwischen den Aufwendungen des Reisenden und den Aufwendungen des Reiseunternehmers für die von ihm in Anspruch genommenen sog. Reisevorleistungen (sog. Rohgewinn- oder Margenbesteuerung). Allerdings hat der Reiseunternehmer in keinem EU-Mitgliedstaat einen Anspruch auf Abzug bzw. Erstattung der auf die Reisevorleistungen entfallenden Vorsteuern. Wegen der nicht einheitlichen Umsetzung der Richtlinien-Vorgabe innerhalb der Gemeinschaft besteht die Gefahr von Wettbewerbsverzerrungen.[9]

 

Rz. 3

Bis zum 17.12.2019 wurden Reiseleistungen, die für das Unternehmen des Leistungsempfängers bestimmt sind, ausdrücklich vom Anwendungsbereich der Sonderregelung ausgeschlossen (§ 25 Abs. 1 S. 1 UStG a. F.). Durch die Beschränkung auf Reiseleistungen an Endverbraucher wurde verhindert, dass der Reiseunternehmer bei Leistungen an Unternehmer-Kunden zur Offenlegung seiner Marge (und damit seiner Kalkulation) gezwungen ist. Gleichzeitig wurde damit sichergestellt, dass der Unternehmer-Kunde den vollen Vorsteuerabzug für die Gesamtleistung des Reiseveranstalters – und nicht nur für dessen Marge – erhält. Schließlich wurden den Reiseunternehmern in § 25 Abs. 3 S. 3 UStG noch Erleichterungen bei der Margenermittlung eingeräumt, da ihnen im Zeitpunkt der Entstehung der Steuer die genaue Höhe der Reisevorleistungen regelmäßig noch nicht bekannt ist.

 

Rz. 4

Durch das Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften ("JStG 2019")[10] wurde der Anwendungsbereich der Vorschrift auch auf Reiseleistungen, die für das Unt...

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