Rz. 4

Damit die Verwaltung die Erwerbsbesteuerung neuer Fahrzeuge kontrollieren kann, sind beim Erwerb neuer Land- und Luftfahrzeuge aus anderen EU-Mitgliedstaaten die deutschen Zulassungsbehörden verpflichtet, Kontrollmitteilungen zu fertigen und an die Finanzbehörden zu übersenden.[1] Außerdem erteilen die EU-Mitgliedstaaten, in denen die Lieferer der neuen Fahrzeuge ansässig sind, Kontrollmaterial in Form sog. Spontanauskünfte (Rz. 4d).

 

Rz. 4a

Die Kfz-Zulassungsstellen sind bei der Zulassung oder Registrierung neuer motorbetriebener Landfahrzeuge (insbesondere Pkw), die aus dem übrigen Gemeinschaftsgebiet stammen, verpflichtet, den FÄ die erstmalige Ausgabe von Zulassungsbescheinigungen Teil II (ehemaliger Fahrzeugschein bzw. Kfz-Schein) mitzuteilen. Gleiches gilt für die erstmalige Zuteilung eines amtlichen Kennzeichens bei zulassungsfreien Fahrzeugen. Die Mitteilung der Kfz-Zulassungsbehörden muss die in § 18 Abs. 10 Nr. 2 Buchst. a UStG aufgeführten Angaben sowie das zugeteilte amtliche Kennzeichen enthalten. Diese Daten sind dem FA stets zu übermitteln, unabhängig davon, ob der Erwerber ein Unternehmer oder eine Privatperson ist. § 18 Abs. 10 UStG enthält keine Beschränkung des Anwendungsbereichs auf den Personenkreis des § 1b Abs. 1 UStG für innergemeinschaftliche Erwerbe neuer Fahrzeuge durch Privatpersonen. Die Kfz-Zulassungsbehörde darf die Zulassungsbescheinigungen erst aushändigen, wenn der Erwerber die entsprechenden Angaben gemacht hat (§ 18 Abs. 10 Nr. 2 S. 3 UStG). Kommt ein Kfz-Erwerber seiner Verpflichtung zur Anmeldung der Erwerbsteuer nicht nach, hat die Kfz-Zulassungsstelle auf Antrag des zuständigen FA die Zulassungsbescheinigung Teil II (ehemaliger Fahrzeugschein bzw. Kfz-Schein) einzuziehen und das amtliche Kennzeichen zu entstempeln.

 

Rz. 4b

Bei erstmaliger Registrierung eines aus einem EU-Mitgliedstaat erworbenen Luftfahrzeugs (Flugzeugs) ist das Luftfahrt-Bundesamt verpflichtet, Kontrollmaterial an die Finanzbehörden zu übersenden (§ 18 Abs. 10 Nr. 1 Buchst. b UStG). Aus § 18 Abs. 10 Nr. 3 Buchst. a UStG ergibt sich, welche Angaben die Kontrollmitteilungen enthalten müssen.

 

Rz. 4c

Hinsichtlich des Erwerbs neuer Wasserfahrzeuge aus einem anderen EU-Mitgliedstaat fehlt es an einem gesetzlich geregelten Kontrollverfahren. Allerdings haben Finanzverwaltung und Zollverwaltung vereinbart, dass die Hauptzollämter der Generalzolldirektion Kontrollmitteilungen fertigen, soweit sie bei ihren Kontrollen feststellen, dass neue Wasserfahrzeuge in anderen EU-Mitgliedstaaten erworben wurden. Diese Mitteilungen gehen unmittelbar an die FÄ.

 

Rz. 4d

Die innerstaatlichen Kontrollmitteilungen werden durch internationale Kontrollmaßnahmen flankiert. Beim Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) gehen regelmäßig sog. Spontanauskünfte in Form von Rechnungen ausländischer Autohäuser über die innergemeinschaftliche Lieferung von Fahrzeugen an inländische Privatpersonen ein. Rechtsgrundlage hierfür eine EU-Verordnung.[2] Das BZSt lässt durch das Kraftfahrt-Bundesamt den ersten Fahrzeughalter ermitteln und leitet das so ergänzte Kontrollmaterial an die zuständigen FÄ weiter. Nach dem Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU gilt die Verordnung (EU) Nr. 904/2010 (a. a. O.) weiterhin für die Umsatzbesteuerung des Warenverkehrs mit Nordirland. Somit ist diese EU-Verordnung auch für die Lieferung von Neufahrzeugen von Nordirland aus an Abnehmer in Deutschland maßgebend.[3]

 

Rz. 4e

Inländische Fahrzeuglieferer (sowohl Unternehmer wie z. B. Autohändler als auch gelegentliche Fahrzeuglieferer i. S. d. § 2a UStG) haben seit dem 1.7.2010 die Lieferung von Neufahrzeugen an Abnehmer in anderen EU-Mitgliedstaaten an das BZSt zu melden, sofern der Abnehmer der Lieferung keine USt-IdNr. eines anderen EU-Mitgliedstaats verwendet. Dies ergibt sich aus der Fahrzeuglieferungs-Meldepflichtverordnung.[4]

Rechtsgrundlage für diese Verpflichtung ist § 18c S. 1 und 2 Nr. 1 bis 4 UStG. Gegenstand, Form, Frist und Inhalt der Meldung ergibt sich aus den §§ 1 und 2 FzgLiefgMeldV. Die Kontrollmitteilungen aufgrund der FzgLiefgMeldV an das BZSt dienen nicht der Kontrolle des innergemeinschaftlichen Erwerbs i. S. d. § 1b UStG im Inland, sondern sollen die Erwerbsbesteuerung der entsprechenden Neufahrzeuge im EU-Ausland sicherstellen. Dementsprechend leitet das BZSt dieses Kontrollmaterial an die zuständigen Finanzbehörden im EU-Ausland weiter.[5]

 

Rz. 5

Trotz aller Kontrollmaßnahmen gingen Praktiker noch viele Jahre nach Einführung der Erwerbsbesteuerung davon aus, dass ein nicht unerheblicher Anteil von Neufahrzeugkäufen in anderen EU-Mitgliedstaaten von den Erwerbern – entgegen § 1b UStG – tatsächlich nicht der Erwerbsbesteuerung unterworfen wurde und dass die deutschen FÄ hiervon in vielen Fällen wegen unzureichender Kontrollverfahren nichts erfuhren. Diese Vermutung wird durch Feststellungen des Bundesrechnungshofs (BRH) bestätigt. Weil sich mehrere EU-Mitgliedstaaten nicht am Informationsaustausch beteiligten, würden die deutschen Finanzbehö...

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