Rz. 35

Die Sonderregelung des § 25 UStG ist nur anwendbar, wenn der Reiseunternehmer zur Bewirkung der Reiseleistungen sog. Reisevorleistungen in Anspruch nimmt (§ 25 Abs. 1 S. 1 UStG). Reisevorleistungen sind gem. § 25 Abs. 1 S. 5 UStG Lieferungen und sonstige Leistungen Dritter (der eigentlichen Leistungsträger), die dem Reisenden unmittelbar zugutekommen. Der Reiseunternehmer hat wirtschaftlich gesehen nur die Stellung eines Vermittlers. Die Reisevorleistung, die der Reiseunternehmer von einem Dritten in Anspruch nimmt, und die Reiseleistung, die er im eigenen Namen an den Reisenden weitergibt, müssen folglich vom Leistungsinhalt her gesehen identisch sein.[1]

 

Beispiele[2]:

1) Befördert der Drittunternehmer den Reisenden mit einem Charterflugzeug, bei dem der Vercharterer sowohl das Flugzeug als auch die Besatzung und die Betriebsmittel stellt, so kommt die Beförderungsleistung des Drittunternehmers dem Reisenden unmittelbar zugute. Es handelt sich um eine Reisevorleistung.

2) Vermietet der Drittunternehmer das Flugzeug an den Reiseveranstalter, der seinerseits Besatzung und Betriebsmittel des gecharterten Flugzeugs stellt und den Reisenden damit befördert, so führt der Drittunternehmer eine Vermietungsleistung aus, während der Reiseveranstalter dem Reisenden gegenüber eine Beförderungsleistung erbringt. Mangels Identität der Leistungen liegt keine Reisevorleistung vor.

 

Rz. 36

Der BFH wendet beim Angebot von Reiseleistungen im eigenen Namen und für fremde Rechnung die Grundsätze der Leistungskommission an. Das bedeutet, dass der Unternehmer, der Reiseleistungen im eigenen Namen aber für Rechnung eines Dritten erbringt, so zu behandeln ist, als ob er die von dem Dritten bezogenen Reisevorleistungen selbst erhalten hätte.[3]

 

Rz. 37

Als Reisevorleistungen kommen alle Reiseleistungen in Betracht, die der Reisende in Anspruch nehmen würde, wenn er die Reise selbst (also ohne einen zwischengeschalteten Reiseunternehmer) zusammenstellen würde, insbesondere[4]:

  • Personenbeförderungsleistungen durch Drittunternehmer mit Flugzeug, Schiff, Eisenbahn oder Omnibus. Zur Abgrenzung gegenüber der Vermietung bzw. Gestellung von Fahrzeugen vgl. Rz. 45;
  • Unterkunftsüberlassung durch fremde Hotels, Gasthäuser, Pensionen usw.;
  • Vermietung von Ferienhäusern, Ferienwohnungen, Wohnwagen usw. durch Drittunternehmer;
  • Verpflegungsleistungen durch fremde Hotels, Gaststätten, Pensionen usw.;
  • Betreuung durch fremde Reiseleiter;
  • Veranstaltungen fremder Unternehmer.

Nach richtiger Ansicht gehören dabei die Aufwendungen, die der Reiseunternehmer aufgrund vertraglicher Vereinbarung für nicht ausgenutzte Kapazitäten zahlen muss, zu den Reisevorleistungen. Diese Auslegung wird zwar nicht vom Wortlaut des § 25 Abs. 1 S. 5 UStG gedeckt; sie entspricht aber Sinn und Zweck der Vorschrift, da diese Aufwendungen in die Kalkulation des Reiseunternehmers einfließen.[5]

 

Rz. 38

Nach Verwaltungsauffassung ändert die Festanmietung eines bestimmten Bettenkontingents in einem Hotel oder die Buchung einer bestimmten Anzahl von Plätzen in einem Flugzeug ohne Rücksicht auf die tatsächliche Auslastung durch den Reiseveranstalter grundsätzlich nichts daran, dass gegenüber dem Reisenden das Hotel oder die Fluggesellschaft die Leistung tatsächlich ausführt. Selbst wenn der Reiseveranstalter z. B. für das Flugziel oder den Flugablauf bei voller Belegung eines Flugzeugs gewisse Weisungsrechte hat, ist er damit nicht Flugunternehmer. In diesen Fällen liegen daher Reisevorleistungen vor.[6]

 

Rz. 39

Gewährte Provisionen (Kickbacks, Superprovisionen für Flugscheine, auf Ferienwohnungen oder Hotelleistungen in Deutschland) mindern die Reisevorleistungen.

Preisminderungen, die der Veranstalter von Hotels etc. für mangelnde Leistungen erhält, mindern das Entgelt für die Reisevorleistungen.

 

Rz. 40

Erbringt eine im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässige Sprachschule Unterrichtsleistungen, für die die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 21 UStG der Art nach in Betracht kommt, als Reisevorleistungen an einen deutschen Sprachschulreiseveranstalter, müssen die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung vorliegen. Dabei wird es seitens der Verwaltung nicht beanstandet, wenn die Sprachschule dem Reiseveranstalter durch eine Bescheinigung der für sie in ihrem Ansässigkeitsstaat zuständigen Finanzbehörde nachweist, dass die Unterrichtsleistungen dort steuerfrei wären, wenn sie in diesem Mitgliedstaat der Umsatzbesteuerung unterlägen.

 

Rz. 41

Die Leistungen selbstständiger Zielgebietsagenturen, für die der Reiseveranstalter eine einheitliche Vergütung (sog. Handlingfee) zahlt, werden von der Verwaltung in vollem Umfang als Reisevorleistungen angesehen.[7] Die Beschaffung der Betreuung auf der Reise stellt eine gegenüber der bloßen Beschaffung des Touristenvisums eigene, selbstständige sonstige Leistung dar.[8]

 

Rz. 42

Ohne Bedeutung ist es, ob für die Reisevorleistung (in- oder ausländische) USt erhoben wird oder nicht. Folglich können Reisevorleistungen auch von Kleinunternehmern i. S. v. § 19 Abs. 1 UStG...

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