Rz. 135

Die Berichtigung des Vorsteuerabzugs kann (sie muss nicht!) unterbleiben, wenn ein dritter Unternehmer den auf die Minderung des Entgelts entfallenden Steuerbetrag an das FA entrichtet. Voraussetzung für die Anwendung der Vorschrift ist, dass drei Unternehmer beteiligt sind; bei zwei Unternehmern besteht eine Steuerschuld, ein Unternehmer bleibt unbeschränkt vorsteuerabzugsberechtigt.

 

Rz. 136

Der ungeminderte Vorsteuerabzug bleibt erhalten, weil insgesamt die volle Steuerschuld bestehen bleibt. Die Summe der gezahlten bzw. zu zahlenden Steuerschuld besteht dann aus der USt für das geminderte Entgelt und der USt, die vom dritten Unternehmer in Höhe des Betrags der Entgeltminderung zu zahlen ist. Diese Summe entspricht damit dem vollen Vorsteuerabzugsbetrag. Eine solche Fallkonstellation ist vor allem bei Zentralregulierungsgeschäften anzutreffen. Der Zentralregulierer, i. d. R. eine Genossenschaft, führt für seine Mitglieder (Abnehmer) den Abrechnungsverkehr mit den Lieferern durch. Während das einzelne Mitglied an den Zentralregulierer den vollen Kaufpreis entrichtet, kann dieser bei der Abrechnung mit dem Lieferer Skontoabzüge vornehmen. Die an sich in den Rechnungen erforderlichen Angaben über Skonti usw. brauchen bei solchen Zentralregulierungsgeschäften nicht enthalten zu sein.[1]

 

Rz. 137

§ 17 Abs. 1 S. 7 geht anscheinend davon aus, dass durch den Skontoabzug eine Entgeltminderung für den Umsatz des Lieferers eintritt. Allerdings wendet der Lieferungsempfänger nach wie vor denselben Preis auf. Da zudem Entgelt alles ist, was den Wert der Gegenleistung bildet, die der leistende Unternehmer vom Leistungsempfänger für die Leistung erhält oder erhalten soll (§ 10 Abs. 1 S. 2 UStG), muss das Gesetz von einer Aufspaltung des ursprünglichen Entgelts in ein um den Netto-Skontoabzug gemindertes Entgelt für die Lieferung und ein Entgelt in Höhe der Differenz für die Abrechnungsleistung des Zentralregulierers an sein Mitglied ausgehen.[2] Der BFH[3] hatte entgegen der derzeitigen Verwaltungsauffassung[4] demgegenüber eine Verminderung des Aufwands der Leistungsempfänger und auch des Vorsteuerabzugsrechts angenommen, wenn der Zentralregulierer – zusätzlich zu einem von dem Warenlieferanten an den Anschlusskunden eingeräumten Skonto – für den Warenbezug einen Preisnachlass gewährt.[5]

Im Zusammenhang mit der Rechtsprechung des EuGH zu den Preisnachlässen bei Vermittlern[6] hat der BFH[7] seine frühere Rechtsprechung[8] aufgegeben. Ebenso wie der EuGH Preisnachlässe bei Vermittlungsleistungen anders behandelt als in einer Leistungskette von Unternehmern, sieht der BFH in dem Fall der Zentralregulierung keine Lieferkette, sondern die Einschaltung des Zentralregulierers in die Lieferbeziehungen zwischen dem Lieferer und dem Lieferungsempfänger. Nach Rechtsprechung zu der Frage der Entgeltsminderung in diesen Fällen, in denen der Zentralregulierer gerade nicht in die Lieferkette zwischen Lieferer und Lieferungsempfänger eingebunden ist, wird berücksichtigt, dass der Zentralregulierer eigenständige sonstige Leistungen erbringt. Hier wird weder das Entgelt für die Leistung des Zentralregulierers noch das Entgelt der Anschlusskunden für die Lieferungen des Lieferers geändert. Die Verwaltung hat sich dieser Auffassung angeschlossen.[9]

 

Rz. 138

Wegen der Entgeltminderung um den Skontoabzug hat der Lieferer den geschuldeten Steuerbetrag zu berichtigen. Der Leistungsempfänger braucht seinen Vorsteuerabzug nicht zu berichtigen, soweit der zwischengeschaltete Zentralregulierer die USt entrichtet. Soweit dies nicht geschieht, ist der Lieferungsempfänger zur Berichtigung des Vorsteuerabzugs verpflichtet. Dabei ist unter sinnvoller Auslegung der Vorschrift nicht die tatsächliche Zahlung als Entrichtung zu fordern. Die Erklärung dieser Differenzbeträge in der Voranmeldung des dritten Unternehmers muss ausreichen.[10] Nach § 13 Abs. 1 Nr. 5 UStG entsteht im Übrigen die Steuer des Zentralregulierers für die Abrechnung mit dem Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Änderung durch Skontoabzug eingetreten ist. Auch ist zu beachten, dass Zahlungen der Mitglieder an den Zentralregulierer für Werbungsleistungen u. Ä. Gegenstand eines anderen Leistungsaustauschs sind. Sie führen nicht zur Entgeltminderung bei dem überhaupt nicht betroffenen Lieferer. Sie unterliegen auch nicht dem § 17 Abs. 1 S. 7 UStG.[11]

 

Rz. 139

Nach h. M.[12] erfasst der Gedanke des § 17 Abs. 1 S. 7 auch die an sich nicht unter § 17 UStG fallenden Zentralregulierungsfälle, in denen die Entgeltminderung vor der Inanspruchnahme des Vorsteuerabzugs durch den Lieferungsempfänger eintritt.

[2] Zur Problematik bei Zentralregulierern vgl. Stadie, in Rau/Dürrwächter, UStG (01.2021), § 17 UStG Rz. 295.
[5] BFH v. 13.7.2006, V R 46/05, BStBl II 2007, 186, zu Dreiecksverhältnissen.
[6] EuGH v. 16.1.2014, C-300/12, Ibero Tours, BStBl II 2015, 317.

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