Rz. 137

Gem. Art. 77 Abs. 1 Buchst. a UZK entsteht die Einfuhrzollschuld durch Überführung von einfuhrabgabenpflichtigen Nicht-Unionswaren in ein Zollverfahren, nämlich Überlassung zum zollrechtlich freien Verkehr. Es handelt sich hierbei um die ordnungsgemäße Abfertigung aufgrund einer Anmeldung von Waren, die entweder zollpflichtig als Nicht-Unionswaren eingeführt worden sind und unmittelbar daran zur Überführung in den freien Verkehr angemeldet werden oder sich bereits in einem Zollverfahren befunden haben und aus diesem in den freien Verkehr überführt werden sollen (z. B. nach Lagerung oder Versand).

 

Rz. 138

Der weitere Abgabenentstehungstatbestand in Art. 77 Abs. 1 Buchst. b UZK betrifft nicht die EUSt bei der Einfuhr. Nach dieser Vorschrift entsteht ein Zoll, wenn einfuhrabgabenpflichtige Waren aus dem Verfahren der vorübergehenden Verwendung unter teilweiser Befreiung von Einfuhrabgaben in den freien Verkehr überführt werden sollen. Die Vorschriften über das Verfahren der vorübergehenden Verwendung unter teilweiser Abgabenbefreiung sind von der Anwendung auf die EUSt ausgeschlossen (§ 21 Abs. 2 UStG). Die EUSt wird anlässlich der Abfertigung zu diesem Verfahren bereits in voller Höhe erhoben. Der nachträglich gemäß Art. 77 Abs. 1 Buchst. b UZK entstandene Zoll gehört zwar nicht zur Bemessungsgrundlage der EUSt bei der Einfuhr (§ 11 Abs. 3 Buchst. 2 UStG); es entsteht aber aufgrund von § 21 Abs. 4 S. 1 UStG eine weitere EUSt, deren Bemessungsgrundlage der nachträglich entstandene Zoll ist (Rz. 326ff.).

 

Rz. 139

Einfuhrabgabenpflichtig i. S. v. Art. 77 Abs. 1 UZK sind Waren, für die im Zolltarif ein Zollsatz ausgewiesen ist. Insofern wird nicht darauf abgestellt, ob eine Ware außertariflich zollfrei ist; auch diese Waren sind grundsätzlich zollpflichtig. Die außertarifliche Vorzugsbehandlung kommt nur unter besonderen Voraussetzungen auf Antrag zur Geltung, z. B. als Heirats- oder Umzugsgut, als wissenschaftliche Geräte für bestimmte Institute. Daher sind grundsätzlich auch außertarifliche Waren anmeldepflichtig (Art. 158 Abs. 1 UZK). Die eingeführten Waren müssen, um in den freien Verkehr überführt zu werden und damit ihren Status als Nicht- Unionswaren zu verlieren, einer Zollbehandlung, die durch die Zollanmeldung eingeleitet wird, unterzogen werden, in der entweder die Abgabenfreiheit oder die Einfuhrabgaben festgestellt werden. Werden nicht vorhandene Waren angemeldet, kann hierfür keine Zollschuld entstehen[1].

 

Rz. 140

Die sinngemäße Anwendung auf die EUSt bedeutet, dass für eustpflichtige Gegenstände die Einfuhrabfertigung zur Überführung in den eustrechtlich freien Verkehr beantragt werden muss. Pflichtig sind gem. § 1 Abs. 1 Nr. 4 UStG sämtliche Gegenstände, die ins Inland eingeführt werden. Ob und in welcher Höhe EUSt entsteht, richtet sich nach §§ 12 und 5 UStG i. V. m. der EUStBV.

 

Rz. 141

Zwar entsteht die Zollschuld nach Art. 77 Abs. 1 Buchst. a UZK in dem Zeitpunkt, in dem die betreffende Zollanmeldung angenommen wird (Art. 77 Abs. 2 UZK i. V. m. Art. 85 UZK). Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass die Waren aufgrund dieser Zollanmeldung in den zollrechtlichen freien Verkehr überführt werden[2]. Werden im Laufe der Zollbehandlung Waren ohne Zollabfertigung vom Amtsplatz der Zollstelle – auch nur zeitweise – entfernt, wird die Zollschuldentstehung nach Art. 77 Abs. 1 UZK durch Art. 79 Abs. 1 Buchst. a UZK verdrängt. Die Zollschuld entsteht daher nicht mit der zeitlich vorangegangenen Annahme der Zollanmeldung (Art. 77 Abs. 2 UZK), sondern in dem Zeitpunkt, in dem die Ware der zollamtlichen Überwachung entzogen wird (Art. 79 Abs. 2 Buchst. a UZK). Bezieht sich die Zollanmeldung nur auf einen Teil der Warenladung, entsteht für die restliche nicht abgefertigte Ladung die Zollschuld nicht nach Art. 77 Abs. 1 Buchst. a UZK mit der Annahme der unvollständigen Zollanmeldung, sondern mit dem Verlassen des Amtsplatzes nach Art. 79 Abs. 1 Buchst. a UZK, wenn es sich bei der unterlassenen Anmeldung um den Versuch handelt, die Waren der zollamtlichen Überwachung zu entziehen, z. B. die nicht angemeldeten Waren werden anlässlich einer Kontrolle festgestellt. Ebenfalls entsteht die EUSt, weil die nicht angemeldeten und damit nicht abgefertigten und überlassenen Gegenstände ohne Zollbehandlung in den Wirtschaftskreislauf des Inlands getreten sind.[3]

 

Rz. 142

Art. 77 Abs. 2 UZK bestimmt i. V. m. Art. 85 UZK den maßgebenden Zeitpunkt für die Feststellung der Bemessungsgrundlagen. Diese Verknüpfung des Zeitpunkts der Entstehung der Abgaben mit dem maßgebenden Zeitpunkt für die Bemessungsgrundlage entspricht Art. 70 und 71 MwStSystRL.

 

Rz. 143

Die Regelung im UZK, dass die Zollschuldentstehung mit der Überführung in den freien Verkehr entsteht, ist Ausdruck des Wirtschaftszollgedankens. Nach Art. 201 Abs. 3 UZK erhalten Nicht-Unionswaren durch die Überlassung zum freien Verkehr den Status von Unionswaren, d. h. durch die Überlassung der Ware grundsätzlich nach Entrichtung der Einfuhrabgaben. Dadurch wird der notwendi...

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