Rz. 181

Ist für eine vereinbarte Lieferung oder sonstige Leistung ein Entgelt entrichtet worden, ohne dass (vorher oder) später die Lieferung oder sonstige Leistung ausgeführt worden ist, so sind ebenfalls in entsprechender Anwendung des § 17 Abs. 1 UStG Steuerbetrag und Vorsteuerabzug zu berichtigen. § 17 Abs. 2 Nr. 2 UStG richtet sich vor allem auf die Fälle der sog. Mindest-Istversteuerung nach § 13 Abs. 1 Buchst. a S. 4 UStG, demzufolge ein vereinnahmtes Entgelt, das vor der Erbringung der Leistung oder Teilleistung erbracht wurde (z. B. Vorauszahlungen, Abschlagszahlungen, Anzahlungen), auch im Regelfall der Sollversteuerung bereits mit der Voranmeldung des Voranmeldungszeitraums der Vereinnahmung zu versteuern ist (Art. 65 MwStSystRL).

7.2.1 Anzahlungen, Vorauszahlungen, Abschlagszahlungen

 

Rz. 182

Bei Anzahlungen, Vorauszahlungen und Abschlagszahlungen entsteht nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a S. 4 UStG die USt bereits mit dem Ablauf des Voranmeldungszeitraums der Vereinnahmung. Für den Zahlenden ergibt sich in diesen Fällen nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 UStG beim Vorliegen einer Rechnung mit gesondertem USt-Ausweis die Möglichkeit des Vorsteuerabzugs ebenfalls in der USt-Voranmeldung für den Voranmeldungszeitraum der Zahlung.[1] Unterbleibt in einem solchen Fall schließlich die vereinbarte Lieferung oder sonstige Leistung oder unterliegen diese z. B. wegen Nichtsteuerbarkeit oder Steuerbefreiung, nicht der USt, so fehlt die Grundlage für die Besteuerung. Steuerbetrag und Vorsteuerabzug müssen daher berichtigt werden. § 17 Abs. 2 Nr. 2 UStG ist in allen Fällen einschlägig, in denen Zahlungen geleistet werden, ohne dass die Leistung folgt.[2] Ob eine Rechnung zurückgegeben worden ist, ist für die Anwendung des § 17 Abs. 2 Nr. 2 UStG nach dessen Wortlaut ohne Bedeutung.

[2] Kessens, in Offerhaus/Söhn/Lange, UStG, § 17 UStG Juni 2020 Rz. 47.

7.2.2 Nichterbringung der Leistung

 

Rz. 183

§ 17 Abs. 2 Nr. 2 UStG gilt in erster Linie für die Fälle der Anzahlungen, Vorauszahlungen und Abschlagszahlungen, also in den Fällen der Mindest-Istversteuerung nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a S. 4 UStG ohne folgende Leistung. Sie kommt jedoch darüber hinaus auch in anderen Fällen zur Anwendung, wenn z. B. auf eine Vorausrechnung hin die bestellte Leistung bereits bezahlt wird, die Leistung dann jedoch nicht folgt.[1] Die Nichterbringung der Leistung bei bereits erbrachter Zahlung des Entgelts muss für die Anwendung des § 17 Abs. 2 Nr. 2 UStG noch nicht endgültig feststehen. Ausreichend ist es, dass die Leistung vorerst nicht zu erwarten ist und die Entgelterbringung zunächst keine Grundlage hat. Die Vorschrift ist auch anzuwenden, wenn die Leistung nur teilweise, also nicht vollständig erbracht worden ist. In diesem Fall sind Steuer und Vorsteuerabzug nur entsprechend anteilig zu berichtigen. Ein Fall der Nichterbringung ist auch dann anzunehmen, wenn eine Anzahlung für eine Vermittlungsleistung getätigt wird, die vermittelte Leistung dann aber wegen Nichtsteuerbarkeit der Vermittlungsleistung nicht der deutschen Besteuerung unterliegt. Das ist z. B. bei Vermittlungsleistungen betr. Leistungen im Zusammenhang mit Grundstücken gem. § 3a Abs. 3 Nr. 4 i. V. m. § 3a Abs. 3 Nr. 1 UStG der Fall (Ort der Vermittlungsleistung am Belegenheitsort des Grundstücks). In diesem Fall ist gem. § 17 Abs. 2 Nr. 2 UStG i. V. m. § 17 Abs. 1 UStG die Steuer zu berichtigen.[2]

§ 17 Abs. 2 Nr. 2 UStG greift aber nicht, wenn die Nichtausführung der Leistung bereits bei Zahlung bekannt war. Wenn kein Leistungsverhältnis vorliegt, kann auch keine Vorsteuer gezogen werden und das Gleichgewicht, das geschaffen werden soll, ist nicht gefährdet.[3]

 

Rz. 184

Verengt sich der ursprünglich vereinbarte Leistungsinhalt (s. zur Leistungseinengung Rz. 5556) und ist das Entgelt gegenüber dem neuen Leistungsinhalt überzahlt, so ist § 17 Abs. 2 Nr. 2 UStG ebenfalls hinsichtlich des übersteigenden Betrags anzuwenden.[4] Entsprechendes gilt, wenn im Insolvenzverfahren des Werkunternehmers der Verwalter die vollständige Erfüllung des Vertrags ablehnt und der Besteller das Entgelt bereits in größerem Umfang geleistet hat, als es dem Leistungsstand entspricht.[5]

[1] Kessens, in Offerhaus/Söhn/Lange, UStG, § 17 UStG Juni 2020 Rz. 47.
[2] BFH v. 8.9.2011, V R 42/10, BStBl II 2012, 248 für den Fall des Verkaufs von Hotelschecks.
[3] FG Hamburg v. 16.2.2023, 6 K 239/21, juris, Dokument-Index HI15700730, zu Leistungen eines Fitnessstudios während der Schließzeit durch Corona-Verordnung; vgl. zu dieser Problematik auch v. FM Mecklenburg-Vorpommern v. 11.5.2021, S 7100-00000-2020/005-002, juris sowie FM Schleswig-Holstein v. 3.12.2020, VI 3510-S 7100-759, juris.

7.2.3 Nichtrückgewähr des überschießenden Betrags

 

Rz. 185

Nach h. M. ist die Berichtigung in den Fällen des § 17 Abs. 2 Nr. 2 UStG nicht davon abhängig, dass der zu viel gezahlte Betrag zurückgezahlt wird.[1] Dies scheint auch dem Wortlaut der Vorschrift zu entsprechen, der eine Rückgewähr des (zu viel) gezahlten Entgelts nicht ausdrückli...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge