Rz. 118

Das Halten von Beteiligungen an anderen Unternehmen kann aus umsatzsteuerrechtlicher Sicht in völlig unterschiedlicher Form beurteilt werden. Grundsätzlich ergeben sich hier die folgenden Möglichkeiten:

  • Der Gesellschafter ist nicht Unternehmer nach § 2 UStG und erlangt durch die Beteiligung keine Unternehmereigenschaft. In diesem Fall ergeben sich keine umsatzsteuerrechtlichen Schwierigkeiten, die Beteiligung wird nicht im Rahmen eines Unternehmens gehalten, ein Vorsteuerabzug aus damit im Zusammenhang stehenden Eingangsleistungen ergibt sich in Ermangelung der Unternehmereigenschaft des Gesellschafters nicht; ein Verkauf der Beteiligung vollzieht sich außerhalb der unternehmerischen Betätigung und ist deshalb nicht steuerbar.
  • Der Gesellschafter ist Unternehmer nach § 2 UStG, hält die Beteiligung aber nicht in seinem Unternehmen. In diesem Fall vollziehen sich Umsätze im Zusammenhang mit der Beteiligung (z. B. Anteilsveräußerungen) im Rahmen nicht steuerbarer Umsätze. Vorsteuerbeträge aus Leistungsbezügen, die unmittelbar mit der Beteiligung im Zusammenhang stehen, können nicht abgezogen werden, da die Leistung nicht für das Unternehmen bezogen wird. Eingangsleistungen, die nicht ausschließlich der Beteiligung oder den unternehmerischen Zwecken zugeordnet werden können, müssen analog § 15 Abs. 4 UStG aufgeteilt werden.
  • Der Gesellschafter ist Unternehmer nach § 2 UStG und kann die Beteiligung auch seinem Unternehmen zuordnen. In diesem Fall muss geprüft werden, ob eine umsatzsteuerrechtliche Organschaft vorliegt (Rz. 174ff.) und insoweit ein einheitliches Unternehmen vorliegt. Sind die Voraussetzungen der umsatzsteuerrechtlichen Organschaft nicht gegeben, müssen die Folgerungen aus den untereinander ausgeführten Leistungen geprüft werden. Anteilsverkäufe vollziehen sich im Rahmen der unternehmerischen Betätigung, sind in Abhängigkeit des Leistungsempfängers steuerbar, unterliegen aber der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 8 Buchst. e oder Buchst. f UStG. Der Veräußerer kann aber unter den Voraussetzungen des § 9 UStG auf die Steuerbefreiung verzichten. Vorsteuerabzugsbeträge im Zusammenhang mit den Beteiligungen können grundsätzlich nach § 15 Abs. 1 UStG geltend gemacht werden, es kommt auch nicht zu einer Einschränkung des Vorsteuerabzugs für die Kosten aus dem Erwerb oder dem Halten der Beteiligung.[1]
 

Rz. 119

Die Fragestellung der unternehmerischen Betätigung im Zusammenhang mit dem Halten von Beteiligungen (im Folgenden: Holding) setzt keine darauf ausgerichtete Struktur des Gesellschafters voraus. Die Holdingproblematik kann sich im Großen wie auch im Kleinen – auch bei dem einfachen Halten von Anteilen an einer kleinen Kapitalgesellschaft im Rahmen einer einzelunternehmerischen Betätigung – ergeben. Nach der Rechtsprechung des EuGH[2] gelten diese Grundsätze auch bei der Beurteilung der Unternehmereigenschaft beim Erwerb und Besitz von Schuldverschreibungen.

 

Rz. 120

Fraglich war, ob bei dem Halten von Beteiligungen an anderen Gesellschaften der Gesellschafter (die "Holdinggesellschaft") als Unternehmer handelt und die Beteiligungen dem Unternehmen zugeordnet werden können. Damit war ursprünglich insbesondere die Frage verbunden, ob eine Holdinggesellschaft als Organträgerin auftreten kann. Nach der mittlerweile überholten Rechtsprechung des BFH[3] war es nicht erforderlich, dass die Holdinggesellschaft einen nach außen hin gerichteten Geschäftsbetrieb unterhalten musste. Es reichte aus, wenn sie sich dazu ihrer Holdinggesellschaften bediente (die Umsätze der Holdinggesellschaften wurden der Holding zugerechnet). Da aber nach der Rechtsprechung des EuGH[4] die reine Finanzholding (die Tätigkeit der Holding beschränkt sich auf das Halten und Verwalten von Beteiligungen) nach dem Unionsrecht keine Unternehmereigenschaft erlangen kann, da der bloße Erwerb finanzieller Beteiligungen an anderen Unternehmen keine Nutzung eines Gegenstands zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen darstellt, kann eine Finanzholding auch nicht Organträger sein. Eine etwaige Dividende als Ergebnis dieser Beteiligung oder ein durch Verkauf der Beteiligung erzielter Gewinn sind nur Ausfluss des bloßen Eigentums an diesem Gegenstand und keine Gegenleistung für eine wirtschaftliche Tätigkeit.[5] Soweit die Holdinggesellschaft eigene Umsätze bewirkt oder als Dienstleistungsholding (sog. Führungsholding – Holding, die gegen Entgelt gegenüber ihren Holdinggesellschaften Dienstleistungen – z. B. Geschäftsführungsleistungen, Buchführung, Rechenzentrum, Beratungsleistungen – ausführt und aus diesem Grunde Unternehmereigenschaft erhält) gegenüber ihren Gesellschaften auftritt, kann eine Unternehmereigenschaft der Holdinggesellschaft bejaht werden.[6] Unter den weiteren Voraussetzungen kann sie dann auch als Organträger fungieren, sodass dann ein einheitliches Unternehmen vorliegt. Der BFH hat sich inzwischen dieser Betrachtungsweise angeschlossen und festgestellt, dass die Eigenschaft als Unternehmer durch eine bloße Beteiligung, durch eine ...

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