Rz. 21

Die Regelung des Art. 22 MwStSystRL war bereits ab 1.1.1993 anzuwenden. Da § 1c Abs. 2 UStG jedoch erst am 30.12.1993 in Kraft getreten war, bestand für die Zeit vom 1.1.1993 eine Regelungslücke, die auch nicht durch das BMF-Schreiben v. 30.4.1993[1] im Vorgriff auf die Gesetzesregelung geschlossen wurde. Denn diese Verwaltungsregelung enthielt keine Bestimmungen für eine Besteuerung des innergemeinschaftlichen Erwerbs durch deutsche Streitkräfte beim Verbringen eines Gegenstands aus einem anderen Mitgliedstaat in das Inland.

 

Rz. 22

Nach Art. 22 Unterabs. 2 MwStSystRL greift die Erwerbsbesteuerung nur, "sofern für die Einfuhr dieser Gegenstände nicht die Steuerbefreiung nach Art. 143 Buchst. h in Anspruch genommen werden kann". Auf diese Voraussetzungen konnte in § 1c Abs. 2 UStG verzichtet werden, weil sich diese Vorschrift auf das Verbringen und den Ge- und Verbrauch durch deutsche Streitkräfte beschränkt und Art. 143 Buchst. h MwStSystRL auf die Einfuhr ins Inland durch deutsche Streitkräfte nicht anwendbar ist.

Nach Art. 22 Unterabs. 1 MwStSystRL greift die Erwerbsbesteuerung auch für Gegenstände, "die nicht gemäß den allgemeinen Besteuerungsbedingungen des Binnenmarkts eines Mitgliedstaats gekauft wurden, durch die Streitkräfte eines Mitgliedstaats, die an einer Verteidigungsanstrengung teilnehmen, die zur Durchführung einer Tätigkeit der Union im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik unternommen wird, zum Gebrauch oder Verbrauch dieser Streitkräfte oder ihres zivilen Begleitpersonals, sofern für die Einfuhr dieser Gegenstände nicht die Steuerbefreiung nach Art. 143 Abs. 1 Buchst. ga in Anspruch genommen werden kann". Die Steuerbefreiung nach Art. 143 Abs. 1 Buchst. ga MwStSystRL ist mWv 1.7.2022 in § 5 Abs. 1 Nr. 8 UStG umgesetzt.[2] Danach ist EUSt-frei die Einfuhr "von Gegenständen durch die Streitkräfte anderer Mitgliedstaaten für den eigenen Gebrauch oder Verbrauch oder für den ihres zivilen Begleitpersonals oder für die Versorgung ihrer Kasinos oder Kantinen, wenn diese Streitkräfte an einer Verteidigungsanstrengung teilnehmen, die zur Durchführung einer Tätigkeit der Union im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik unternommen wird". Demzufolge ist die Einfuhr durch Bundeswehrstreitkräfte, wenn sie im Rahmen des GSVP an einer Verteidigungsanstrengung teilnehmen, nicht EUSt-frei. Somit greift die Erwerbsbesteuerung nach Art. 22 Unterabs. 1 MwStSystRL auch für Bundeswehrstreitkräfte in diesem Zusammenhang. Dieser Besteuerungstatbestand dürfte mit der allgemein auf das Verbringen durch die deutschen Streitkräfte abstellenden Formulierung in § 1c Abs. 2 UStG abgedeckt sein.

[1] BMF v. 30.4.1993, IV A 3 – S 7130 – 21/93, BStBl I 1993, 458.
[2] Art. 15 Nr. 3 Buchst. b JStG 2020, BGBl I 2020, 3096.

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