Rz. 37

Nach § 17 Abs. 1 S. 8 UStG sind die Berichtigungen der Steuer und/oder des Vorsteuerabzugs für den Besteuerungszeitraum vorzunehmen, in dem die Änderung der Bemessungsgrundlage bzw. der in § 17 Abs. 2 und 3 UStG als sinngemäß gleich zu behandeln erklärte Vorfall eingetreten ist. Materiell-rechtlich würde der Vorgang an sich zurückwirken auf die Entstehung des Steueranspruchs nach § 13 UStG. Durch die Sonderregelung des § 17 Abs. 1 S. 8 UStG wird diese Rückwirkung für die wesentlichsten Fälle des Umsatzsteuerrechts beseitigt. Das bedeutet, dass bei einer Erhöhung der Bemessungsgrundlage ein zusätzlicher Steueranspruch und ein weiterer Anspruch auf Vorsteuerabzug (Vorsteuervergütung) entstehen. Bei einer Minderung ergeben sich einerseits ein entsprechender Erstattungsanspruch des leistenden Unternehmers gegen den Steuergläubiger (Zahlung der USt vorausgesetzt!) und – abgesehen von den Ausnahmen des § 17 Abs. 1 S. 3 UStG – ein Rückforderungsanspruch des Steuergläubigers in Höhe der Differenz des ursprünglichen Vorsteuerabzugsbetrags zur verbleibenden Vorsteuer.

 

Rz. 38

§ 17 Abs. 1 S. 8 UStG hat im Wesentlichen eine materiell-rechtliche Bedeutung. Für die Entstehung der Ansprüche durch Minderung oder Erhöhung ist der Ablauf des Voranmeldungszeitraums der Änderung in der Bemessungsgrundlage bzw. des gleichgestellten Umstands maßgebend.[1] Bei einer zwischenzeitlichen Erhöhung des USt-Satzes ist der z. Zt. der Bewirkung des Umsatzes, nicht dagegen der im Augenblick der Veränderung geltende Steuersatz anzuwenden (§ 27 Abs. 1 UStG). Bei der Berichtigung von fehlerhaften oder unvollständigen Rechnungen lässt die EuGH- und BFH-Rechtsprechung einen Vorsteuerabzug auch ohne formelle Rechnungsberichtigung zu, und zwar mit Rückwirkung.[2]

 

Rz. 39

Die sich so ergebenden Steuer-, Erstattungs-, Rückforderungs- und Vergütungsansprüche werden verfahrensmäßig grundsätzlich mit den Steuern und Vorsteuern des Voranmeldungszeitraums, in dem die Veränderung eingetreten ist, zusammen behandelt. Sie sind nach § 18 Abs. 1 S. 3 und Abs. 3 S. 1 UStG mit der USt-Voranmeldung und der USt-Jahreserklärung des Besteuerungszeitraums der Änderung zu erklären. Sie sind damit keine selbstständigen Ansprüche. Das gilt auch für den Erstattungsanspruch, der ebenso wenig wie sonst selbstständig abgetreten, verpfändet und gepfändet werden kann.[3] Allerdings soll ein aus Billigkeitsgründen gewährter Erlass des Rückforderungsanspruchs aus dem nach § 17 UStG zu hohen Vorsteuerabzug des Leistungsempfängers ausgeschlossen sein, weil dieses ein Verzicht auf die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung sei.[4] Wird aufgrund der Änderung der Bemessungsgrundlage der Umsatzsteuerbetrag (und der Vorsteuerabzug) nach § 17 Abs. 1 S. 7 UStG geändert, und war zuvor aufgrund der früheren Steuerfestsetzung ein Vorsteuerüberhang an einen Zessionar des Unternehmers abgetreten und vergütet (erstattet) worden, so kann der vergütete bzw. erstattete Betrag nicht vom Zessionar zurückgefordert werden. Da § 17 UStG ein eigenständiger materiell-rechtlicher Berichtigungstatbestand gegenüber den Vorschriften der AO enthält, der zu keiner rückwirkenden Änderung des ursprünglichen USt-Bescheids führt, kann eine solche auch nicht zu einem Wegfall der damaligen Erstattungsberechtigung führen.[5]

 

Rz. 39a

Bei Rechnungsberichtigungen in Fällen des § 14c Abs. 1 S. 2 UStG tritt ebenfalls keine Rückwirkung ein. Der V. Senat des BFH differenziert diese Fälle von denjenigen, in denen der EuGH in den Urteilen Senatex und Barlis 06 v. 15.9.2016[6], beim Vorsteuerabzug unter bestimmten Umständen eine Rückwirkung zulässt.[7]

Ändert sich bei einer Leistung, die in eine Zusammenfassende Meldung (ZM) gem. § 18a Abs. 1 oder 2 UStG aufzunehmen ist, eine in die ZM aufzunehmende Angabe, so hat der Unternehmer die Änderung in der ZM für den Zeitpunkt der Änderung zu korrigieren. § 18a Abs. 7 Nr. 4 S. 2 UStG bestimmt nämlich, dass § 17 UStG entsprechend anzuwenden ist. Von dieser entsprechenden Anwendung des § 17 UStG werden allerdings diejenigen Fälle nicht erfasst, bei denen bereits die ursprüngliche Angabe in der ZM unzutreffend war.[8]

Bei einer nachträglichen Änderung der Bemessungsgrundlage, z. B. Kaufpreisminderung im Oktober 01, ist durch Ansetzung des Minderbetrages mit einem Minuszeichen in der ZM für Oktober 01 die Berichtigung durchzuführen.

[2] EuGH v. 15.9.2016, C-518/14, Senatex, BFH/NV 2016, 1870, UR 2016, 800; EuGH v. 15.9.2016, C-516/14, Barlis 06, BFH/NV 2016, 1870, UR 2016, 795; u. a. BFH v. 20.10.2016, V R 26/15, BFH/NV 2017, 252, BStBl II 2020, 593; s. dazu auch Widmann, UR 2017, 18ff.
[3] Horn, in Schwarz/Pahlke/Keß, AO/FGO (07/2022), § 46 AO Rz. 3.
[4] BFH v. 15.9.1983, V R 125/78, BStBl II 1984, 71; vgl. auch Stadie, in Rau/Dürrwächter, UStG, (01.2021), § 17 UStG Rz. 135.

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