Rz. 38

Dem innergemeinschaftlichen Erwerb unterliegen nach § 1a Abs. 1 UStG nur Lieferungen. Eine Lieferung liegt vor, wenn ein Unternehmer den Erwerber befähigt, im eigenen Namen über einen Gegenstand zu verfügen.[1] In Art. 20 Abs. 1 MwStSystRL wird der Erwerb selbst als "die Erlangung der Befähigung, wie ein Eigentümer über einen beweglichen körperlichen Gegenstand zu verfügen" definiert. Der nationale Gesetzgeber hat in § 1a Abs. 1 UStG sichergestellt, dass Umsätze als "innergemeinschaftlicher Erwerb von Gegenständen" eingestuft werden, die als "Lieferung von Gegenständen" eingestuft würden, wenn sie in ihrem Gebiet von einem Steuerpflichtigen, der als solcher handelt, getätigt worden wären.[2] So ist der innergemeinschaftliche Erwerb eines Gegenstands erst dann bewirkt, wenn das Recht, wie ein Eigentümer über den Gegenstand zu verfügen, auf den Erwerber übertragen worden ist.[3]

Gegenstände sind in erster Linie körperliche Gegenstände. Zu den Gegenständen i. S. d. UStG gehören auch solche Wirtschaftsgüter, die im Wirtschaftsverkehr wie körperliche Gegenstände behandelt werden (z. B. elektrischer Strom, Gas, Wärme, Kälte, Wasserkraft). Umsätze, die unbewegliche Gegenstände (z. B. Grundstücke) betreffen, unterliegen nicht der Erwerbsbesteuerung (§ 6a UStG Rz. 44ff.).[4]

 

Rz. 39

Werden im Zusammenhang mit der Lieferung des Gegenstands weitere Leistungen erbracht (z. B. Beförderung, Lagerung, Konzessionen), handelt es sich insoweit zunächst um sonstige Leistungen – unionsrechtlich um Dienstleistungen gem. Art. 24ff. MwStSystRL –, die grundsätzlich nicht der Erwerbsteuer unterliegen. Diese Leistungen teilen jedoch das Schicksal der Hauptleistung (Lieferung eines Gegenstands), wenn sie zusammen mit der Lieferung als einheitlicher wirtschaftlicher Umsatz anzusehen sind, d. h. wenn sie wirtschaftlich zusammengehören und ein unteilbares Ganzes bilden, und wenn sie eine Nebenleistung zur Lieferung darstellen. Die Annahme einer einzigen Leistung kommt nur in Betracht, wenn die Leistungen von demselben Unternehmer an denselben Erwerber erbracht werden – Grundsatz der Einheitlichkeit der Leistung.[5]

 

Rz. 40

Eine einheitliche Gesamtleistung ist anzunehmen, wenn die Leistungen einem einheitlichen wirtschaftlichen Ziel dienen, ein Gesamtentgelt zu entrichten ist und die Leistungen auf einem einheitlichen Vertrag beruhen. Diese Voraussetzungen liegen im Allgemeinen bei Beförderungsleistungen vor, die der Lieferant in Erfüllung seiner Lieferverpflichtung "frei Haus" ausführt. In diesen Fällen bildet die Beförderungsleistung eine Nebenleistung zur Hauptleistung "Lieferung eines Gegenstands". Das Gleiche gilt für die mit einer Beförderung zusammenhängenden vom Unternehmer erbrachten Leistungen, z. B. Beladen, Umladen, Lagern, Umschlagen, Entladen.

 

Rz. 41

Lauten die Lieferbedingungen "ab Werk", werden die Beförderungs- und damit zusammenhängenden Leistungen im Falle der Versendung nicht vom Lieferanten erbracht, sondern von selbstständigen Beförderungsunternehmen. Diese Leistungen sind als selbstständige innergemeinschaftliche Beförderungsleistungen zu beurteilen, die als inländische sonstige Leistungen nach § 3a Abs. 2 UStG (i. d. F. seit 1.1.2010) der Besteuerung unterliegen.

 

Rz. 42

Eine Aufteilung der Beförderungsleistungen und der damit zusammenhängenden sonstigen Leistungen in einen inländischen und ausländischen Anteil[6] entfällt bei den innergemeinschaftlichen Warenbeförderungen.[7] Im Gegensatz zu den übrigen grenzüberschreitenden Beförderungsleistungen, für die EUSt zu erheben ist, unterliegen der Erwerbsteuer Beförderungsleistungen nur, wenn diese unselbstständige Nebenleistungen darstellen, z. B. Beförderung durch den Lieferer. Werden Beförderungsleistungen gesondert in Rechnung gestellt, finden sie bei der Erwerbsbesteuerung keine Berücksichtigung; sie werden insgesamt im Empfangs-Mitgliedstaat besteuert.

 

Rz. 43

Die verwendeten Lademittel, z. B. Keile, Stroh und Seile, sind unselbstständige Leistung zur Beförderungsleistung und teilen deren Schicksal. Verpackungen und Umschließungen sind Nebenleistungen zur Warenlieferung, wenn sie üblich sind und keinen dauernden Gebrauchswert darstellen. Liegen die Voraussetzungen hierfür nicht vor, handelt es sich um eine Warenzusammenstellung, die insgesamt der Erwerbsteuer unterliegt.[8]

 

Rz. 44

Paletten und Container, die lediglich zur Beförderung verwendet werden, sind als Beförderungsmittel und Behältnisse zu beurteilen; sie werden nicht geliefert und unterliegen damit nicht der Erwerbsbesteuerung beim Empfänger der Warenlieferung, allenfalls beim Beförderer, soweit diese Gegenstände nicht nur vorübergehend verwendet werden.[9]

 

Rz. 45

Die Finanzierungsbedingungen sind im Allgemeinen Entgeltgestaltung. Eine Kreditgewährung durch den Lieferanten wird i. d. R. eine Nebenleistung zu der Warenlieferung darstellen. Bei getrennter Ausgestaltung kann die Kreditgewährung ebenso wie im Falle des Abzahlungsgeschäfts als eine selbstständige sonstige Leistung angesehen werden.[10]

Rz. 46 eins...

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