Rz. 49

Für die meisten in die Besteuerung nach § 23 UStG einbezogenen Unternehmer gilt die Vollpauschalierung nach § 70 Abs. 1 UStDV. Diese Berufs- oder Gewerbezweige sind im Abschnitt A der Anlage zur UStDV zusammengestellt. Bei Vorliegen der Vollpauschalierung werden sämtliche Vorsteuerbeträge des Unternehmers durch den Durchschnittssatz abgegolten. Ein darüber hinausgehender Vorsteuerabzug nach § 15 UStG ist nicht möglich. Dies gilt auch in den Fällen, in denen Vorsteuerbeträge für Umsätze anfallen, die nicht in die Ermittlung der maßgeblichen Bemessungsgrundlage für die pauschale Vorsteuer mit einzubeziehen sind, z. B. für im Inland nicht steuerbare Umsätze im Ausland, für die der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 UStG nicht ausgeschlossen ist. Die Besteuerung nach den allgemeinen Durchschnittssätzen ist deshalb nur für die Unternehmer von wirtschaftlichem Interesse, die überwiegend im Inland ausgeführte Leistungen erbringen.

 
Praxis-Beispiel

Durchschnittssatzbesteuerung bei Auslandsumsätzen

Der angestellte Rechtsanwalt R betreibt neben seiner unselbstständigen Tätigkeit auch eine kleine Rechtsanwaltskanzlei in Bayern, in der er regelmäßig nicht mehr als 50.000 EUR Umsatz erzielt. Die Leistungen führt er ausschließlich an Unternehmer in Österreich oder in der Schweiz aus.

Der Ort der von ihm ausgeführten Leistungen befindet sich nach § 3a Abs. 2 S. 1 UStG am Sitzort der Leistungsempfänger im Ausland. R führt damit keine steuerbaren Umsätze in Deutschland aus. Sollte R die Besteuerung nach den allgemeinen Durchschnittssätzen wählen, würde sich eine pauschalierte Vorsteuer von 0 EUR ergeben, da nach § 69 Abs. 2 UStDV nur die im Inland ausgeführten Umsätze zur Berechnung herangezogen werden.

 

Rz. 50

Bei einem Wechsel der Besteuerung von der Regelbesteuerung zur Besteuerung nach den Durchschnittssätzen sind die jeweiligen Vorsteuerbeträge der Periode des Leistungsbezugs zuzuordnen.[1] Die Rechnungserstellung oder bei der Einfuhr die Entrichtung der EUSt ist insoweit ohne Bedeutung.[2] Somit kann es auch bei Anwendung der Durchschnittssätze noch zu einem individuellen Vorsteuerabzug nach § 15 UStG kommen.

 
Praxis-Beispiel

Vorsteuerabzug nach Wechsel zur Durchschnittssatzbesteuerung

Unternehmer U hat bis zum Kj. 2020 die Ermittlung der Vorsteuerbeträge nach § 15 UStG vorgenommen. Für 2021 hat er erstmals die Besteuerung nach § 23 UStG beantragt und durchgeführt. Aus einer im Dezember 2020 erfolgten Lieferung an ihn erhält er die Rechnung erst im Januar 2021. Da erstmals im Januar 2021 alle Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 UStG vorliegen, kann die Vorsteuer erst für 2021 abgezogen werden. Die Besteuerung nach § 23 UStG für 2021 steht diesem Vorsteuerabzug nicht entgegen, da der Leistungsbezug noch unter der Regelbesteuerung erfolgte.

 

Rz. 51

Im Fall des Wechsels von der Besteuerung nach Durchschnittssätzen zur Regelbesteuerung gilt Entsprechendes, sodass ein Leistungsbezug zurzeit der Anwendung der Regelung des § 23 UStG den Vorsteuerabzug auch dann ausschließt, wenn sämtliche Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 UStG erstmals zu einem Zeitpunkt vorliegen, zu dem der Unternehmer wieder zur Regelbesteuerung übergegangen ist.

 
Praxis-Beispiel

Vorsteuerabzug nach Wechsel zur Durchschnittssatzbesteuerung

Unternehmer U hat bis zum Kj. 2020 die Ermittlung der Vorsteuerbeträge nach den Durchschnittssätzen des § 23 UStG vorgenommen. Im Kj. 2020 hat er die maßgebliche Umsatzgrenze des § 69 Abs. 3 UStDV überschritten, sodass ab dem Kj. 2021 die Besteuerung nach den allgemeinen Grundsätzen des § 15 UStG erfolgen muss. Aus einer im Dezember 2020 erfolgten Lieferung an ihn erhält er die Rechnung erst im Januar 2021. Da erstmals im Januar 2021 alle Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 UStG vorliegen, könnte die Vorsteuer erst für 2021 abgezogen werden. Da in 2020 die Ermittlung der Vorsteuerbeträge aber noch nach § 23 UStG erfolgte, kann diese Vorsteuer auch in 2021 nicht abgezogen werden.

 

Rz. 52

Hat der Unternehmer mehrere Betriebe, für die er nicht einheitlich die Vorsteuerbeträge entweder nach den Durchschnittssätzen oder den Regelvorschriften des § 15 UStG ermittelt, hat eine Zuordnung der Vorsteuerbeträge zu den einzelnen Betrieben nach objektiven wirtschaftlichen Kriterien zu erfolgen. Kann eine eindeutige Zuordnung des Leistungsbezugs zu einem der Betriebe nicht erfolgen, erfolgt eine Aufteilung der Vorsteuerbeträge in analoger Anwendung des § 15 Abs. 4 UStG.[3]

[1] A. A. Stadie, in Rau/Dürrwächter, UStG, § 23 UStG Rz. 90, der auf ein Prinzip der wirtschaftlichen Zuordnung abstellt.
[3] BFH v. 10.11.1994, V R 87/93, BStBl II 1995, 218 zu der vergleichbaren Frage bei der Anwendung des § 24 UStG.

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