Rz. 9

In dem ersten deutschen UStG folgte die Berechnung der USt dem Prinzip der Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten, auf Antrag war als Ausnahmeregelung eine Berechnung der USt nach vereinbarten Entgelten möglich. Nach dem UStG v. 26.7.1918[1] hatte der Steuerpflichtige eine Steuererklärung über den Gesamtbetrag der von ihm vereinnahmten Entgelte abzugeben. In der Fortentwicklung des Umsatzsteuerrechts wurde an diesem Prinzip festgehalten. In § 11 Abs. 1 UStG 1951[2] wurde der Grundtatbestand wie folgt geregelt:

Zitat

§ 11 UStG 1951 (Veranlagungszeitraum und Einzelbesteuerung):

(1) Bei der Berechnung der Steuer ist in den Fällen des § 11 Ziff. 1 und 2 vom Gesamtbetrag der Entgelte auszugehen, die der Unternehmer im Lauf eines Kalenderjahres für seine Umsätze vereinnahmt hat (Veranlagungszeitraum).

Von dem Grundsatz der Berechnung der USt nach vereinnahmten Entgelten gab es aber nach § 14 UStG 1951 eine antragsgebundene Ausnahme der Berechnung nach vereinbarten Entgelten:

Zitat

§ 14 UStG 1951 (Besteuerung nach vereinbarten Entgelten):

(1) Das FA kann auf Antrag gestatten, dass die Steuer nicht nach den vereinnahmten Entgelten (Isteinnahme), sondern nach den vereinbarten Entgelten für die bewirkten Umsätze ohne Rücksicht auf die Vereinnahmung (Solleinnahme) berechnet wird. Der Antrag kann auf einen von mehreren Betrieben des gleichen Unternehmens beschränkt werden. Dem Antrag ist nur stattzugeben, wenn Bücher nach den Vorschriften des Handelsgesetzbuches geführt werden.

 

Rz. 10

Mit dem Übergang zur "Mehrwertsteuer" durch das UStG 1967[3] wurde auch das Prinzip zur Berechnung der USt geändert. Da durch das UStG 1967 mit Wirkung zum 1.1.1968 erstmals die Möglichkeit eines Vorsteuerabzugs eingeführt wurde, ergab sich bei der Berechnung der USt nicht nur die Frage, nach welchem Prinzip eine USt entsteht, sondern auch die Frage des Zeitpunkts der Abzugsfähigkeit der Vorsteuer. Da der Vorsteuerabzug aus Vereinfachungsgründen unabhängig von der Berechnung der USt für die Ausgangsleistungen – zumindest in den Fällen, in denen die Leistung schon ausgeführt wurde – nicht von der Bezahlung der Eingangsleistung abhängig ist, wäre es bei Beibehaltung der Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten als Grundprinzip zu ungerechtfertigten Vorteilen für den Unternehmer gekommen, da die Zahlung der Steuer von der Finanzverwaltung kreditiert werden würde, der Vorsteuerabzug aber dem Grunde nach sofort geltend zu machen wäre.[4] Um bei der Vorsteuerabzugsberechtigung wie auch bei der Berechnung der USt für die Ausgangsleistungen zur Sicherung des Steueraufkommens gleiche umsatzsteuerrechtliche Grundprinzipien anzuwenden, wurde die Berechnung der USt nach vereinbarten Entgelten zum Regelfall und die Berechnung der USt nach vereinnahmten Entgelten zur Ausnahmeregelung bestimmt.

 

Rz. 11

Nach § 20 UStG 1967 wurde die Ausnahme der Berechnung der Steuer nach vereinnahmten Entgelten als antragsgebundene Regelung auf Unternehmer mit geringen Umsätzen bzw. nicht buchführungspflichtige Unternehmer beschränkt. § 20 UStG 1967 regelte die Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten wie folgt:

Zitat

§ 20 UStG 1967 (Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten):

(1) Das FA kann auf Antrag gestatten, dass ein Unternehmer,

  • dessen Gesamtumsatz (§ 19 Abs. 3) im vorangegangenen Kj. nicht mehr als 250.000 Deutsche Mark betragen hat,

    oder

  • der von der Verpflichtung, Bücher zu führen und aufgrund jährlicher Bestandsaufnahmen regelmäßig Abschlüsse zu machen, nach § 161 Abs. 2 der Reichsabgabenordnung befreit ist,

    die Steuer nicht nach den vereinbarten Entgelten für die ausgeführten Umsätze (Solleinnahmen), sondern nach den vereinnahmten Entgelten (Isteinnahmen) berechnet. Erstreckt sich die Befreiung nach Nr. 2 nur auf einzelne Betriebe des Unternehmers und liegt die Voraussetzung nach Nr. 1 nicht vor, so ist die Erlaubnis zur Besteuerung nach den Isteinnahmen auf diese Betriebe zu beschränken. Bei einem Wechsel der Besteuerungsart dürfen Umsätze nicht doppelt erfasst werden oder unversteuert bleiben.

(2) Ist die Besteuerung nach den Isteinnahmen gestattet, so treten in diesem Gesetz an die Stelle der vereinbarten Entgelte die vereinnahmten Entgelte. Bei der Berechnung der Steuer nach § 16 Abs. 1 und § 18 Abs. 2 ist anstatt von den ausgeführten Umsätzen von den für die Umsätze vereinnahmten Entgelten auszugehen.

 

Rz. 12

Entsprechend der Umkehrung des vorherigen Prinzips zur Berechnung der USt war in § 16 Abs. 1 UStG 1967 die Berechnung der Steuer für die Umsätze vorgeschrieben, die der Unternehmer in einem Kj. ausgeführt hat (Sollbesteuerung). Die Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten war damit seit dem 1.1.1968 die antragsgebundene Ausnahmeregelung bei der Berechnung der USt für die in § 20 Abs. 1 UStG 1967 aufgeführten Unternehmer.

 

Rz. 13

Nach langen Beratungen[5] im Vorfeld der Verabschiedung des UStG 1967 erfolgte eine Einigung, grundsätzlich allen Unternehmern, deren Gesamtumsatz nicht mehr als 250.000 DM im vorangegangenen Kj. betragen hat, die Möglichkeit der Berechnu...

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