Rz. 191

Das Rückgängigmachen (die Rückgabe des Liefergegenstandes) ist von der Rücklieferung genau zu trennen. Insbesondere in dem Fall, in dem nach der ursprünglichen Verschaffung der Verfügungsmacht zwischen den Geschäftspartnern eine Übertragung der Verfügungsmacht auf den früheren Lieferer vereinbart oder auf Anforderung gewährt wird, ist die Unterscheidung notwendig, ob eine weitere Lieferung oder eine Beseitigung (Rückgängigmachung) der ursprünglichen Lieferung vorliegt. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist die Abgrenzung, ob das Rückgängigmachen einer Lieferung oder eine selbstständige Rücklieferung vorliegt, aus der Sicht des zurückgebenden ursprünglichen Lieferungsempfängers und nicht aus der Sicht des Lieferers zu beurteilen.[1] Dabei ist für die Abgrenzung zwischen Rückgängigmachung und Rücklieferung unerheblich, ob der ursprüngliche Leistungsempfänger ein Unternehmer oder Nichtunternehmer war.[2] Geschieht aus der Sicht etwa des ursprünglichen Lieferungsempfängers die Verschaffung der Verfügungsmacht an den ursprünglichen Lieferer in einem Leistungsaustausch, so ist eine neue Lieferung, nämlich die Rücklieferung gegeben, während die ursprüngliche Lieferung erhalten bleibt. Will der ursprüngliche Lieferungsempfänger ein neues Umsatzgeschäft eingehen und wird dieses durch den Empfänger der Hinlieferung durch Verschaffung der Verfügungsmacht am gelieferten Gegenstand in Erwartung einer Gegenleistung erfüllt, ist eine Rücklieferung anzunehmen. Verschafft der ursprüngliche Lieferungsempfänger dem ursprünglichen Lieferer die Verfügungsmacht zurück, um den von ihm gezahlten Kaufpreis – etwa zur Finanzierung eines neuen Warenbezugs – zurückzuerhalten, so liegt eine Rücklieferung vor. Das ist u. a. der Fall, wenn ein Händler das Angebot des Herstellers auf Rückkauf von nicht abgesetzten Waren zum Einstandspreis annimmt.[3] Auch bei der Rücksendung von Diamanten, wertvollen Orientteppichen und ähnlichen Waren gegen Zahlung des ursprünglichen Kaufpreises zzgl. eines Mehrerlöses oder einer "Entschädigung" als auch i. V. m. dem Kauf eines wertvolleren Stücks ist eine eigenständige Rücklieferung der ursprünglichen Lieferung anzunehmen.[4] Auch für den Fall der Rücknahme von Umzugskartons durch einen Umzugsunternehmer gegen einen festen Preis hat der BFH eine Rücklieferung angenommen.[5] Entsprechendes gilt für die Ausübung eines Wiederkaufsrechts durch den ursprünglichen Verkäufer nach § 497 BGB.

 

Rz. 192

Soll dagegen die ursprüngliche Lieferung beseitigt werden, z. B. weil sie mangelhaft, nicht geeignet, nicht reparaturfähig oder aus einem sonstigen Grund vom Leistungsempfänger nicht (mehr) erwünscht ist, so ist eine Rückgabe gegeben, die die ursprüngliche Leistung beseitigt. Das ist u. a. auch im Falle des Kaufs auf Probe anzunehmen, wenn der Leistungsempfänger den Gegenstand bis zum Ablauf der Probezeit an den Lieferer zurückgibt.[6] Zur Behandlung der Pfandgelder für Warenumschließungen vgl. Rz. 82, Rz. 83.

[1] BFH v. 17.12.1981, V R 75/77, BStBl II 1982, 233, UR 1982, 75 mit Anm. von Weiß; BFH v. 27.6.1995, V R 27/94, BStBl II 1995, 756; BFH v. 12.11.2008, V R 46/07, BFH/NV 2009, 333; s. auch Abschn. 1.1 Abs. 4 UStAE.
[5] BFH v. 12.11.2008, XI R 46/07, BFH/NV 2009, 333 mit Abgrenzung gegenüber Rücknahme von Pfandgegenständen.
[6] FinBeh Hamburg v. 12.5.1995, UVR 1995, 251.

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