Rz. 109

Da nur die für den Umsatz geschuldete USt als Vorsteuer abgezogen werden kann[1], kann das Vergütungsverfahren nicht durchgeführt werden, wenn einem ausländischen Abnehmer für eine stfreie Ausfuhrlieferung oder innergemeinschaftliche Lieferung oder aus sonstigen Gründen fälschlicherweise eine Rechnung mit gesondertem StAusweis erteilt wurde.[2] Die 8. EG-RL bzw. die RL 2008/9/EG sind eine Art Durchführungsbestimmung für die MwStSystRL, soweit es sich um Vorsteueransprüche im Ausland ansässiger Unternehmer handelt. Nach der RL 2008/9/EG kann sich demzufolge kein höherer Vorsteueranspruch ergeben, als er nach dem Recht des Erstattungsstaates für den Fall besteht, dass der Leistungsempfänger im Inland ansässig ist. Für irrtümlich in einer Rechnung ausgewiesene USt entsteht kein Vorsteuerabzug, auch wenn die Steuer deshalb[3] geschuldet wird.

 

Rz. 109a

Nach Art. 4 Buchst. b der RL 2008/9/EG gilt die RL (und damit das Vorsteuervergütungsverfahren) nicht für "in Rechnung gestellte Mehrwertsteuerbeträge für Lieferungen von Gegenständen, die gem. Art. 138 oder Art. 146 Abs. 1 Buchst. b MwStSystRL von der Steuer befreit sind oder befreit werden können". Gleiches gilt nach Art. 171 Abs. 3 Buchst. a MwStSystRL für das Vorsteuervergütungsverfahren nach der RL 86/560/EWG gegenüber Drittlandsunternehmern. Damit ist das Vergütungsverfahren unionsrechtlich ausgeschlossen für in Rechnung gestellte Umsatzsteuer für innergemeinschaftliche Lieferungen[4] und Ausfuhrlieferungen, bei denen der Abnehmer den Liefergegenstand befördert oder versendet[5] und diese Lieferungen steuerfrei sind oder steuerbefreit sein könnten. Das BZSt hatte dennoch seit jeher in solchen Fällen – unter den weiteren Voraussetzungen von § 18 Abs. 9 UStG und den §§ 59ff. UStDV – Vorsteuern vergütet. In der vorherigen Praxis hatten liefernde Unternehmer bisweilen auf die Steuerfreiheit für Ausfuhrlieferungen gem. § 4 Nr. 1a i. V. m. § 6 UStG und für innergemeinschaftliche Lieferungen gem. § 4 Nr. 1b i. V. m. § 6a UStG verzichtet, in dem von der Beschaffung entsprechender Nachweise/Belege bzw. der Aufzeichnung einer USt-IdNr. des Abnehmers abgesehen wurde. Grund, bewusst auf die Steuerbefreiungen zu verzichten, mag gewesen sein, dass einerseits die Beleg- und Nachweisführung für die Steuerfreiheit der Lieferung sehr aufwendig ist und andererseits das Risiko besteht, dass eine Lieferung durch die Finanzverwaltung zu einem späteren Zeitpunkt steuerpflichtig gestellt werden könnte, wenn nicht alle Nachweisvoraussetzungen erfüllt sind. In solchen Fällen stellten die liefernden Unternehmer Rechnungen mit deutscher USt aus, die vom Leistungsempfänger im Vorsteuervergütungsverfahren beim BZSt geltend gemacht werden konnte. Offenbar hatte die Verwaltung es nicht beanstandet, wenn ein Unternehmer seine Lieferungen so gestaltet, dass die Voraussetzungen z. B. für die Steuerbefreiung nach § 6a UStG nicht vorliegen und der Umsatz steuerpflichtig wird. Dabei bestand aber für den Fiskus (jedenfalls bei mangelnder Kommunikation zwischen dem BZSt und dem Finanzamt des Lieferers) das Risiko, dass der liefernde Unternehmer nach Vergütung der Vorsteuer an seinen Abnehmer die Voraussetzungen der Steuerbefreiung herbeiführen konnte, um dann seine Rechnung mit offenem Steuerausweis in eine Rechnung über eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung (ohne Umsatzsteuerausweis) zu ändern und dem Abnehmer Umsatzsteuer zu erstatten, die er ggf. vorher bereits vom BZSt erhalten hatte. Diese Praxis war durch BMF v. 16.2.2016[6] beendet worden. Nicht vergütet werden danach Vorsteuerbeträge, die in Rechnungen über Ausfuhrlieferungen oder innergemeinschaftliche Lieferungen gesondert ausgewiesen werden, wenn feststeht, dass die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 bis 3a UStG bzw. § 6a Abs. 1 und 2 UStG vorliegen. In diesen Fällen handelt es sich für die Beurteilung des Vergütungsanspruchs im Vorsteuervergütungsverfahren um eine unrichtig ausgewiesene Steuer nach § 14c Abs. 1 UStG, die vom Leistungsempfänger nicht als Vorsteuer abgezogen[7] und die demnach im Vorsteuervergütungsverfahren nicht vergütet werden kann. Die umsatzsteuerrechtliche Beurteilung der Lieferung des leistenden Unternehmers bleibt unberührt. Art. 17 Abs. 4 Buchst. c der 6. EG-Richtlinie (jetzt Art. 171 Abs. 3 Buchst. b MwStSystRL) und Art. 4 Buchst. b der RL 2008/9/EG) sind auch als eine Art Strafvorschrift konzipiert worden. Es soll vermieden werden, dass liefernde Unternehmer grundsätzlich in Abholfällen die Steuerbefreiung z. B. für innergemeinschaftliche Lieferungen nicht in Anspruch nehmen, ihren ausländischen Abnehmern Umsatzsteuer in Rechnung stellen und diese somit in das Vorsteuervergütungsverfahren zwingen, um von der in Rechnung gestellten und entrichteten USt entlastet zu werden. Nach Sinn und Zweck der Regelungen ist eine Vergütung somit auch dann ausgeschlossen, wenn die Voraussetzungen z. B. für eine innergemeinschaftliche Lieferung augenscheinlich vorliegen, der Unternehmer aber Zweifel hat, ob sie tat...

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