Rz. 52

Die Frage der Zurechnung von Umsätzen ist sowohl für die Bestimmung des Steuerschuldners als auch für den Vorsteuerabzug des Leistungsempfängers von Bedeutung. Die USt für eine Leistung schuldet im Regelfall der leistende Unternehmer (§ 13a Abs. 1 Nr. 1 UStG). Der Leistungsempfänger muss eine Leistung von einem Unternehmer empfangen und von ihm eine ordnungsgemäße Rechnung erhalten, um den Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen zu können (§ 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 UStG).

 

Rz. 53

Für die Bestimmung des leistenden Unternehmers wie auch bei der Bestimmung des Leistungsempfängers kommt es grundsätzlich auf die zivilrechtliche Leistungsbeziehung an.[1] Bei der Prüfung dieser Leistungsbeziehungen sind die tatsächlichen Umstände des Einzelfalls und das Auftreten der Beteiligten im Außenverhältnis zu berücksichtigen.[2] Regelmäßig ergibt sich aus den abgeschlossenen zivilrechtlichen Vereinbarungen, wer bei einem Umsatz als Leistender anzusehen ist. Leistender ist i. d. R. derjenige, der die Lieferungen oder sonstigen Leistungen im eigenen Namen gegenüber einem anderen selbst oder durch einen Beauftragten ausführt. Ob eine Leistung dem Handelnden oder einem anderen zuzurechnen ist, hängt deshalb grundsätzlich davon ab, ob der Handelnde gegenüber Dritten im eigenen Namen oder berechtigterweise im Namen eines anderen bei Ausführung entgeltlicher Leistungen aufgetreten ist.[3] Ohne Bedeutung ist, ob der im eigenen Namen Handelnde auch auf eigene Rechnung tätig ist. Ob der Unternehmer eine Leistung in eigener Verantwortung übernimmt oder eine fremde Leistung lediglich vermittelt, richtet sich im Rahmen des zugrundeliegenden Rechtsverhältnisses nach dem Gesamtbild des Einzelfalls.[4] Die Frage der Zurechnung einer Leistung ist darüber hinaus auch für die Frage der Art der ausgeführten Leistung – und damit auch für die weitere umsatzsteuerrechtliche Überprüfung – von entscheidender Bedeutung. Ist die Verschaffung der Verfügungsmacht (Lieferung nach § 3 Abs. 1 UStG) dem Vertretenen zuzurechnen, erbringt der Vertreter selbst keine Lieferung, sondern kann lediglich eine sonstige Leistung nach § 3 Abs. 9 UStG ausführen. Dabei ist es nach der Rechtsprechung des BFH[5] ausreichend, dass der Vertretene bestimmbar ist. Ein Handeln in fremdem Namen kann auch dann vorliegen, wenn der Name des Vertretenen bei Vertragsabschluss nicht genannt wird und auch später dem Leistungsempfänger nicht tatsächlich bekannt wird, aber der Vertreter eindeutig und klar im Außenverhältnis deutlich macht, dass er in fremdem Namen auftritt und der Leistungsempfänger auf Anforderung den Namen des Vertragspartners erfahren kann.

 

Rz. 54

Wenn es unklar ist, welche von mehreren Personen der Unternehmer ist, kommt es darauf an, wer als Unternehmer nach außen hin auftritt. Für die Zurechnung der Unternehmereigenschaft ist neben dem Auftreten gegenüber Kunden und Lieferanten auch das Auftreten gegenüber Behörden einschließlich dem FA von Bedeutung. Zu den insofern maßgebenden äußeren Anhaltspunkten gehören die Gewerbeanmeldung und die Abgabe von Steuererklärungen.[6]

 

Rz. 55

Unerheblich für die Zurechnung von Umsätzen ist, ob bei der Leistung für eigene Rechnung gehandelt wird, da diese Frage lediglich das Innenverhältnis betrifft, aber nicht das Auftreten nach außen beeinflusst.[7] Die Frage, für wessen Rechnung gehandelt wird, hat entscheidenden Einfluss darauf, welche Art Leistung erbracht wird.[8]

 

Rz. 56

Wer Umsätze unter fremdem Namen tätigt, erbringt eigene Umsätze.[9] Es verhält sich anders als bei dem Handeln in fremdem Namen, das regelmäßig dazu führt, dass der Umsatz dem vertretenen Namensgeber zuzurechnen ist. Sein Wille ist darauf gerichtet, einen Umsatz für den Träger des fremden Namens zu erbringen. Wer einen Umsatz unter fremdem Namen tätigt, bedient sich lediglich des fremden Namens. Auch zivilrechtlich wird davon ausgegangen, dass bei einem Handeln unter fremdem Namen der Namensträger zumindest dann mit dem Geschäft nichts zu tun hat, wenn es um Geschäfte des täglichen Lebens geht und dem Kunden gleichgültig ist, mit wem er abschließt.

 

Rz. 57

Eine besondere Rolle spielt die Frage der Zurechnung der Umsätze bei den sog. Strohmanngeschäften. Tritt jemand im Rechtsverkehr im eigenen Namen, aber für Rechnung eines anderen auf, der aus welchen Gründen auch immer nicht selbst als berechtigter bzw. verpflichteter Vertragspartner in Erscheinung treten will, ist zivilrechtlich grundsätzlich nur der Strohmann aus dem Rechtsgeschäft berechtigt und verpflichtet[10]; dementsprechend sind auch dem Strohmann die Leistungen zuzurechnen, die der Hintermann berechtigterweise im Namen des Strohmanns tatsächlich ausgeführt hat.[11] Die anderslautende frühere Rechtsprechung des BFH[12], nach der im Fall eines Strohmannverhältnisses die von dem (weisungsabhängigen) Strohmann bewirkten Leistungen trotz selbstständigen Auftretens im Außenverhältnis dem Hintermann als Leistenden zuzurechnen waren, ist von beiden für die USt zuständigen Senaten des BFH aufgegeben worden.[13] Au...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge