Rz. 385

Der Ausschluss vom Vorsteuerabzug tritt gem. § 15 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. a UStG nicht ein, wenn die erworbenen oder eingeführten Gegenstände sowie die in Anspruch genommenen sonstigen Leistungen der Ausführung von Umsätzen dienen, die nach § 4 Nr. 1 bis 7, § 25 Abs. 2 oder § 26 Abs. 5 UStG steuerfrei sind. Diese Umsätze werden also durch die Steuerbefreiung i. V. m. dem durch die Rückausnahme des § 15 Abs. 3 UStG möglichen Vorsteuerabzug vollkommen von USt entlastet. Insofern ergibt die systematische Wirkung eines Nullsatzes für die betroffenen Umsätze – Steuerbefreiung mit Vorsteuerabzug. Diese Vorstufenbefreiung vermeidet im geltenden Allphasensystem die ständige Belastung mit vom Unternehmer vorzufinanzierenden Vorsteuern, die nicht mit Steuern auf steuerpflichtige Umsätze verrechnet werden können, da die Exportumsätze und Umsätze für die Schifffahrt und Luftfahrt gem. § 4 Nr. 1 bis 7 UStG steuerfrei sind. Ebenso ist es bei den Reiseleistungen gem. § 25 Abs. 2 UStG und bei den NATO-Umsätzen gem. § 26 Abs. 5 UStG.

 

Rz. 386

Es entspricht seit Langem internationaler Übung, im grenzüberschreitenden Warenverkehr die Ausfuhrlieferungen von der USt des Ursprungslands zu entlasten und mit der des Bestimmungslands zu belasten. Letztlich soll dadurch der Verbraucher jeweils mit der USt seines Landes belastet bleiben, gleichgültig, ob es sich um ein heimisches oder ein eingeführtes Erzeugnis handelt (Bestimmungslandprinzip); mit anderen Worten: Die Umsatzsteuerbelastung einer Leistung soll sich nach den Vorschriften des Landes richten, in dem der Gegenstand verbraucht wird, und nicht nach denen des Landes, in dem der Gegenstand nur hergestellt worden ist. Nach diesem Grundsatz wird bei allen Verbrauchsteuern verfahren, indem i. d. R. die Steuer jeweils nur beim steuerbaren Verbrauch einer Ware im Anwendungsgebiet der einzelnen Verbrauchsteuergesetze (Inland) erhoben wird. Bei der Ausfuhr wird sie i. d. R. nicht festgesetzt. Falls bei der Einfuhr oder nach anderen von den einzelnen Gesetzen festgelegten Kriterien Steuer zu erheben war, wird sie bei der Wiederausfuhr vergütet bzw. erstattet.[1]

Im Bestimmungsland wird die Ware dann mit den dortigen Verbrauchsteuern belastet. Dieses Regime liegt auch der seit dem 1.1.1993 geltenden Übergangsregelung für die USt im EU-Binnenmarkt zugrunde.

 

Rz. 387

Der Vorsteuerabzug ist aber nicht nur auf die Ausfuhrlieferungen und die innergemeinschaftlichen Lieferungen[2] beschränkt, sondern erstreckt sich auch auf die nach § 4 Nr. 2 bis 7 UStG befreiten Umsätze. Die Entlastung der Umsätze im grenzüberschreitenden Waren- und Leistungsverkehr gestaltet sich denkbar einfach. Aus folgendem Beispiel kann sowohl die Ermittlung der Exportpreise als auch die Vollentlastung erkannt werden:

 
  Nettowert USt bzw. Vorsteuer Einkaufs- bzw. Verkaufspreis Zahllast USt-Belastung

Vorumsatz

Wertschöpfung

60,00

40,00

19 % = 11,40

stfr.
71,40 ./.11,40 11,40
  100 - 100 - 0

Die Wertschöpfung bleibt steuerfrei. Die Vorsteuer wird vom FA erstattet. Die Gesamtbelastung mit USt beträgt somit 0. Der Preis für den ausländischen Abnehmer kann dem Nettowert entsprechen. Steuerbefreiung einschließlich Vorsteuerabzug ergeben die Vollentlastung.

 

Rz. 388

Bei den nichtsteuerbaren und steuerfreien Vorleistungen zu Exportumsätzen[3] führt der unterbrochene Vorsteuerabzug systemwidrig zu einem nicht korrigierbaren Mangel in Bezug auf die Vollentlastung. Die Vorsteuern der Versicherungsunternehmen bspw. werden und bleiben Preisbestandteil, gehen also in den Preis der Exportgüter und -leistungen ein und können auch beim Export nicht mehr offengelegt und entlastet werden. Der EuGH hat in dem Urteil v. 7.12.2006[4] es für von der 6. EG-Richtlinie gedeckt angesehen, dass für die innergemeinschaftliche Lieferung von im Inland (unecht) steuerfreien Gegenständen kein Vorsteuerabzug zulässig ist.

 

Rz. 389

Im System der MwSt wäre ein besonderer Buch- und Belegnachweis für den grenzüberschreitenden Waren- und Leistungsverkehr dann entbehrlich, wenn nur Umsätze zwischen Unternehmern getätigt würden. Wenn ein Wirtschaftsgut, für dessen Lieferung Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 1 UStG in Anspruch genommen worden ist, nicht in das Ausland gelangt, weil es bspw. vom ausländischen Abnehmer an einen inländischen Unternehmer weiterverkauft worden ist, wird bei diesem Unternehmer i. d. R. die Besteuerung nachgeholt. Er muss seinen Umsatz der Steuer unterwerfen und kann keine Vorsteuer abziehen, weil er vom ausländischen Lieferer meistens keine Rechnung mit Steuerausweis erhalten wird. Die Nachholwirkung versagt, wenn der nicht exportierte Gegenstand an einen privaten Abnehmer, an einen Kleinunternehmer[5], einen Land- oder Forstwirt[6] oder an einen steuerbefreiten Unternehmer gelangt. Deshalb ist ein gewisser Buch- und Belegnachweis notwendig. Er ist in den §§ 6 bis 8 UStG gefordert und in §§ 8ff. UStDV näher geregelt worden. Bis zu seinem Urteil v. 30.7.2008[7], das auf dem EuGH-Urteil v. 21.2.2008[8] beruht, ging der BFH davon aus, dass der Buch...

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