Rz. 95

Nach dem durch Art. 4 Nr. 10a des Jahressteuergesetzes 2010 (JStG 2010) v. 8.12.2010[1] mWv 1.1.2011 (zur Übergangsregelung vgl. § 27 Abs. 16 UStG) neu eingefügten Abs. 6a liegt eine Änderung der Verhältnisse auch bei einer Änderung der Verwendung i. S. v. § 15 Abs. 1b UStG vor. Eine solche Verwendungsänderung liegt vor, wenn sich das Verhältnis zwischen unternehmerischer und nichtunternehmerischer (privater, hoheitlicher, außerunternehmerischer) Nutzung eines Grundstücks oder grundstücksgleichen Rechts ändert. Die Vorsteuerberichtigung nach § 15a Abs. 6a UStG setzt voraus, dass die allgemeinen Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 UStG vorliegen. Soweit ein Grundstück, ein grundstücksgleiches Recht oder ein Gebäude auf fremdem Grund und Boden nicht dem Unternehmen zugeordnet worden ist, ist eine Korrektur nach § 15a Abs. 6a UStG ausgeschlossen. Da die Vorsteuerkorrektur zugunsten wie zuungunsten des Unternehmers gilt, sollten Unternehmer daher das Grundstück in jedem Fall im Anschaffungs- oder Herstellungszeitpunkt vollständig dem Unternehmen zuordnen, um bei späteren Änderungen in der Verwendung in den Genuss von höheren Vorsteueransprüchen zu kommen. Sofern sich die nichtunternehmerische Verwendung erhöht und eine Vorsteuerberichtigung nach § 15a Abs. 6a UStG durchzuführen ist, erfolgt keine Wertabgabenbesteuerung nach § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG.[2] Die Regelung wird ergänzt durch den – ebenfalls mWv 1.1.2011 eingeführten – Satz 2 des § 15a Abs. 8 UStG (Rz. 131).

 
Praxis-Beispiel

Unternehmer U erwirbt am 1.7.01 ein Gebäude zu einem Kaufpreis von 1 Mio. EUR zzgl. 190.000 EUR USt, das er zu 100 % dem Unternehmensvermögen zuordnet. Eine Wohnung in dem Gebäude, die 25 % der Gesamtfläche ausmacht, bewohnt U ab dem Zeitpunkt der Anschaffung privat. Ab 1.7.03 gibt U die Privatwohnung auf und nutzt das Gebäude zu 100 % für seine unternehmerischen (vorsteuerunschädlichen) Zwecke.

U kann im Juli 01 für die Anschaffung des Gebäudes nur einen Vorsteuerabzug von 75 % von 190.000 EUR = 142.500 EUR geltend machen. Wegen der Privatnutzung des Gebäudes zu 25 % ist der Vorsteuerabzug in entsprechender Höhe (47.500 EUR) ausgeschlossen. Ab 1.7.03 erhält U im Wege der Vorsteuerberichtigung wegen der veränderten Grundstücksverwendung (jetzt 100 %ige unternehmerische Nutzung des Grundstücks) den vollen Vorsteuerabzug pro rata temporis für die verbleibende Zeit des Berichtigungszeitraums, falls es später nicht zu weiteren Veränderungen in der Gebäudenutzung kommt. Ab 1.7.03 erhöht sich somit der Vorsteuerabzug um jährlich 1/10 (Berichtigungszeitraum 10 Jahre) von 25 % von 190.000 EUR = 1/10 von 47.500 EUR = 4.750 EUR für die verbleibenden 8 Jahre Berichtigungszeitraum = insgesamt 8 * 4.750 EUR = 38.000 EUR.

 

Rz. 96

Die Regelungen des § 15a Abs. 6a UStG und des § 15a Abs. 8 S. 2 UStG sind eigentlich ein Fremdkörper in § 15a UStG, der als Berichtigungsregelung für Verwendungsänderungen im Hinblick auf § 15 Abs. 2 bis 4 UStG eingeführt wurde.[3]

[1] BGBl I 2010, 1768.
[2] BMF v. 22.6.2011, IV D 2 – S 7303 – b, BStBl I 2011, 597, Abschn. 15.6a UStAE.
[3] Rz. 73; Krit. auch Ehrke-Rabel/v. Streit, UR 2015, 249, 254.

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