Rz. 16

Durch die Schaffung des umsatzsteuerrechtlichen Europäischen Binnenmarkts seit dem 1.1.1993 bedurfte es zwangsläufig einer deutlichen Intensivierung der Zusammenarbeit der Finanzbehörden der Mitgliedstaaten, insbesondere auf dem Gebiet des zwischenstaatlichen Informationsaustausches. Die umsatzsteuerliche Kontrolle der grenzüberschreitenden Leistungen war aufgrund der weggefallenen Grenzkontrollen und des damit verbundenen Wegfalls der Erfassung der innergemeinschaftlichen Ein- und Ausfuhren ab dem 1.1.1993 im reinen Verwaltungsweg nicht mehr möglich. Aufgrund der gefundenen Übergangsregelung des innergemeinschaftlichen Erwerbs (vgl. Art. 28a ff. der 6. EG-Richtlinie und Art. 402 MwStSystRL) konnte insb. der innergemeinschaftliche Warenverkehr nur noch durch die Einbindung der an den Umsätzen beteiligten Unternehmer überprüft werden; bei den sonstigen Leistungen war eine dahingehende Überprüfung ohnehin immer schon schwieriger.[1] Die einzige Möglichkeit der Überprüfung der richtigen umsatzsteuerlichen Abwicklung grenzüberschreitender Leistungen bestand daher in der Verpflichtung zur Aufzeichnung und Meldung bestimmter Geschäftsvorfälle und in einem möglichst unbürokratischem, grenzüberschreitenden Informationsaustausch. Die ZM nach § 18a UStG stellt nun gemeinsam mit der USt-IdNr. einen wesentlichen Bestandteil des gefundenen Systems der Einbindung der Unternehmer in das Kontrollsystem dar. Sie ist sowohl für die Finanzverwaltung als auch für die Unternehmer von erheblicher praktischer Bedeutung; für die Letztgenannten aber vor allem wegen des damit verbundenen Aufwands. Die ZM und die USt-IdNr. stellen sozusagen das Gerüst der Funktionsfähigkeit des bestehenden Systems des umsatzsteuerlichen Binnenmarkts dar.

 

Rz. 17

Um das im Rahmen der (ursprünglichen) Zusammenarbeits-Verordnung[2] geschaffene EDV-mäßige Mehrwertsteuer-Informationsaustausch-System (Abkürzung: MIAS) erfolgreich betreiben zu können, wurde der deutsche Unternehmer durch § 18a UStG dazu verpflichtet, seine innergemeinschaftlichen Lieferungen und bestimmte sonstige (grenzüberschreitende) Leistungen gesondert gegenüber den Finanzbehörden zu erklären. In § 18b UStG finden sich dann weitere – damit korrespondierende – Verpflichtungen der Unternehmer für die in den USt-Voranmeldungen und –Jahresanmeldungen erforderlichen Angaben. Aufgrund dieser Daten ist es – theoretisch – möglich, die innergemeinschaftlichen Erwerbe im EU-Land des Abnehmers mit den innergemeinschaftlichen Lieferungen des Leistenden in dessen Mitgliedstaat abzugleichen. Die ursprüngliche Zusammenarbeits-Verordnung von 1992 – die einen entsprechenden Informationsaustausch ermöglichen sollte – wurde mit Wirkung ab dem 1.1.2004 durch eine neue (mehrfach geänderte) EU-Verordnung ersetzt[3] eine weitere Neufassung zur aktuell geltenden Regelung folgte mit Wirkung zum 1.1.2012.[4]

Bei Anwendung dieser Verordnung ist unbedingt zu beachten, dass auch diese letzte Verordnung – auf die regelmäßig als Verordnung (EU) Nr. 904/2010 verwiesen wird – nachfolgend mehrfach inhaltlich geändert wurde, bei der Eingabe in eine Suchmaschine ist daher unbedingt darauf zu achten, die jeweils geltende (letzte) Fassung zu erhalten.

 

Rz. 18

Die praktische Bedeutung der aufgrund des§ 18a UStG erforderlichen Angaben über grenzüberschreitende Leistungen ist schon deshalb für die Finanzverwaltungen hoch, weil diese Angaben es ermöglichen, außerhalb von unmittelbaren – zwischen zwei Staaten vernetzten – Außenprüfungen, innergemeinschaftliche Leistungen miteinander abzugleichen; insbesondere Plausibilitätsprüfungen lassen sich mit ihr vornehmen. Gerade durch die bekannt gewordenen grenzüberschreitenden Umsatzsteuerkarussellfälle mit erheblichen Steuerausfällen[5] ist die Notwendigkeit solcher Datenabgleiche unabwendbar, denn hier hat sich gezeigt, dass insbesondere das gefundene System – die noch geltende sog. Übergangslösung – der innergemeinschaftlichen Lieferungen erhebliche Ansätze für grenzüberschreitende Betrugshandlungen eröffnet. Die Regelung der ZM kann aber allenfalls helfen, dahingehende Straftaten nachträglich aufzudecken, verhindern lassen sie sich dadurch nicht. Die in den ZM gemeldeten Daten steigern jedenfalls das Entdeckungsrisiko für betrügerisch gesinnte Unternehmer. Die Regelung dient somit vor allem auch der Betrugsbekämpfung bei grenzüberschreitenden innergemeinschaftlichen Leistungen.[6]

 

Rz. 19

Der Erfolg der Regelung ist auch nach den seit 2010 geltenden Neuregelungen – insb. der Fristverkürzung zur Abgabe der ZM und der Notwendigkeit der Erfassung der Daten bestimmter sonstiger Leistungen – vor allem daran zu messen, wie intensiv die Finanzbehörden der Mitgliedstaaten von den Abfragemöglichkeiten tatsächlich Gebrauch machen. Dabei darf nicht übersehen werden, dass die Zeitspanne einer Überprüfung von der Ausführung des Umsatzes bis hin zur Abfragemöglichkeit auch nach der Verkürzung der Erklärungsfristen lang sein kann. Wichtig bei Betrugsfällen ist aktuell und in Zukunft aber vor alle...

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