Rz. 93

Die Berechnung der USt nach vereinnahmten Entgelten setzt – unabhängig davon, auf welchem Rechtsgrund der Antrag beruht – einen Antrag des Unternehmers voraus (§ 20 Abs. 1 S. 1 UStG). Der Antrag kann ausdrücklich von dem Unternehmer gestellt werden, ist aber an keine bestimmte Form gebunden. Der Antrag ist an das für die Besteuerung der Umsätze des Unternehmers nach § 21 AO zuständige FA zu richten.

 

Rz. 94

Der Antrag auf Gestattung der Berechnung der USt nach vereinnahmten Entgelten ist an keine Frist gebunden.[1] Unabhängig von der Entstehung der USt nach vereinbarten Entgelten kann ein Antrag auf Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten daher grundsätzlich auch noch im Laufe und selbst nach Ablauf eines Jahres – also rückwirkend – gestellt und genehmigt werden. Es ist jedoch allgemein anerkannt, dass die Gestattung jedenfalls dann nicht mehr zulässig ist, wenn sie sich auf einen Besteuerungszeitraum erstreckt, der bereits durch eine bestandskräftige Umsatzsteuerfestsetzung abgeschlossen ist. Die Finanzverwaltung hat in diesem Zusammenhang in Abschn. 20.1 Abs. 1 UStAE festgestellt, dass der Antrag bis zum Eintritt der formellen Bestandskraft der jeweiligen Umsatzsteuer-Jahresfestsetzung gestellt werden kann. Die Aussage beruht auf den Erkenntnissen aus der Rechtsprechung des BFH[2], wobei sich der BFH 2008 mit dem rückwirkenden Wechsel von der Ist- zur Sollbesteuerung auseinandergesetzt hatte. Allerdings ist zu beachten, dass – anders als in § 19 Abs. 2 UStG – gesetzlich keine Frist gesetzt worden ist, nach der ein solcher Antrag zu stellen ist. In einer Entscheidung zum rückwirkenden Widerruf einer Option nach § 9 UStG – bei der ebenfalls keine gesetzliche Frist für die Option und den Widerruf vorliegt – hatte der BFH[3] dagegen festgestellt, dass die Option, wie auch der Widerruf, bis zur materiellen Bestandskraft ausgeübt werden kann. Inwieweit der V. Senat des BFH aber gewillt ist, in einer Entscheidung zu § 20 UStG von der Feststellung des XI. Senats abzuweichen, ist in der Entscheidung von 2013 offengelassen worden. Aus systematischen Gründen sprechen zumindest keine Gründe dagegen, einen Antrag auch bis zur materiellen Bestandskraft vornehmen zu können.

 

Rz. 95

Ein nach § 20 UStG erforderlicher Antrag für die Genehmigung der Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten statt nach vereinbarten Entgelten kann auch konkludent gestellt werden[4], dies kann auch durch eine Umsatzsteuer-Voranmeldung oder im Rahmen der Jahressteuererklärung erfolgen. Aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit muss dann aber deutlich erkennbar sein, dass die Umsätze auf der Grundlage der Ist-Einnahmen erklärt worden sind. Bei Vermietungsumsätzen, die in einer Umsatzsteuer-Voranmeldung erklärt werden, lässt sich nicht alleine aus Umsatzschwankungen mit der notwendigen Sicherheit ableiten, dass die Berechnung der USt nach vereinnahmten Entgelten durchgeführt worden ist. Aus Gründen der Rechtssicherheit und zum Nachweis sollte der Antrag in jedem Fall schriftlich gestellt werden. Bei der Neuanmeldung eines Unternehmens ist der Antrag auf Berechnung der USt nach vereinnahmten Entgelten regelmäßig durch Ankreuzen entsprechender Felder in dem allgemeinen Anmeldungsformular zu stellen. Hat der Unternehmer einen konkludenten Antrag auf Genehmigung der Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten beim FA gestellt, dann hat die antragsgemäße Festsetzung der USt den Erklärungsinhalt, dass der Antrag genehmigt worden ist; dies soll auch dann gelten, wenn das Finanzamt die Berechnung nach vereinnahmten Entgelten durch den Unternehmer zwar erkennen konnte, ein tatsächliches Erkennen und damit eine tatsächliche Ermessensausübung aber nicht festgestellt werden kann.[5]

 

Rz. 95a

Offensichtlich aufgrund der Rechtsprechung des BFH[6], dass der Antrag auf Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten auch konkludent gestellt werden kann, ist die Finanzverwaltung ab dem Besteuerungszeitraum 2019 dazu übergegangen, in den Jahressteuererklärungen[7] abzufragen, ob die Steuer nach vereinbarten Entgelten, nach vereinnahmten Entgelten oder teilweise nach vereinbarten oder vereinnahmten Entgelten berechnet wurde. Damit dürfte die Frage der zutreffenden Besteuerungsform in der Praxis keine Probleme mehr darstellen bzw. bei unklaren Fällen zeitnah geklärt werden können.

 

Rz. 96

Hat der Unternehmer den Antrag nach § 20 S. 1 UStG gestellt, bestehen für ihn keine Bindungsfristen. Anders als bei der Ausübung von anderen Wahlrechten (z. B. bei der Kleinunternehmerbesteuerung oder bei der Option auf die Umsatz- oder Erwerbsschwelle im Binnenmarkt), kann der Unternehmer jederzeit wieder zu der Berechnung der USt nach vereinbarten Entgelten zurückkehren. Grundsätzlich ist aber die Art der Berechnung der USt für das Kj. einheitlich zu wählen (Rz. 112ff.). Die Rückkehr zur Berechnung der USt nach vereinbarten Entgelten (Regelbesteuerung) muss nicht von der Finanzverwaltung gestattet werden.

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