Rz. 13

Bei Einführung der Fiskalvertreterregelung zum 1.1.1997 wurden die §§ 22a ff. UStG mit Art. 21 der 6. EG-Richtlinie begründet. Art. 21 der 6. EG-Richtlinie in der 1997 geltenden Fassung regelte den "Steuerschuldner gegenüber dem Fiskus"[1], ergänzt durch Art. 22 Abs. 7 der 6. EG-Richtlinie, nach der die Mitgliedstaaten alle erforderlichen Maßnahmen treffen, damit Personen, die anstelle eines im Auslands ansässigen Steuerpflichtigen als Steuerschuldner anzusehen sind, die Verpflichtungen zur Erklärung und Zahlung erfüllen.

 

Rz. 14

§ 22a UStG regelt die Fiskalvertretung ausschließlich für die Fälle, in denen der vertretene Unternehmer nur steuerfreie Umsätze ausführt und auch keinen Vorsteuerabzug geltend machen kann. Insoweit konnte – dem Wortlaut des Art. 21 der 6. EG-Richtlinie folgend – gar kein "Steuerschuldner" vorhanden sein, für den ein Steuervertreter bestimmt wird. Es könnte ein qualitativer Unterschied sein, ob ein Vertreter nur Erklärungs- und Meldezwecke zu erfüllen hat oder ob er als Steuerschuldner bestimmt ist. Aus diesen Gründen sind bei Einführung der Fiskalvertreterregelung auch Zweifel aufgekommen, ob die nationale Regelung über das Unionsrecht abgedeckt war.[2]

 

Rz. 15

Entgegen dieser Auffassung wurde aber auch vertreten, dass die Fiskalvertretung auch die Steuerschuldnerschaft des Fiskalvertreters mit erfasse, diese wegen der Voraussetzungen der Fiskalvertretung in Deutschland aber zwingend immer null betragen muss.[3] Da sich wegen der vom vertretenen Unternehmer in Deutschland nur steuerfrei ausgeführten Umsätze und des Ausschlusses einer Vorsteuerabzugsberechtigung keine Steuerschuld ergeben kann, ergeben sich nur die vom Fiskalvertreter zu übernehmenden Erklärungs- und Meldeverpflichtungen sowie die damit verbundenen Aufzeichnungspflichten. Dadurch seien im Ergebnis – trotz formal abweichendem Wortlaut – die Regelungen zur Fiskalvertretung durch das Unionsrecht abgedeckt.[4]

 

Rz. 16

Der Auffassung, dass die nationalen Regelungen zur Fiskalvertretung durch die Vorgaben des Unionsrechts bei deren Einführung abgedeckt waren, ist zuzustimmen. Wenn sich nach den Vorgaben des Unionsrechts die Möglichkeit ergibt, auf einen Vertreter die Steuerschuld – dann auch verbunden mit Erklärungs- und Meldeverpflichtungen – zu übertragen, können keine ernsthaften Zweifel an der Übertragung nur der Erklärungs- und Meldeverpflichtungen bestehen. Hinzu kommt, dass die Fiskalvertretung für den vertretenen Unternehmer ein Wahlrecht darstellt und er selbst darüber zu bestimmen hat, ob er von dem Vertretungsangebot Gebrauch machen will oder nicht.

 

Rz. 17

Mit Wirkung zum 1.1.2002 musste eine geänderte Fassung des Art. 21 der 6. EG-Richtlinie in die nationalen Umsatzsteuergesetze der Europäischen Union umgesetzt werden.[5] Nach Art. 21 Abs. 2 Buchst. a der 6. EG-Richtlinie i. d. F. vom 1.1.2002 können Mitgliedstaaten dem Steuerschuldner gestatten, einen Steuervertreter zu benennen, der die Steuer schuldet. Dabei können die Mitgliedstaaten die Bedingungen und Modalitäten bestimmen, unter denen diese Möglichkeiten umzusetzen sind. Während die bis zum 31.12.2001 geltende Fassung der 6. EG-Richtlinie dem Mitgliedstaat die Möglichkeit einräumte, zwingend einen Vertreter für einen ausländischen Unternehmer bestellen zu müssen, wurde die Möglichkeit des obligatorischen Vertreters nach der Neufassung nur noch für Unternehmer aus einem Staat zugelassen, mit dem keine Rechtsvereinbarung über gegenseitige Amtshilfe besteht. Da die Regelung zur Fiskalvertretung in Deutschland von Beginn an als Wahlmöglichkeit ausgestaltet war, ergab sich durch die Änderungsrichtlinie der Europäischen Union kein nationaler Anpassungsbedarf.

 

Rz. 18

Zum 1.1.2007 wurden die bisher unionsrechtlich vorhandenen Vorschriften der 6. EG-Richtlinie in die MwStSystRL überführt. Dabei sind die inhaltlichen ­Regelungen des Art. 21 Abs. 2 Buchst. a und b der 6. EG-Richtlinie in Art. 204 MwStSystRL (Kannbestimmung) übernommen worden. Inhaltlich hat sich dadurch keine Veränderung ergeben: Für ausländische Unternehmer kann grundsätzlich gestattet werden, einen Steuervertreter zu bestellen, der die Steuer schuldet. Nur für ausländische Unternehmer aus einem Drittstaat[6] kann die Bestellung eines Steuervertreters zwingend vorgeschrieben werden; dies gilt aber nicht, soweit der aus dem Drittlandsgebiet stammende Unternehmer das besondere Besteuerungsverfahren des "One-Stop-Shop" für Dienstleistungen anwendet. Für die wahlweise Inanspruchnahme der Steuervertreterregelung legen die Mitgliedstaaten die Voraussetzungen und Modalitäten fest, Art. 204 Abs. 2 MwStSystRL. Damit entsprechen im Ergebnis die Regelung der §§ 22a22e UStG den Vorgaben des Unionsrechts, selbst wenn weiterhin das Unionsrecht von einem "Steuerschuldner" ausgeht.

[1] In Art. 21 Nr. 1 Buchst. a der 6. EG-Richtlinie war u. a. geregelt: "Wird die steuerpflichtige Lieferung von Gegenständen bzw. die steuerpflichtige Dienstleistung von einem nicht im Inland ansässigen Steuerpflichtigen bewirkt bzw. ...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge