Rz. 354

Unteilbare Leistungsbezüge (z. B. die Anschaffung von Gegenständen), die sowohl unternehmerisch als auch für private Zwecke verwendet werden, ordnet der Unternehmer dem Unternehmen im Regelfall insgesamt oder gar nicht zu. Bei Bezug eines einheitlichen Gegenstands, der sowohl für unternehmerische als auch für nichtwirtschaftliche Zwecke verwendet werden soll, ist nach der Auffassung der FinVerw eine Aufteilung ("Aufteilungsgebot") in einen dem Unternehmen zuzuordnenden Teil und einen dem Unternehmen nicht zuzuordnenden Teil vorzunehmen.[1]

 

Rz. 355

Die Zuordnungsentscheidung des Unternehmers, den bezogenen gemischt genutzten Gegenstand (insgesamt) für das Unternehmen zu verwenden, wird anerkannt, sofern die unternehmerische Nutzung mehr als nur unwesentlich ist, soweit der Gegenstand vor dem 1.4.1999 erworben wurde. In diesem Fall muss nur ein objektiver Zusammenhang mit dem Unternehmen bestehen. Bei Wirtschaftsgütern, die nach dem 31.3.1999 erworben worden sind, ist durch das StEntlGesetz 1999/2000/2002 eine Verwendung des Gegenstands i. H. v. mindestens 10 % für unternehmerische Zwecke in § 15 Abs. 1 S. 2 UStG festgeschrieben worden. Nach dem 31.3.1999 erworbene Wirtschaftsgüter, die zu weniger als 10 % für unternehmerische Zwecke verwendet werden, können nicht dem Unternehmen zugeordnet werden.

 

Rz. 356

Die Einschränkung bei der Zuordnung von gemischt genutzten Gegenständen nach § 15 Abs. 1 S. 2 UStG ist ein unionsrechtlicher Sonderweg von Deutschland, der einer Ermächtigung des Rats der EG/EU nach Art. 395 MwStSystRL bedarf.[2] Diese Ermächtigungen wurden bisher Deutschland jeweils befristet erteilt. Die erste Ermächtigung des Rats der EG[3] war befristet bis zum 31.12.2002. In der Folgezeit ergaben sich folgende Verlängerungen der Ermächtigung:

  • Rückwirkende Verlängerung durch Ratsbeschluss v. 13.5.2003[4] bis zum 1.7.2004.
  • Rückwirkende Verlängerung durch Ratsbeschluss v. 19.11.2004[5] bis zum 31.12.2009.
  • Verlängerung durch Ratsbeschluss v. 20.10.2009[6] bis zum 31.12.2012.
  • Verlängerung durch Ratsbeschluss v. 13.11.2012[7] bis zum 31.12.2015.
  • Verlängerung durch Ratsbeschluss v. 10.12.2015[8] bis zum 31.12.2018.
  • Verlängerung durch Ratsbeschluss v. 20.12.2018[9] bis zum 31.12.2021.
  • Verlängerung durch Ratsbeschluss v. 5.10.2021[10] bis zum 31.12.2024.

Da die Ermächtigungen teilweise mit zeitlicher Verzögerung erteilt wurden, ergeben sich jeweils Zeitabschnitte, in denen die gesetzliche Vorschrift des § 15 Abs. 1 S. 2 UStG nicht mit dem Unionsrecht vereinbar war, sodass sich ein Unternehmer auf die für ihn günstigere Regelung nach dem Unionsrecht berufen konnte.[11]

 

Rz. 356a

Ob die nunmehr in jedem Fall bis Ende 2024 abgesicherte Mindestnutzung für unternehmerische Zwecke nach § 15 Abs. 1 S. 2 UStG nur für die Fälle gilt, in denen der Gegenstand neben der unternehmerischen Verwendung für private (unternehmensfremde) Zwecke verwendet wird oder ob diese Regelung – so wie es die FinVerw sieht – auch dann zur Anwendung kommt, wenn ein Gegenstand neben einer geringen unternehmerischen Verwendung auch zu nichtwirtschaftlichen Zwecken verwendet wird, war Gegenstand eines Vorabentscheidungsersuchens beim EuGH. Da diese 10-%-Grenze zur Zuordnung zum Unternehmen unionsrechtlich über eine Ausnahmeregelung abgesichert werden muss, war fraglich, ob die Mitnutzung von Gegenständen zu mehr als 90 % im nichtwirtschaftlichen Bereich einer (auch) hoheitlich tätigen Gemeinde von der bisherigen Ratsermächtigung abgedeckt war. Der EuGH[12] hat dazu festgestellt, dass durch die bisherigen Ratsbeschlüsse ein Ausschluss der Zuordnungsmöglichkeit bei einer nichtwirtschaftlichen und einer unternehmerischen Nutzung nicht mit abgedeckt ist. Insoweit konnte die Gemeinde Potsdam-Mittelmark aus Gegenständen, die sie zu weniger als 10 %, ansonsten aber für nichtwirtschaftliche Zwecke verwendete, einen anteiligen Vorsteuerabzug vornehmen. Für die seit 2016 geltenden Ratsermächtigungen gilt diese Rechtsprechung allerdings nicht mehr. In der seit dem 1.1.2016 gültigen Genehmigung wird die Bundesrepublik Deutschland ermächtigt, die anfallende Mehrwertsteuer auf Gegenstände und Dienstleistungen, die zu mehr als 90 % für private Zwecke des Steuerpflichtigen oder seines Personals oder allgemein für unternehmensfremde Zwecke oder nichtwirtschaftliche Tätigkeiten genutzt werden, vollständig vom Recht auf Vorsteuerabzug auszuschließen. Damit ist für Leistungsbezüge seit dem 1.1.2016 die Zuordnung von Gegenständen zum Unternehmen und damit der Vorsteuerabzug nicht nur für Gegenstände ausgeschlossen, die zu mehr als 90 % für unternehmensfremde Zwecke (private Zwecke) verwendet werden, sondern auch für die Gegenstände, die zu mehr als 90 % für nichtwirtschaftliche Zwecke verwendet werden.

 

Rz. 357

Soweit ein Gegenstand insgesamt dem Unternehmen zugeordnet wird, unterliegt die nichtunternehmerische Verwendung dieses Gegenstands der Besteuerung als sonstige Leistung nach § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG, soweit aus dem Bezug dieses Gegenstands ein Vorsteuerabzug g...

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