Rz. 5

Durch die Schaffung des umsatzsteuerlichen Europäischen Binnenmarkts ab dem 1.1.1993 bedurfte es einer erheblichen Intensivierung der Zusammenarbeit der Finanzbehörden der EU-Mitgliedstaaten, denn die Zollgrenzen in der Europäischen Union waren vollständig weggefallen. Die Kontrolle der geltenden Allphasen-USt mit Vorsteuerabzug war aufgrund der fehlenden Grenzkontrollen und des damit verbundenen Wegfalls der Erfassung der innergemeinschaftlichen Ein- und Ausfuhren ab dem 1.1.1993 im reinen Verwaltungsweg im Binnenmarkt nicht mehr möglich. Aufgrund der eingeführten angeblichen "Übergangsregelung" des innergemeinschaftlichen Erwerbs (Art. 28a ff. der 6. EG-Richtlinie) mit einer Freistellung der grenzüberschreitenden Leistungen von der USt konnte insbesondere der innergemeinschaftliche Warenverkehr nur noch durch die Einbindung der an den Umsätzen beteiligten Unternehmer überprüft werden. Diese Überprüfung war unerlässlich, weil das System des Binnenmarkts an der Steuerfreiheit grenzüberschreitender Warenlieferungen festhielt.

 

Rz. 6

Der deutsche Gesetzgeber - und damit übereinstimmend die Gesetzgeber der anderen Mitgliedstaaten - hatte zu diesem Zweck zum 1.1.1993 eine ganze Reihe neuer Regelungen in das UStG eingefügt. Zu nennen sind hier insbesondere die USt-IdNr. nach § 27a UStG und die Zusammenfassende Meldung (ZM) nach § 18a UStG. Die weiteren Regelungen – u. a. auch § 18e UStG – verzahnen nun diese Anforderungen mit dem Zweck, eine weitgehend zutreffende Besteuerung innerhalb der EU zu gewährleisten. Dazu bedurfte es vor allem eines zwischenstaatlichen Informationsaustauschs, der auf einheitlichen europäischen Kriterien beruht.

 

Rz. 7

Um das im Rahmen der (ersten) Zusammenarbeits-VO[1] geschaffene EDV-mäßige Mehrwertsteuer-Informationsaustausch-System (MIAS) erfolgreich betreiben zu können, wurden die Unternehmer durch § 18a UStG zunächst dazu verpflichtet, ihre innergemeinschaftlichen Lieferungen unter Nennung der USt-IdNr. des Leistungsempfängers in einer ZM gesondert zu erklären, was es wiederum erforderlich machte, dass jeder Unternehmer, der solche Leistungen ausführen wollte, einer USt-IdNr. bedurfte. In § 18b UStG finden sich dann weitere – damit korrespondierende – Verpflichtungen der Unternehmer für die in den Umsatzsteuer-Voranmeldungen und Jahreserklärungen erforderlichen Angaben.[2] Aufgrund dieser Daten ist es dann – theoretisch – möglich, die innergemeinschaftlichen Erwerbe im EU-Land des Abnehmers mit den innergemeinschaftlichen Lieferungen des Leistenden in dessen Mitgliedstaat abzugleichen. Die ursprüngliche Zusammenarbeits-VO von 1992 wurde mit Wirkung ab dem 1.1.2004 durch eine neue und genauere europäische Rechtsverordnung ersetzt.[3] Mit Wirkung ab dem 1.1.2012 trat mit der Verordnung (EU) Nr. 904/2010 des Rates v. 7.10.2010[4] eine weitere Neufassung der Zusammenarbeits-VO in Kraft, die unionsrechtlichen Grundlagen des Austauschs der Informationen über die USt-IdNr. finden sich dort in Art. 17 und 31.

 

Rz. 8

Die bestehenden Erklärungspflichten der inländischen Unternehmer setzen nun voraus, dass sie die Möglichkeit haben, die USt-IdNrn. ihrer Leistungsempfänger aus anderen Staaten der Europäischen Union möglichst leicht auf ihre Gültigkeit hin überprüfen zu können, denn steuerfrei erwerben kann nach dieser europäischen Regelung nur der Unternehmer mit einer gültigen USt-IdNr. und auch für grenzüberschreitende sonstige Leistungen bedarf es u. U. dieser Nummer. Dies stellt den wesentlichen Grund für die Einführung des Bestätigungsverfahrens nach § 18e UStG dar, das in Deutschland zudem durch eine zentrale Behörde des Bundes – dem BZSt – vollzogen werden musste, weil es einer zentralen Anlaufstelle bedurfte. Anzumerken ist, dass die Auskunft über die Gültigkeit von USt-IdNrn. durch die nationale Steuerbehörde des Sitzes des Leistenden erfolgt, eine Anfrage im Staat des Leistungsempfängers sieht das Unionsrecht nicht vor (Rz. 68f.).

 

Rz. 9

Aus Sicht des deutschen Unternehmers bestand die Bedeutung des Bestätigungsverfahrens bis Ende des Jahres 2019 vor allem darin (Rz. 55ff.), dass eine Anfrage nach § 18e UStG eine Voraussetzung für den Eintritt des Vertrauensschutzes nach § 6a Abs. 4 UStG sein konnte; auch bei sonstigen Leistungen galt Entsprechendes.[5] Die praktische Relevanz des Bestätigungsverfahrens war daher immer hoch, auch weil die USt-IdNr. bei sonstigen Leistungen nach den Gesetzesänderungen der letzten Jahre eine immer größere Bedeutung bekommen hatte. So waren diese z. B. seit dem 1.1.2010 mit der USt-IdNr. des Abnehmers in den ZM des Leistenden anzugeben.[6] Auf der anderen Seite hatte die Rechtsprechung des EuGH die Bedeutung der USt-IdNr. und des Bestätigungsverfahrens aber deutlich herabgesetzt, weil der EuGH beides eher als formale Voraussetzungen der Steuerbefreiung von iG-Lieferungen erachtete, auf die unter bestimmten Voraussetzungen verzichtet werden konnte.[7] Seit dem 1.1.2020 hat sich die Bedeutung der USt-IdNr. aber wieder erheblich erhöht, denn seitdem ist das ...

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