Rz. 31

Von der nach § 16 Abs. 1 UStG so bezeichneten "Steuer" sind die in den Besteuerungszeitraum fallenden nach § 15 UStG abziehbaren Vorsteuerbeträge abzusetzen. Dabei handelt es sich um die im Besteuerungszeitraum entstandenen Vorsteuerbeträge. Das bedeutet, dass alle Voraussetzungen des grundsätzlich nach Sollgrundsätzen erfolgenden Vorsteuerabzugs (Ausführung der Umsätze, Inrechnungstellung der USt) nach Maßgabe des § 15 UStG in dem betreffenden Besteuerungszeitraum vorliegen müssen. Der Zeitpunkt des Vorsteuerabzugs ergibt sich (leider) nicht aus § 13 UStG, auch nicht im Rahmen einer "analogen Anwendung". Ist also z. B. Ende des Kj. 01 die Lieferung ausgeführt, aber erst Anfang des Jahrs 02 in Rechnung gestellt worden, so gehört die Vorsteuer in das Kj. 02 – wobei als "Besteuerungszeitraum" natürlich regelmäßig der Voranmeldungszeitraum fungiert. Entsprechend der ab 1.1.1980 geltenden Besteuerung von Vorauszahlungen, Anzahlungen und dgl. kann die gesondert in Rechnung gestellte Steuer auf Vorauszahlungen etc. bereits vor Ausführung des Umsatzes abgezogen werden, wenn die Rechnung vorliegt und die Zahlung geleistet worden ist (§ 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 3 UStG). Ist also z. B. Ende des Jahres 01 eine Rechnung über eine Anzahlung mit gesondert ausgewiesener Steuer erstellt und bezahlt worden, so ist die Vorsteuer im Kj. 01 (regelmäßig für den Voranmeldungszeitraum Dezember) abzuziehen, auch wenn die Lieferung erst im Jahr 02 erfolgt. Diese Ausführungen zur "Berechnung" des Vorsteuerabzugs zeigen m. E. im Ergebnis, dass sich der Zeitpunkt der Geltendmachung des Vorsteuerabzugs nicht analog zu § 13 UStG, sondern unmittelbar und ausschließlich aus § 15 UStG (§ 15 UStG Rz. 174) ergibt. Davon unabhängig ist die m. E. untergeordnete Frage nach dem "Entstehen" des Vorsteueranspruchs. Der Vorsteueranspruch entsteht mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums des "Leistungsbezugs" in analoger Anwendung des § 13 UStG, wenn der Leistende nach vereinbarten Entgelten versteuert. Dies ergibt sich aus Art. 167 MwStSystRL, wonach das Recht auf den Vorsteueranspruch entsteht, wenn der Anspruch auf die abziehbare Steuer entsteht.[1] Je nachdem, ob der leistende Unternehmer nach vereinbarten Entgelten (§ 16 Abs. 1 S. 1 UStG) oder nach vereinnahmten Entgelten (§ 20 UStG) besteuert, ergibt sich somit auch für den Leistungsempfänger ein ggf. variierender Zeitpunkt des Vorsteueranspruchs[2], obwohl er von der Art der Besteuerung des Leistenden i. d. R. keine Kenntnis hat und auch nicht erlangt. Für die Praxis ist mithin regelmäßig der Zeitpunkt des Vorsteuerabzugs von Bedeutung. So hat der BFH[3] in einer Entscheidung zum Abzug der Vorsteuer aus einer Anzahlung entschieden, dass es zusätzliche Voraussetzung für den Vorsteuerabzug aus einer Anzahlung nach der Entscheidung des EuGH[4] sei, dass der Eintritt des Steuertatbestands im Zeitpunkt der Anzahlung nicht "unsicher" ist. Dies habe der EuGH damit begründet, dass der Vorsteuerabzug grundsätzlich erst dann entsteht, wenn auch der Anspruch auf die abziehbare Vorsteuer entsteht. Dies setze voraus, dass zunächst alle maßgeblichen Elemente des Steuertatbestands der künftigen Lieferung oder sonstigen Leistung zum Zeitpunkt der Anzahlung genau bestimmt sind.

 

Rz. 32

Der Wortlaut des § 16 Abs. 2 UStG stellt klar, dass alle in den Besteuerungszeitraum fallenden abziehbaren Vorsteuerbeträge abzuziehen sind, also unabhängig davon, ob beispielsweise die eingekauften Waren schon in verkaufte Produkte eingegangen sind oder ob sie sich noch als Vorräte im Unternehmen befinden. Zwischen dem einzelnen Einkauf und Verkauf besteht für die Technik des Vorsteuerabzugs nur insofern ein Zusammenhang, als diese nicht den "den Vorsteuerabzug ausschließenden Umsätzen" in Form einer Prognose im Zeitpunkt des Leistungsbezugs zugerechnet werden dürfen. M. a. W. erwächst das Recht zum Vorsteuerabzug dem Unternehmer im Zeitpunkt des Vorliegens der in § 15 UStG genannten Tatbestandsmerkmale sofort[5] und vorbehaltlos, sofern der Unternehmer zzt. des Leistungsbezugs die durch objektive Anhaltspunkte belegte Absicht hat, die Eingangsumsätze für solche Ausgangsumsätze zu verwenden, die den Vorsteuerabzug nicht gem. § 15 Abs. 2 UStG ausschließen. Entspricht die spätere tatsächliche Verwendung nicht der beabsichtigten, erfolgt eine Korrektur des gewährten Vorsteuerabzugs grundsätzlich nur über § 15a UStG. Kommt es allerdings bereits im Besteuerungszeitraum (i. d. R. Voranmeldungszeitraum) des Leistungsbezugs zur Verwendung der bezogenen Leistung, so richtet sich der Umfang des Vorsteuerabzugs nach der tatsächlichen und nicht nach der beabsichtigten Verwendung.§ 15 UStG Rz. 165.

 

Rz. 33

Hat ein Unternehmer den Abzug von Vorsteuerbeträgen nicht in dem nach § 16 Abs. 2 UStG vorgeschriebenen Zeitpunkt vorgenommen, sondern den rechtzeitigen Abzug unterlassen, so kann er im Voranmeldungsverfahren den Abzug nicht in der Voranmeldung für einen späteren Voranmeldungszeitraum nachholen. Der Unternehmer hat jedoch bis zur Festsetzu...

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