Rz. 164

Gem. Art. 79 Abs. 1 Buchst. a UZK entsteht eine Einfuhrzollschuld, wenn eine einfuhrabgabenpflichtige Ware der zollamtlichen Überwachung entzogen wird. Die sinngemäße Anwendung auf die EUSt gem. § 13 Abs. 2 i. V. m. § 21 Abs. 2 UStG bedeutet, dass die EUSt mit dem Entzug von eustpflichtigen Gegenständen aus der zollamtlichen Überwachung entsteht.

 

Rz. 165

Die zollamtliche Überwachung von Waren wird begründet, sobald diese in das Zollgebiet der Union verbracht werden (Art. 134 Abs. 1 UZK), und in sinngemäßer Anwendung auf die EUSt, wenn Gegenstände ins Inland verbracht werden. Der Verkehr mit Waren über die Landesgrenze sowie über die Freizonengrenzen wird zollamtlich überwacht (§ 1 Abs. 1 S. 1 ZVG). Die zollamtliche Überwachung dient insbesondere der Erhebung der Einfuhrabgaben und der Einhaltung des Zollrechts (§ 1 Abs. 1 S. 2 ZVG). Die Verletzung dieser zollamtlichen Überwachung hat daher die Einfuhrabgabenentstehung zur Folge. Die zollamtliche Überwachung dauert solange an, bis die Nicht-Unionswaren ihren zollrechtlichen Status wechseln, in eine Freizone verbracht, wieder ausgeführt oder zerstört werden (Art. 134 Abs. 1 UA 4 UZK). Das bedeutet für die EUSt, dass die zollamtliche Überwachung i. d. R. andauert, bis die Waren zollamtlich freigegeben werden.

 

Rz. 166

Die zollamtliche Überwachung ist nur verletzt, wenn die Waren dieser Überwachung entzogen werden, d. h. wenn eine zollamtliche Überwachung besteht und konkrete zollamtliche Überwachungsmaßnahmen nicht mehr ergriffen werden können. Während die allgemeine zollamtliche Überwachung mit dem Überschreiten der Zollgebietsgrenze beginnt (Rz. 233c), wird die konkrete zollamtliche Überwachung i. S. v. Art. 79 Abs. 1 Buchst. a UZK erst durch die Gestellung von Waren bei der Einfuhrzollstelle begründet; damit gelangt die verbrachte Ware in den tatsächlichen Einflussbereich der Zollbehörden.[1]

 

Rz. 167

Eine zollamtliche Überwachung besteht nur insoweit, als die Zollbehörde auf eine Ware Einfluss nehmen kann; dies ist z. B. nicht der Fall, wenn Beförderungsmittel in der vorübergehenden Verwendung vorschriftswidrig verwendet oder gar veräußert werden.[2]  Liegt dagegen keine allgemeine, sondern eine spezielle Bewilligung zu einer Verwendung vor, stellt die Abgabe der Ware an eine unberechtigte Person ein Entziehen aus der zollamtlich überwachten Verwendung dar. Durch die Abfertigung zu einem Versandverfahren wird das Versandgut unter zollamtliche Überwachung gestellt; zwar gelangt die Ware nach dem Verlassen des Amtsplatzes aus dem unmittelbaren Gewahrsam der Zollstelle; die zollamtliche Überwachung wird jedoch dadurch gewährleistet, dass die Ware unter Zollverschluss befördert wird und diese Sicherung nur durch Zollbehörden oder von ihnen befugte Personen aufgehoben werden kann.[3]  Die Trennung von Versandgut und Versandpapieren muss ebenso wenig einen Entzug aus der zollamtlichen Überwachung darstellen[4] wie das Abweichen von der kürzesten Versandstrecke oder die Gestellung bei einem anderen als der im Versandpapier genannten Bestimmungszollstelle (s. jedoch Rz. 236b und d). Dagegen sind Waren der zollamtlichen Überwachung auch dann entzogen, wenn sie dieser nur vorübergehend kurzfristig entzogen werden; denn für diese Zeitspanne sind zollamtliche Überwachungsmaßnahmen nicht mehr möglich, aber auch die zutreffende Abgabenerhebung, die durch die zollamtliche Überwachung geschützt werden soll, ist gefährdet. Ein Entziehen aus der zollamtlichen Überwachung stellt jede Handlung und Unterlassung dar, die dazu führt, dass die zuständige Zollstelle auch nur zeitweise am Zugang zu einer unter zollamtlichen Überwachung stehenden Ware und der Durchführung der vorgesehenen Prüfung gehindert ist.[5]  Werden die Zollverschlüsse unbefugt entfernt und über die Ware frei verfügt, sind diese der zollamtlichen Überwachung entzogen.[6]  Ist der Verbleib des Versandguts nicht mehr feststellbar, entsteht die Zollschuld durch Verstoß gegen Beförderungsverpflichtungen gem. Art. 79 Abs. 1 Buchst. a UZK.[7]

 

Rz. 168

Eine derartige Gefährdung ist bei einem Entfernen von Nicht-Unionswaren aus der vorübergehenden Verwahrung oder aus einem Zolllager nicht gegeben, wenn aufgrund der Verwahrungs- bzw. Lagerbuchführung der Standort der Ware unschwer von der Zollbehörde festgestellt werden kann[8]; in diesem Fall kann jedoch eine Pflichtverletzung vorliegen, die zur Zollschuldentstehung durch Verstoß gegen Verwahrungs- und Lagerverpflichtungen gem. Art. 79 Abs. 1 Buchst. a UZK führt. Ein Entziehen liegt auch vor, wenn die Ware deshalb nicht mehr vorhanden ist, weil sie verarbeitet, vermischt, vernichtet oder zerstört wurde.

 

Rz. 168a

Die Annahme einer die Zollschuld begründenden Entziehung aus der zollamtlichen Überwachung führt nur bedingt auch zur Entstehung einer EUSt. Eine Verbrauchsteuer wie die EUSt kann nur entstehen, wenn die Gegenstände eingeführt wurden, dh. in den Wirtschaftskreislauf des Inlands gelangt sind und einem Verbrauch zugeführt werden können.[9] Gegenstände, die sich ...

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