Rz. 298

Den Vorsteuerabzug nach § 15 UStG kann der Land- und Forstwirt für gesondert in Rechnung gestellte Steuerbeträge für solche Leistungen in Anspruch nehmen, die nach dem Zeitpunkt des Wechsels zur Regelbesteuerung an ihn ausgeführt worden sind. Dagegen sind solche Vorsteuerbeträge vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen, die noch zzt. der Durchschnittssatzbesteuerung an ihn ausgeführt worden sind, auch soweit die Leistungsbezüge erstmalig nach dem Übergang zur Regelbesteuerung verwendet werden.[1] Für die Auffassung in Abschn. 15.1 Abs. 5 UStAE spricht, dass die EuGH- und BFH-Rechtsprechung zum Vorsteuerabzug nach der Verwendungsabsicht[2] zur Auslegung des § 15 UStG hinsichtlich der Vorsteuerausschlüsse nach § 15 Abs. 2 und 3 UStG ergangen ist[3], wohingegen pauschalierende Landwirte bereits durch § 24 Abs. 1 S. 4 UStG von einem über den pauschalen Vorsteuerabzug hinausgehenden Vorsteuerabzug ausgeschlossen sind (Rz. 257ff.).

 
Praxis-Beispiel

Der pauschalierende Landwirt Meyer errichtet in den Jahren 01 und 02 einen Schweinestall. Für die verschiedenen Leistungen im Zusammenhang mit der Herstellung des Stalls stellen die jeweiligen leistenden Unternehmer Meyer Rechnungen mit offenem Ausweis der USt aus. Die Fertigstellung und die erstmalige Verwendung des Stalls erfolgen im Jahr 02. Zum 1.1.02 optiert Meyer zur Regelbesteuerung.

Obwohl Meyer den Stall erstmalig als regelbesteuernder Unternehmer nutzt, kann er nur für die nach dem 31.12.01 an ihn ausgeführten Leistungen einen Vorsteuerabzug nach § 15 UStG vornehmen. Für die im Jahr 01 an ihn ausgeführten Leistungen kann Meyer allein zeitanteilige Berichtungen des Vorsteuerabzugs nach § 15a UStG in den Jahren 02ff. vornehmen (Rz. 303ff.).

 

Rz. 299

Kein Recht zum Vorsteuerabzug hatte der regelbesteuernde Landwirt aus dem Erwerb einer Milchquote/-referenzmenge von einer öffentlich-rechtlichen Milchquoten-Verkaufsstelle (Milchquotenbörse). Denn diese börsenähnlichen Einrichtungen, über die der flächenlose Verkauf von Milchquoten erfolgte, wurden bei der Übertragung der Milchquoten nicht als Unternehmer i. S. d. § 2 UStG tätig, weil sie insoweit hoheitliche Aufgaben aufgrund öffentlich-rechtlicher Sonderregelungen erfüllten.[4] Die Übertragung der Milchquoten durch die Milchquoten-Verkaufsstellen erfolgte dabei im eigenen Namen; sie traten also nicht lediglich als Vermittlerinnen zwischen den abgebenden und den nachfragenden Landwirten auf.

Bezieht ein Landwirt eine Lieferung von Gegenständen (z. B. landwirtschaftlichen Maschinenen) von einer Erzeugerorganisation und deckt der dafür dem Landwirt berechnete Preis nicht den Einkaufspreis der Erzeugerorganisation ab, weil die Lieferung durch einen Betriebsfonds mitfinanziert wird, der seinerseits EU-Beihilfen erhält, dann ist der vom Betriebsfonds an die Erzeugerorganisation gezahlte Betrag Entgelt von dritter Seite i. S. d. § 10 Abs. 1 S. 2 UStG für die Lieferung an den Landwirt.[5]

 

Rz. 300

Nach § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 UStG steht der Vorsteuerabzug nur dem Empfänger der Leistung zu. Besonderheiten ergeben sich insofern bei der Beteiligung von Landwirten an Bruchteilsgemeinschaften nach §§ 741ff. BGB, die selbst nicht Unternehmer sind. Haben sich mehrere Landwirte solcherart zusammengeschlossen und erwirbt die Gemeinschaft einen einheitlichen Gegenstand (z. B. einen Mähdrescher oder eine Kartoffellagerhalle), den sie den Gemeinschaftern jeweils unentgeltlich zur Nutzung überlässt, sind die Gemeinschafter nach der Rechtsprechung des BFH selbst Leistungsempfänger ihres Miteigentumsanteils an dem Gegenstand und entsprechend anteilig zum Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 UStG berechtigt, wenn bzw. soweit sie der Regelbesteuerung unterliegen.[6]

 

Rz. 301

Abzulehnen bzw. überholt ist dagegen die alte Auffassung der Finanzverwaltung, dass die Gemeinschaft durch die unentgeltliche Überlassung des Gegenstands an die Gemeinschafter umsatzsteuerrechtlich eine eigene Rechtspersönlichkeit entfalte und damit – trotz fehlender Unternehmereigenschaft – selbst Empfänger der Lieferung des Gegenstands sei.[7] Denn soweit der EuGH in seinem grundlegenden Urteil[8] bezüglich der damals geltenden 6. EG-Richtlinie ganz allgemein davon spricht, dass die Gemeinschafter "für Zwecke der Anwendung dieser Richtlinie als Leistungsempfänger anzusehen" sind, ist dies so zu verstehen, dass die Gemeinschafter selbst die Leistungsempfänger sind, ohne dass ein Zwischenerwerb durch die Gemeinschaft erfolgt. Beruft sich der Unternehmer gleichwohl auf die alte Verwaltungsauffassung, ist zu beachten, dass danach die spätere Veräußerung des erworbenen Gegenstands durch die Gemeinschaft nicht umsatzsteuerbar ist. Dieser Veräußerung geht dann außerdem die Entnahme der Miteigentumsanteile der einzelnen Gemeinschafter voraus, die von diesen unter den Voraussetzungen des § 3 Abs. 1b UStG zu versteuern ist. Vgl. Rz. 236f. zur Veräußerung gebrauchter Gegenstände durch Pauschallandwirte.

 

Rz. 302

Was die formalen Anforderungen für den Vorsteuerabzug bei Leistungsbez...

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