Rz. 191

§ 62 UStDV enthält eine Sonderregelung zur Vermeidung von Doppelvergütungen in sog. Mischfällen. Zwar schließen sich für einen Voranmeldungszeitraum das allgemeine Besteuerungsverfahren und das Vorsteuervergütungsverfahren gegenseitig aus. Sind jedoch die Voraussetzungen des Vorsteuervergütungsverfahrens erfüllt und schuldet der im Ausland ansässige Unternehmer ausschließlich Steuer im allgemeinen Besteuerungsverfahren nach § 13a Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 14c Abs. 1 UStG oder § 13a Abs. 1 Nr. 4 UStG[1], kann die Vergütung der Vorsteuerbeträge abweichend von § 16 Abs. 2 S. 1 UStG nur im Vorsteuervergütungsverfahren durchgeführt werden.[2] Diese Auffassung, dass im Ausland ansässige Unternehmer, die die Voraussetzungen des Vorsteuervergütungsverfahrens erfüllen und USt im allgemeinen Besteuerungsverfahren (z. B. nach § 14c Abs. 1 UStG) schulden, die Vergütung der Vorsteuerbeträge abweichend von § 16 Abs. 2 S. 1 UStG nur im Vorsteuervergütungsverfahren geltend machen können, hatte die Finanzverwaltung schon früher vertreten. Der BFH hatte die (frühere) Verwaltungsregelung in Abschn. 18.15 Abs. 1 S. 2 UStAE jedoch nicht anerkannt.[3] Zum 1.1.2020 wurde, um Gestaltungsmissbräuche zu bekämpfen, die Verwaltungsregelung inhaltlich in § 18 Abs. 9 S. 3 (alt) UStG (ab 21.12.2022: S. 4) übernommen (vgl. Rz. 57f.). Ist der im Ausland ansässige Unternehmer Steuerschuldner nach § 13b UStG, soll die Vergütung von Vorsteuerbeträgen allerdings im Regelbesteuerungsverfahren erfolgen können und nicht im Vergütungsverfahren. Regelbesteuerungsverfahren und Vergütungsverfahren sind nur alternativ, nicht aber auch als kumulative Zugangswege anzuwenden.[4]

Geht der im Ausland ansässige Unternehmer aufgrund eines Irrtums davon aus, dass das Vergütungsverfahren anzuwenden ist, obwohl er dem Regelbesteuerungsverfahren unterliegt, ist – in den Grenzen der Festsetzungsverjährung gem. §§ 169ff. AO – das Regelbesteuerungsverfahren nachzuholen.[5]

 

Rz. 192

Es kann der Fall eintreten, dass innerhalb eines Kalenderjahrs bei einem im Ausland ansässigen Unternehmer die VoSt abschnittsweise im Wege des Vorsteuervergütungsverfahrens und im Wege des allgemeinen Besteuerungsverfahrens zu vergüten oder von der Steuer abzuziehen ist. Um eine Doppelvergütung der Vorsteuerbeträge zu vermeiden, sind in dem allgemeinen Besteuerungsverfahren die Vorsteuerbeträge nicht zu berücksichtigen, die in dem besonderen Vergütungsverfahren vergütet worden sind.[6] Abschn. 18.15 Abs. 1 UStAE enthält für diese Fälle detaillierte Anweisungen.[7]

 

Rz. 193

Werden im Lauf eines Kalenderjahrs erneut die Voraussetzungen des Vergütungsverfahrens erfüllt, ist für dieses Verfahren wieder das BZSt zuständig.[8]

 

Rz. 194

Ist bei einem im Ausland ansässigen Unternehmer das allgemeine Besteuerungsverfahren durchzuführen und ist dem FA nicht bekannt, ob der Unternehmer im laufenden Kj. bereits die Vergütung von Vorsteuerbeträgen im Vorsteuervergütungsverfahren beantragt hat, hat das FA beim BZSt anzufragen bzw. dies durch Abfrage in der Datenbank des Vorsteuervergütungsverfahrens in Erfahrung zu bringen. Wurde das Vorsteuervergütungsverfahren beim BZSt in diesem Fall bereits durchgeführt, hat der Unternehmer die abziehbaren Vorsteuerbeträge auch im allgemeinen Besteuerungsverfahren durch Vorlage der Rechnungen und Einfuhrbelege im Original nachzuweisen (§ 62 Abs. 2 UStDV). Die Belege sind zu entwerten.[9]

 

Rz. 195

Selbst ein Unternehmer, dessen einziger Umsatz in der Steuerschuldnerschaft gem. § 13b Abs. 2 UStG besteht, ist bereits nach § 18 Abs. 3 S. 1 UStG i. V. m. § 16 Abs. 1 S. 3 UStG verpflichtet, eine Jahreserklärung abzugeben. § 18 Abs. 4a UStG, der dieses nochmals ausdrücklich anordnet, hat insoweit nur deklaratorische Bedeutung. Wurde eine gewerbliche Tätigkeit im gesamten Kj. ausgeübt, hat der Unternehmer auch dann eine Steuererklärung für das gesamte Kj. abzugeben, wenn er nicht im gesamten Kj. Umsätze als Steuerschuldner zu versteuern hatte. Der Unternehmer hat kein Wahlrecht, Vorsteuerbeträge im Vergütungsverfahren oder im Rahmen der Jahreserklärung nach § 18 Abs. 3 UStG geltend zu machen. Liegen die Voraussetzungen des Vergütungsverfahrens vor, ist dieses vielmehr zwingend anzuwenden. Ob die Voraussetzungen für das Vergütungsverfahren nach § 59 UStDV vorliegen, ist für den "Vergütungszeitraum" zu prüfen. Der im Ausland ansässige Unternehmer ist berechtigt, als Vergütungszeitraum das Kj. zu wählen (§ 60 UStDV). Das FA ist nicht berechtigt, den Unternehmer auf einen kürzeren Vergütungszeitraum zu verweisen.[10]

 

Rz. 195a

Das FG Köln[11] hat entschieden, dass eine Windkraftanlage die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Betriebsstätte nach § 3a Abs. 2 S. 2 UStG (Fassung im Streitjahr 2010) erfüllen kann, die dann dem Anspruch auf Vorsteuervergütung entgegensteht, mit der Folge, dass die Klägerin ihren Vorsteueranspruch im allgemeinen Besteuerungsverfahren geltend zu machen hat. Zwar geht das FG Köln entsprechend der zitierten Rechtsprechung des EuGH und den Ausführungen in A...

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