Rz. 123

Die Einfuhrzollschuld entsteht grundsätzlich durch die Überführung von einfuhrabgabenpflichtigen Nicht-Unionswaren in das Zollverfahren der Überlassung zum freien Verkehr und im Rahmen der Vorschriften über die Endverwendung (Art. 77 Abs. 1 Buchst. a UZK). Neben der Regelzollschuldentstehung aufgrund einer ordnungsgemäßen Zollanmeldung kann eine Zollschuld auch dadurch entstehen, dass Vorschriften über das Verbringen, die Gestellung, die vorübergehende Verwahrung, die zollamtliche Überwachung oder Vorschriften eines Zollverfahrens verletzt werden.

Im Gegensatz zur fr. Regelung in den Art. 202 ZK bis 204 ZK a. F. werden in Art. 79 Abs. 1 UZK die Tatbestände zusammengefasst, bei denen eine Zollschuld durch Verstöße entsteht. Bei diesen Verstößen unterscheidet

- Nichterfüllung von Verpflichtungen (Art. 79 Abs. 1 Buchst. a)

- beim Verbringen von Waren in das Zollgebiet,

- durch Entziehen von Waren aus der zollamtlichen Überwachung,

- in einem besonderen Zollverfahren (Beförderung, Veredelung, Lagerung, vorübergehende Verwendung oder Verwertung),

- Verfehlungen in der Endverwendung (Art. 79 Abs. 1 Buchst. b) und

- fehlende Voraussetzung für die Überführung in ein Zollverfahren oder für die Gewährung von Abgabenfreiheit bei der Endverwendung (Art. 79 Abs. 1 Buchst. c).

Nach Art. 78 UZK entsteht für bestimmte Nichtursprungswaren, für die das Verbot der Rückvergütung oder Befreiung von Einfuhrabgaben gilt, durch die Annahme der Wiederausfuhranmeldung ein Einfuhrzollschuld.

 

Rz. 124

Das Unionsrecht kennt keine Konkurrenzbestimmung der Rangfolge der unterschiedlichen Zollschuldentstehungstatbestände; diese stehen grundsätzlich selbstständig nebeneinander. Die fr. Abgrenzungsschwierigkeiten (z. B. zwischen Art. 203 ZK und Art. 204 ZK) sind dadurch behoben, dass die Verstöße gegen das Zollrecht in einem Tatbestand zusammengefasst sind; dadurch gelten unabhängig vom einzelnen Verstoß einheitliche Regelungen für Erlöschen der Zollschuld und für die Zollschuldnerschaft.

 

Rz. 125

Eine spezielle Regelung, wonach die erstmalige Zollschuldentstehung maßgebend ist, besteht im UZK nicht. Gleichwohl wird auch im Unionsrecht die zeitliche Reihenfolge der Schuldentstehungstatbestände zumindest hinsichtlich ein und derselben Person beachtet.

 

Rz. 126

Wird eine Pflichtverletzung begangen, bevor eine Ware in ein Zollregime, d. h. in die zollamtliche Überwachung gelangt, handelt es sich um Verpflichtungen, die das Verbringen in das Zollgebiet der Union betreffen. In diesen Fällen wird keine oder eine unzutreffende summarische Eingangsanmeldung (Art. 127 UZK) oder Ankunftsmeldung (Art. 133 UZK) abgegeben, die Ware nicht unverzüglich zu der Gestellungszollstelle befördert oder nicht oder nicht vollständig gestellt (Art. 139 UZK). Inwieweit dadurch auch ein Entzug aus der zollamtlichen Überwachung vorliegt, spielt keine weitere Bedeutung mehr.

 

Rz. 127

Mit ihrer Gestellung erhalten die verbrachten Waren die Rechtsstellung von Waren in der vorübergehenden Verwahrung (Art. 144 UZK). In der vorübergehenden Verwahrung kann eine Zollschuld entstehen

  1. durch Entzug von Waren aus der zollamtlichen Überwachung, z. B. durch – auch nur zeitweises – Entfernen vom Verwahrungsort, oder
  2. durch Verletzung einer Pflicht aus der vorübergehenden Verwahrung in Bezug auf die

    (1) Anmeldung zur vorübergehenden Verwahrung (Art. 145 UZK),

    (2) Warenbehandlung (Art. 147 Abs. 2 UZK,

    (3) Bedingungen für das Verwahrlager (Art. 148 UZK),

    (4) Beendigung der vorübergehenden Verwahrung (Art. 149 UZK).

 

Rz. 128

Pflichtverletzungen in der vorübergehenden Verwahrung können auch mit Entziehungshandlungen aus der zollamtlichen Überwachung zusammenfallen, z. B. Entfernen von Waren vom Ort der Gestellung ohne Abgabe einer Zollanmeldung. Durch das Entziehen aus der zollamtlichen Überwachung (aufgrund des Verlassens des Amtsplatzes der Zollstelle) wird auch endgültig die Verpflichtung verletzt, die vorübergehende Verwahrung durch die Wahl und damit durch die Anmeldung zu einem Zollverfahren zu beenden (Art. 149, Art. 150, Art. 170 UZK).

 

Rz. 129

Die Vorschriften über die Entstehung der Zollschuld (Art. 77 UZK – Art. 88 UZK) sind gem. § 13 Abs. 2 i. V. m. § 21 Abs. 2 UStG sinngemäß auf die EUSt anzuwenden. Diese Regelung entspricht der MwStSystRL über die Einfuhr von Gegenständen. Nach Art. 70 MwStSystRL treten Steuertatbestand und Steueranspruch zu dem Zeitpunkt ein, in dem die Einfuhr des Gegenstands erfolgt. Unterliegen die eingeführten Gegenstände Zöllen, treten Steuertatbestand und Steueranspruch zu dem Zeitpunkt ein, in dem Tatbestand und Anspruch für den Zoll entstehen. Unterliegen die eingeführten Gegenstände keinem Zoll, sind auf Steuertatbestand und Steueranspruch die für Zölle geltenden Vorschriften anzuwenden (Art. 71 Abs. 2 MwStSystRL). Unterliegen Gegenstände vom Zeitpunkt ihrer Verbringung an einem besonderen Zollverfahren, tritt der Steuertatbestand erst zu dem Zeitpunkt ein, zu dem die Gegenstände diesem Verfahren nicht mehr unterliegen.[1]

 

Rz. 130

Die MwStSystRL regelt in Art. 70f....

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