Rz. 35

Die in der ersten Fassung des § 22f UStG geforderte "Bescheinigung über die steuerliche Erfassung" stellte das zentrale Element der besonderen Aufzeichnungspflichten für die damals so bezeichneten elektronischen Marktplätze dar.[1] Die S. 2 und 3 des § 22f Abs. 1 UStG a.F. regelten die Einzelheiten des Nachweises der nach S. 1 der Regelung aufzuzeichnenden Angaben. Nach dem S. 2 der Regelung war der Nachweis über die Angaben nach S. 1 Nr. 1 bis 3 vom Betreiber durch eine im Zeitpunkt der Lieferung des Unternehmers gültige, auf längstens drei Jahre befristete Bescheinigung über die steuerliche Erfassung des für den liefernden Unternehmer zuständigen Finanzamts zu führen. Nach dem S. 3 wurde die Bescheinigung auf Antrag des liefernden Unternehmers vom zuständigen Finanzamt zunächst in Papierform erteilt.[2] Mit BMF-Schreiben vom 17.12.2018[3] hatte die Verwaltung die Einzelheiten dieses Bescheinigungsverfahrens geregelt. Nach dem Abs. 2 dieser Regelung konnte für die Antragstellung das Vordruckmuster "USt 1 TJ"[4] verwendet werden. Wurde dieses Vordruckmuster nicht verwendet, dann waren die hierin verlangten Angaben in dem Antrag anzugeben. Der Antrag war schriftlich per Post oder E-Mail an das zuständige Finanzamt zu senden, was in Anbetracht des Standes des elektronischen Datenverkehrs schon damals etwas anachronistisch anmutete.

 

Rz. 36

Dieses "Bescheinigungsverfahren" gilt seit dem 1.7.2021 nicht mehr.[5] Der Nachweis der Unternehmereigenschaft des leistenden Unternehmers erfolgt seitdem nur noch über die zwingend erforderliche USt-IdNr., was zweifellos eine bessere Lösung ist, als das eher umständliche und kaum zeitgerechte Bescheinigungsverfahren. Wegen des engen zeitlichen Bezugs zu der alten Regelung soll im Folgenden aber dennoch näher auf das Bescheinigungsverfahren eingegangen werden.

 

Rz. 37

Nach dem Abs. 3 der vorgenannten Verwaltungsanweisung war die Bescheinigung über die Erfassung als Steuerpflichtiger (Unternehmer) i. S. v. § 22f Abs. 1 S. 2 UStG längstens gültig bis zum 31.12.2021. Die Gültigkeit der Bescheinigung erlosch spätestens sechs Monate nach Veröffentlichung des BMF-Schreibens nach § 27 Abs. 25 S. 1 UStG. Nach Abs. 4 wurde die Bescheinigung bis zur Einrichtung eines elektronischen Datenabrufverfahrens übergangsweise in Papierform erteilt. Nach Abs. 5 waren die Vordrucke auf der Grundlage des unveränderten Vordruckmusters herzustellen. Nach dem Abs. 6 dieses BMF-Schreibens konnte die dem Unternehmer erteilte Papierbescheinigung von diesem in ein elektronisches Format überführt und auf elektronischem Weg weitergeleitet werden. In Rz. 6 des BMF-Schreibens vom 28.1.2019[6] regelte das BMF die Fälle, in denen keine Bescheinigung nach § 22f Abs. 1 S. 2 UStG ausgestellt werden musste (Rz. 11f.); hier ging es im Wesentlichen um Sachverhalte, in denen die Leistungen in Deutschland nicht steuerbar waren. Allerdings konnten auch Kleinunternehmer eine Bescheinigung über ihre steuerliche Erfassung erhalten.[7] Das war m. E. systemgerecht, weil diese ansonsten faktisch von der Teilnahme am Handel über elektronische Marktplätze ausgeschlossen gewesen wären. Zu beachten ist, dass jedem Unternehmer nur eine Bescheinigung erteilt wurde, bei Verlust konnte aber eine Ersatzbescheinigung ausgestellt werden. Bei Änderung der Grunddaten (z. B. Adresse) konnte auf Antrag eine neue Bescheinigung erteilt werden.[8]

 

Rz. 38

Dem BMF-Schreiben vom 17.12.2018[9] war nicht nur ein Muster der Bescheinigung (USt 1 TJ) beigefügt, sondern auch der Vordruck zur Beantragung einer derartigen Bescheinigung (USt 1 TI).[10] In diesem Antrag wurde u. a. nach einer umsatzsteuerlichen Erfassung im Inland und nach Name und Anschrift des Empfangsbevollmächtigten gefragt. Sollte ein solcher Empfangsbevollmächtigter erforderlich sein – etwa weil ein ausländischer Unternehmer keinen Sitz im Inland hat –, dann konnte er ohne Benennung eines Empfangsbevollmächtigten keine Bescheinigung erhalten. Die Bescheinigung konnte nur der Unternehmer erhalten, der alle erforderlichen Angaben machte. Im Ergebnis führte dies zum Ausschluss von inländischen elektronischen Marktplätzen für alle solche Unternehmer, die keine ausreichenden Angaben gegenüber den inländischen Finanzbehörden machen wollten. Das stellte m. E. einen durchaus pragmatischen Ansatz zur Bekämpfung der Steuerhinterziehung im Bereich des Onlinehandels dar. Wenn der Betreiber eines elektronischen Marktplatzes nur (einigermaßen) ordentlich auf die Beachtung seiner Aufzeichnungspflichten achtete und insbesondere die erforderlichen Bescheinigungen beiholte, dann durfte allein dieser Effekt erheblich zur ordnungsgemäßen Umsatzbesteuerung beim Onlinehandel beitragen; auf eine Haftung des Betreibers des elektronischen Marktplatzes lief es dann nur selten hinaus. I.E. diente die Bescheinigung als Nachweis für den Betreiber des Marktplatzes, dass dieser Unternehmer steuerlich erfasst war.[11]

Im Gegenzug war allerdings zu beachten, dass der Plattformbetreiber, der keine Bescheinigung ü...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge