Rz. 74

Der Unternehmer hat die Steuer für das Kj. in seiner USt-Jahreserklärung selbst zu berechnen.[1] Aufgrund der gesetzlich vorgeschriebenen Selbstberechnung der USt ist die USt-Jahreserklärung – wie auch die Voranmeldung – eine Steueranmeldung i. S. d. § 150 Abs. 1 S. 2 AO.

 

Rz. 75

Nach § 168 AO steht die USt-Jahreserklärung einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleich. Diese spezielle Art der Steuerfestsetzung ist an die Stelle der "Veranlagung" getreten. Während bis zum 31.12.1976 in allen Fällen die Festsetzung der USt für das Kj. durch das FA durchzuführen und darüber ein Steuerbescheid zu erteilen war (= Veranlagung), ist mit dem Inkrafttreten der "neuen" Abgabenordnung, der AO 1977, ab dem 1.1.1977 ein besonderer Verwaltungsakt des FA nicht mehr erforderlich. Das FA braucht nur noch tätig zu werden, wenn es die Selbstberechnung des Unternehmers nicht anerkennt und daher eine abweichende Steuer festzusetzen ist. Nur in diesen Fällen wird noch ein Umsatzsteuerbescheid erteilt.

 

Rz. 76

Durch die Übermittlung der USt-Jahreserklärung werden die für die Voranmeldungszeiträume des gleichen Kalenderjahrs abgegebenen Voranmeldungen nicht geändert oder ergänzt. Die Jahreserklärung führt zu einer erstmaligen Festsetzung der Steuer für das Kj. Bis zur Höhe der im Voranmeldungsverfahren festgesetzten Vorauszahlungen (= Vorauszahlungssoll) wird die USt im Ergebnis somit zweimal festgesetzt. Das bedeutet jedoch nicht, dass die USt auch zweimal zu entrichten ist. Nach § 18 Abs. 4 UStG ist das für die Erhebung der USt erforderliche Leistungsgebot auf den Unterschiedsbetrag zwischen dem Vorauszahlungssoll und der für das Kj. festgesetzten Steuer beschränkt.[2] Damit ergibt sich rechtstechnisch i. S. d. AO, dass die aufgrund der Voranmeldungen angemeldeten Steuern tatsächlich Vorauszahlungen auf die Jahressteuer sind (zur Vereinbarkeit dieser Regelung mit der MwStSystRL vgl. Rz. 18).

 

Rz. 77

Bei der Behandlung der USt-Jahreserklärungen durch das FA sind wegen des Zeitpunkts der Steuerfestsetzung und der Zustimmungsbedürftigkeit nach § 168 S. 2 AO drei Fälle zu unterscheiden:

  1. Die USt-Jahreserklärung ergibt eine höhere (positive) Steuer als das Vorauszahlungssoll. Der Unternehmer hat also den Unterschiedsbetrag an das FA nachzuentrichten. In einem solchen Fall steht die Steuererklärung mit dem Eingang beim FA einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleich.[3] Einer Zustimmung des FA bedarf es nicht. Wegen der Entrichtung des Unterschiedsbetrags, sog. Abschlusszahlung, s. Rz. 87.
  2. Die USt-Jahreserklärung ergibt eine niedrigere (positive) Steuer als das Vorauszahlungssoll. Der Unternehmer macht also in Höhe des Unterschiedsbetrags einen Erstattungsanspruch geltend. In einem solchen Fall wirkt die Steuererklärung erst nach Zustimmung durch das FA als Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Sie gilt bis dahin als Antrag auf Steuerfestsetzung.[4] Die Zustimmung ist vom FA für den Einzelfall zu erteilen, weil die obersten Finanzbehörden der Länder für die USt-Jahreserklärungen – abweichend vom Voranmeldungsverfahren (vgl. Rz. 39 und 43) – eine allgemeine Zustimmung nicht erteilt haben. Wegen der Fälligkeit des Erstattungsbetrags vgl. Rz. 87.
  3. Die USt-Jahreserklärung ergibt eine negative Steuer (= Rotsoll). In einem solchen Fall wirkt die Steuererklärung erst nach Zustimmung durch das FA, die für den Einzelfall zu erteilen ist, als Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Sie gilt bis dahin als Antrag auf Steuerfestsetzung (s. Nr. 2). Der Zustimmung des FA bedarf es sowohl in den Fällen, in denen der Unterschiedsbetrag an das FA nachzuentrichten ist, als auch in den Fällen, in denen der Unternehmer den Unterschiedsbetrag erstattet haben möchte.
 
Beispiele: I II III
Vorauszahlungssoll - 10.000 EUR - 10.000 EUR + 2.000 EUR
erklärte Jahresumsatzsteuer - 12.000 EUR - 8.000 EUR - 1.000 EUR
Unterschiedsbetrag - 2.000 EUR + 2.000 EUR - 3.000 EUR

Wegen der Entrichtung der Nachzahlung (+) bzw. der Fälligkeit des Erstattungsbetrags (-) vgl. Rz. 87.

 

Rz. 78

Solange die Festsetzung der USt für das Kj. unter dem Vorbehalt der Nachprüfung steht, kann sie innerhalb der Festsetzungsfrist von – i. d. R. – 4 Jahren[5] jederzeit – auch nach Ablauf der Rechtsbehelfsfrist von einem Monat – und dem Umfang nach uneingeschränkt durch das FA oder auch auf Antrag des Unternehmers aufgehoben oder geändert werden. Bei einer Änderung zuungunsten des Unternehmers sind jedoch die Grundsätze des Vertrauensschutzes zu beachten.[6] Die Entscheidung über den Antrag des Unternehmers auf Änderung der Steuer zu seinen Gunsten kann das FA bis zur abschließenden Prüfung des Steuerfalls hinausschieben.[7]

 

Rz. 79

Gibt der Unternehmer eine nach § 153 AO 1977 berichtigte Jahreserklärung ab, so sind wegen der Wirkungen solcher Steueranmeldungen zwei Fälle zu unterscheiden:

  1. Die berichtigte Umsatzsteuererklärung führt zu einer höheren positiven Steuer oder zu einer niedrigeren negativen Steuer (= Rotsoll) als die ur...

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