Rz. 293

Hat der Land- und Forstwirt wirksam nach § 24 Abs. 4 S. 1 UStG zur Regelbesteuerung optiert, bindet ihn diese Erklärung nach § 24 Abs. 4 S. 2 UStG für mindestens fünf Kalenderjahre.[1] Der Gesetzgeber hielt die fünfjährige Bindungsfrist zur Vermeidung von Missbräuchen für notwendig.[2] Eine Möglichkeit der rückwirkenden Rücknahme der Optionserklärung wie in § 19 Abs. 2 S. 2 UStG ("Nach Eintritt der Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung bindet die Erklärung den Unternehmer...") sieht § 24 Abs. 4 UStG nicht vor. Eine wirksame Option kann nach dem Wortlaut des § 24 Abs. 4 S. 2 UStG ("Die Erklärung bindet den Unternehmer...") auch nicht etwa innerhalb der Frist nach § 24 Abs. 4 S. 1 UStG (d. h. bis zum 10.01. des Folgejahres) zurückgenommen werden. S. Rz. 311 zum Widerruf der Option, der erst mit Wirkung im Anschluss an die mindestens fünfjährige Bindung möglich ist.

Im Fall der Geschäftsveräußerung/Einzelrechtsnachfolge (auch im Wege der vorweggenommenen Erbfolge) nach § 1 Abs. 1a UStG (Rz. 271ff.) ist auch der Erwerber aufgrund der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung in § 24 Abs. 4 S. 2 2. Hs. UStG an diese Frist gebunden[3]; dadurch wird die Vorgabe des Art. 19 MwStSystRL umgesetzt, wonach der Erwerber in die Rechtsstellung des Veräußerers eintritt.[4]

 

Beispiel:

Der pauschalierende Landwirt Anton erwirbt im Jahr 03 den landwirtschaftlichen Betrieb der B-GbR im Rahmen einer Geschäftsveräußerung nach § 1 Abs. 1a UStG. Die B-GbR hatte ab dem Jahr 01 zur Regelbesteuerung optiert.

Anton muss nach § 24 Abs. 4 S. 2 2. Hs. UStG aufgrund der für die B-GbR bis zum 31.12.05 geltenden Optionsfrist nunmehr selbst einheitlich für alle seine landwirtschaftlichen Betriebe bis zum 31.12.05 die Regelbesteuerung anwenden.

Der Gesamtrechtsnachfolger/Erbe, tritt nach § 45 Abs. 1 AO materiell- und verfahrensrechtlich in die gesamte abgabenrechtliche Rechtsstellung seines Rechtsvorgängers ein[5]; Bindungswirkungen durch die Option des Rechtsvorgängers gelten daher auch für den Gesamtrechtsnachfolger.[6] Davon geht nach den Ausführungen in Abschn. 24.8 Abs. 3 S. 2 UStAE zur Bindung des "Rechtsnachfolgers" offenbar auch die Finanzverwaltung aus. Es ist nicht eindeutig, ob sich die durch die Option des Rechtsvorgängers ausgelöste Bindungswirkung für den Erben ggf. auch auf dessen eigenen bisher pauschalierenden land- und forstwirtschaftlichen Betrieb erstrecken würde (Rz. 292); da sich insoweit Friktionen ergeben könnten und missbräuchliche Gestaltungen nicht möglich sind, schiene es sachgerecht, beim Erben insoweit bis zum Ende dieser fünfjährigen Bindung ein Nebeneinander von Pauschalierung im bisherigen und Regelbesteuerung im geerbten Betrieb zuzulassen. Die Bindungswirkung nach § 24 Abs. 4 S. 2 UStG gilt schließlich auch im Fall der Anwachsung[7], wenn der vorletzte Gesellschafter aus einer Gesellschaft ausgeschieden ist und das Unternehmen durch den verbleibenden Gesellschafter fortgeführt wird.[8]

 

Rz. 294

Eine Ausnahme von der fünfjährigen Bindungsfrist sieht § 71 UStDV vor, der auf der Ermächtigung in § 26 Abs. 1 S. 1 UStG beruht, wonach durch die UStDV u. a. die zeitliche Bindung nach § 24 Abs. 4 UStG verkürzt werden kann. Nach § 71 S. 1 UStDV kann ein Land- und Forstwirt, der nach § 24 Abs. 4 S. 1 UStG zur Besteuerung nach den allgemeinen Vorschriften des UStG optiert hat und die sog. Kleinunternehmerregelung nach § 19 Abs. 1 UStG anwendet, die Option mit Wirkung vom Beginn eines jeden folgenden Kalenderjahrs widerrufen.[9] Dieser Widerruf ist nach § 71 S. 2 UStDV spätestens bis zum 10. Tag nach Beginn dieses Kalenderjahrs zu erklären. Hat der Land- und Forstwirt nach dem Ausscheiden aus der Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG dagegen nach § 19 Abs. 2 UStG wirksam auf die Anwendung der Kleinunternehmerregelung verzichtet, gilt für ihn die fünfjährige Bindungsfrist nach § 19 Abs. 2 S. 2 UStG, was für diese Zeit eine Rückkehr in die Durchschnittssatzbesteuerung ausschließt.[10] S. im Übrigen zum Wechsel der Besteuerungsform Rz. 125.

[2] Bericht des Finanzausschusses des Bundestags v. 30.3.1967, BT-Drs. V/1581, zu § 24 Abs. 4.
[4] BR-Drs. 612/93, zu Art. 15 Nr. 22 Buchst. c.
[6] A.A. OFD Nürnberg v. 16.5.1991, S 7416 – 22/St 43, UR 1991, 211, mit dem Argument, dass sonst der Erbe als Unternehmer in seinen eigenen umsatzsteuerlichen Wahlrechten beschränkt würde – dann wären allerdings ggf. Vorsteuerberichtigungen nach § 15a UStG vorzunehmen, wenn der Erbe für seine Umsätze die Durchschnittssatzbesteuerung anwendet, Abschn. 15a.10 S. 1 Nr. 2 S. 2 UStAE.
[8] OFD Nürnberg v. 16.5.1991, S 7416 – 22/St 43, UR 1991, 211.

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