Rz. 54

Eine Änderung liegt vor, wenn sich der Wert der Gegenleistung, die der Leistende für seine Leistung erhält oder erhalten soll, mindert oder erhöht. Diese Gegenleistung muss sich erhöht oder gemindert haben. Auf die Gründe, die für die Ermäßigung oder Erhöhung der Gegenleistung maßgebend waren, kommt es nicht an.[1] Dies kann sich durch Vereinbarung oder durch Rechtsfolgen aus gesetzlichen Regelungen ergeben, z. B. bei Ausübung von Gestaltungsrechten, Geltendmachung von Minderungen nach §§ 323ff., 346ff., 441 BGB. Für die Änderung bedarf es nicht der Einhaltung irgendwelcher Formvorschriften, da die Minderung bzw. Erhöhung lediglich davon abhängt, dass die Änderung tatsächlich eingetreten ist.[2]

Die Änderung der Bemessungsgrundlage nach § 17 Abs. 1 S. 1 UStG setzt im Übrigen keine vertragliche Vereinbarung voraus.[3]

 

Rz. 55

Die Leistungseinengung, also die Entstehung eines neuen Leistungsgegenstands, ist keine Änderung der Bemessungsgrundlage, sondern eine Änderung bereits des Leistungsumfangs. Diese Fälle können innerhalb und außerhalb eines Insolvenz- oder Konkursverfahrens auftreten. Wird eine vertraglich vereinbarte Leistung, z. B. ein vereinbartes Werk, nicht fertiggestellt und ist eine vollständige Erbringung der Leistung (Vollendung des Werks) durch den Leistungspflichtigen nicht mehr vorgesehen, so entsteht ein neuer Leistungsgegenstand mit dem Inhalt, der im maßgebenden Zeitpunkt bereits erbracht ist. Lehnt im Insolvenzverfahren der Insolvenzverwalter nach § 103 InsO die Erfüllung des Vertrags ausdrücklich ab, verengt sich der Leistungsinhalt auf das, was bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens tatsächlich geleistet war.[4] Für den Fall der Bestellerinsolvenz gilt Entsprechendes, wenn das nicht fertiggestellte Werk nach § 105 InsO nicht mehr zurückgefordert werden kann.[5] Im Fall der Leistungseinengung im Insolvenzverfahren ist hinsichtlich des Entgelts für den eingeengten Leistungsgegenstand meist eine Uneinbringlichkeit i. S. d. § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG gegeben (Rz. 158 – Rz. 165).

 

Rz. 56

Stellt außerhalb eines Insolvenzverfahrens aus anderen Gründen ein Werkunternehmer seine Arbeiten vorzeitig und endgültig ein, so wird das bis dahin errichtete teilfertige Werk zum Gegenstand der Leistung.[6] Für die Bestimmung des Leistungsumfangs ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem für den Leistenden feststeht, dass er endgültig nicht darüber hinaus leisten werde.

 

Rz. 57

Die Vereinbarung über die Änderung des Kaufpreises ist bereits die Änderung[7] des vereinbarten Entgelts. Allerdings setzt eine Änderung des Entgelts für die Rechtsfolge des § 17 Abs. 1 UStG nach der Vereinbarung des Entgelts dessen tatsächliche teilweise oder volle Rückzahlung voraus.[8] Das gilt sowohl für die Fälle des § 17 Abs. 1 S. 1 UStG als auch Abs. 2 S. 2 und die Vorsteuerberichtigung nach § 17 Abs. 1 S. 2 UStG.

 

Rz. 57a

Im Fall der Anzahlung für eine Leistung, die nicht erbracht wird, gilt nach der EuGH-Rechtsprechung[9], dass für die Beurteilung der Frage, ob die für die Entstehung des Mehrwertsteueranspruchs hinsichtlich der Anzahlung auf eine Leistung und das damit einhergehende Recht auf Vorsteuerabzug erforderliche Gewissheit, dass die angezahlte Leistung bewirkt werden wird, auf den Zeitpunkt der Anzahlung abzustellen ist. Der EuGH ging davon aus, dass die maßgeblichen Elemente der zukünftigen Lieferung als dem jeweiligen Erwerber bekannt angesehen werden konnten und diesen die Lieferung folglich als sicher erschien. Es ist nach dem EuGH-Urteil nicht von Bedeutung, dass der Zeitpunkt der Lieferung des Gegenstands im Zeitpunkt der Anzahlung noch nicht feststand. Der EuGH schlussfolgert daraus, dass das Recht auf Vorsteuerabzug nicht versagt werden durfte. Weiter hat der EuGH aber auch entschieden, dass die Finanzverwaltung in einem Fall, in dem eine Lieferung nach geleisteter Anzahlung nicht erfolgt, eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs vornehmen darf. In diesem Fall könne auch der Leistende die bereits gezahlte USt von der Verwaltung zurückverlangen. Der Grundsatz der steuerlichen Neutralität wird nach dem EuGH-Urteil dadurch gewahrt, dass der Leistungsempfänger einen zivilrechtlichen Anspruch gegen den Leistenden auf Rückerstattung der Anzahlung habe. In einem Fall der Zahlungsunfähigkeit des Leistenden, der seinerseits zuvor die MwSt abgeführt hat (wie in den Ausgangsfällen), können es nach dem Urteil die Grundsätze der Neutralität und Effektivität gebieten, dass der Leistungsempfänger seinen Antrag auf Erstattung (anstelle vom Leistenden) auch unmittelbar an die Finanzverwaltung richten kann. Im Ergebnis müssten die Leistungsempfänger also (aufgrund der Nichtausführung der Leistung) eine Vorsteuerberichtigung vornehmen, aber in gleicher Höhe einen Erstattungsanspruch gegenüber der Finanzverwaltung geltend machen. Dies ist für den EuGH offenkundig unangemessen. Gleichwohl stehen nach dem Urteil die Art. 185 und 186 MwStSystRL nationalen Rechtsvorschriften nicht entgegenstehen, nach denen die Berichtigung des Vorsteuerabzugs hinsich...

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