Rz. 187

Nach § 17 Abs. 2 Nr. 3 UStG sind die Steuer und der Vorsteuerabzug auch dann zu berichtigen, wenn eine steuerpflichtige Lieferung, sonstige Leistung oder ein steuerpflichtiger innergemeinschaftlicher Erwerb rückgängig gemacht worden ist. Der Wegfall des Umsatzes beseitigt nämlich den Tatbestand, an den die Steuerpflicht geknüpft ist. Ob ein solcher Fall gegeben ist, ist nach den Vereinbarungen im Einzelfall zu beurteilen. So sind z. B. bei einem "sale-and-lease-back"-Verfahren regelmäßig nur Sicherungs- und Finanzierungsfunktionen gegeben, ohne dass die Verfügungsmacht übergeht.[1]

7.3.1 Anwendungsbereich

 

Rz. 188

Als Anwendungsfälle kommen die Ausübung eines vertraglich vorbehaltenen Rücktrittsrechts[1], des Rücktrittsrechts wegen Leistungsstörungen[2], anderer Rücktrittsrechte wie z. B. der fehlgegangenen Nacherfüllung eines Kaufvertrags[3] oder des Widerrufs bei Verbraucherverträgen[4], bei Verbraucherdarlehensverträgen[5], bei Ratenlieferungsverträgen[6] und ähnlichen Verträgen in Betracht. Der Eintritt einer auflösenden Bedingung und eine Anfechtung[7] können ebenso ursächlich sein wie eine Vereinbarung über eine Rückabwicklung, die nach der zunächst erbrachten Leistung getroffen wird. Belanglos ist es, ob bei der rückgängig gemachten Leistung der Leistungsempfänger ein Unternehmer war oder ein Nichtunternehmer.[8] Typischerweise liegt also eine Vertragsstörung i. w. S. vor.[9]

 

Rz. 189

Die Vorschrift lässt eine Vereinbarung des Rückgängigmachens nicht ausreichen, sondern verlangt das tatsächliche Rückgängigmachen des Umsatzes. Die Lieferung, die sonstige Leistung bzw. der innergemeinschaftliche Erwerb müssen rückgängig gemacht worden sein.[10] Zu der EuGH-Entscheidung, ob die Mitgliedstaaten im Hinblick auf das EuGH-Urteil Firin[11] berechtigt sind, die Berichtigung von Steuer und Vorsteuerabzug von der tatsächlichen Rückzahlung der Anzahlung abhängig zu machen, vgl. Rz. 57a. Der Wortlaut der Vorschrift § 17 Abs. 2 Nr. 2 UStG knüpft an die Vollendung des Rückgängigmachens, nicht jedoch lediglich an die Schaffung des Abwicklungsschuldverhältnisses an. Das kann die Rückgabe des gelieferten Gegenstands ebenso sein wie die "Rückgabe" einer eingeräumten Lizenz oder eines anderen Nutzungsrechts. Eine allgemeine Einschränkung des § 17 Abs. 2 Nr. 3 UStG für sonstige Leistungen, die nicht in der Begründung oder Übertragung von Wirtschaftsgütern bestehen[12], ist h. E. nicht gerechtfertigt.[13] Wie auch der zurückgegebene Gegenstand vom vorübergehenden Leistungsempfänger in dessen Verfügungsmacht stehend genutzt worden sein kann, ist dieses auch bei dem Inhalt einer sonstigen Leistung möglich und schließt ein Rückgängigmachen durch eine Nichtweiternutzung nicht aus. Allerdings wird bei sonstigen Leistungen sehr häufig mit deren Erbringung ein Verbrauch der Leistung einhergehen, der nicht mehr rückgängig gemacht werden kann.[14]

 

Rz. 190

Wegen des vollen Wegfalls des Vorsteuerabzugs in den Fällen eines Rückgängigmachens ist im Fall der Abtretung eines Vorsteuerüberhangs besonders zu beachten, dass sich bei einer Berichtigung nach § 17 Abs. 2 S. 3 UStG im Fall der bereits durchgeführten Auszahlung der Rückforderungsanspruch gegen den Zessionar (Abtretungsempfänger) richtet.[15] Hier besteht für die Zessionare ein besonderes, zeitversetztes Risiko.

[2] §§ 313–326.
[10] Ebenso BFH v. 18.9.2008, V R 56/06, BFH/NV 2009, 316; a. A. FG Münster v. 21.12.1994, 5 K 553/94 U, UR 1995, 310.
[12] FG Hamburg v. 5.2.1987, V 334/85, EFG 1987, 380.
[13] BGH v. 17.7.1984, 5 StR 376/84, StB 1985, 43.
[14] S. zu einer Vermittlungsleistung BFH v. 18.9.2008, V R 56/06, BFH/NV 2009, 316.

7.3.2 Rückgabe – Rücklieferung

 

Rz. 191

Das Rückgängigmachen (die Rückgabe des Liefergegenstandes) ist von der Rücklieferung genau zu trennen. Insbesondere in dem Fall, in dem nach der ursprünglichen Verschaffung der Verfügungsmacht zwischen den Geschäftspartnern eine Übertragung der Verfügungsmacht auf den früheren Lieferer vereinbart oder auf Anforderung gewährt wird, ist die Unterscheidung notwendig, ob eine weitere Lieferung oder eine Beseitigung (Rückgängigmachung) der ursprünglichen Lieferung vorliegt. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist die Abgrenzung, ob das Rückgängigmachen einer Lieferung oder eine selbstständige Rücklieferung vorliegt, aus der Sicht des zurückgebenden ursprünglichen Lieferungsempfängers und nicht aus der Sicht des Lieferers zu beurteilen.[1] Dabei ist für die Abgrenzung zwischen Rückgängigmachung und Rücklieferung unerheblich, ob der ursprüngliche Leistungsempfänger ein Unternehmer oder Nichtunternehmer war.[2] Geschieht aus der Sicht etwa des ursprünglichen Liefer...

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