Rz. 56

Ebenso wie § 14c Abs. 1 UStG spricht § 14c Abs. 2 UStG die Berichtigung von Rechnungen mit unberechtigtem Steuerausweis nicht an. Geregelt ist nur die Berichtigung des gem. § 14c Abs. 2 S. 1 und 2 UStG geschuldeten Steuerbetrags. Dies bedeutet aber nicht, dass die Berichtigung derartiger Rechnungen nicht zulässig wäre. Sie ist sogar unerlässlich, um die Gefährdungslage zu beseitigen, die von derartigen Rechnungen ausgeht.[1] In der Praxis werden daher häufig sog. Stornorechnungen ausgestellt, auch wenn dies vom Gesetz nicht vorgeschrieben wird.

 

Rz. 56a

Dabei kommt es auf den guten Glauben des Rechnungsausstellers nicht an. Der BFH hat im Urteil v. 22.2.2001[2] unter Übernahme der Wortwahl des EuGH[3] dies ausdrücklich so entschieden.[4] Damit ist die Berichtigung der unerlaubt ausgewiesenen Steuerbeträge selbst dann zulässig, wenn der unberechtigte Steuerausweis mit betrügerischer Absicht erfolgte. Insofern ermöglicht § 14c Abs. 2 UStG eine sanktionslose "tätige Reue"!

 

Rz. 57

Allerdings verlangt § 14c Abs. 2 S. 3 UStG für die Anerkennung einer Berichtigung des ausgewiesenen Steuerbetrags, dass die Gefährdung des Steueraufkommens beseitigt wurde. Die Berichtigung des die Steuerschuld auslösenden Steuerbetrags ist nur zulässig, "soweit" diese Gefährdung beseitigt wurde. Allein dies führt aber noch nicht zum Wegfall der Steuerschuld gem. § 14c Abs. 2 S. 1 UStG, vielmehr bedarf es dazu die vom FA anerkannte Beseitigung der fiskalischen Gefährdungslage, die von dem unzulässigen Steuerausweis ausgeht. Die Gefährdung des Steueraufkommens ist beseitigt, wenn ein Vorsteuerabzug beim Empfänger der Rechnung nicht durchgeführt oder die geltend gemachte Vorsteuer an die Finanzbehörde zurückgezahlt worden ist (§ 14c Abs. 2 S. 4 UStG). Dabei kommt es nicht darauf an, warum der Vorsteuerabzug tatsächlich nicht geltend gemacht werden konnte.[5]

 

Rz. 57a

Das FG Nürnberg hat daher im Urteil v. 27.11.2018[6] die Beseitigung der fiskalischen Gefährdungslage in einem Fall bejaht, in dem die tatsächliche Durchführung des begehrten Vorsteuerabzugs aufgrund einer Betriebsprüfung gehindert wurde. Als dies feststand, war der zutreffende Zeitpunkt zur Steuerberichtigung gekommen. Der Zeitpunkt der Erteilung der Stornorechnungen war hingegen ohne Bedeutung, weil § 14c Abs. 2 UStG die Rechnungsberichtigung nicht verlangt.

 

Rz. 58

§ 14c Abs. 2 S. 4 UStG spricht vom "Empfänger der Rechnung" und nicht vom Leistungsempfänger, weil § 14c Abs. 2 UStG gerade auch den Fall umfasst, dass über nicht erbrachte Leistungen Rechnungen erteilt wurden; in diesem Fall gibt es mangels Leistung keinen Leistungsempfänger, sondern nur einen Rechnungsempfänger.

 

Rz. 59

Für die Berichtigung des Steuerbetrags ist es nicht erforderlich, dass der Leistende die zu hoch vereinnahmte Steuer an seinen Leistungsempfänger zurückgezahlt hat; das UStG kümmert sich um diese zivilrechtlichen Beziehungen nicht. S. Abschn. 14c.2 Abs. 3 UStAE. Ebenso zu der insoweit gleichen Problematik gem. § 14 Abs. 2 UStG 1999 das BFH-Urteil v. 11.10.2007.[7]

 

Rz. 60

Die Frage, ob die Berichtigung der gleichen Form bedarf wie die ursprüngliche Rechnung – dieses Problem stellt sich auch bei § 14 UStG i. V. m. § 31 Abs. 5 UStDV ist vom Gesetz nicht geregelt. Das Hessisches FG will in dem Urteil v. 10.2.2005 (Rz. 41) auch eine schriftliche Berichtigung anerkennen, die zu einem Grundstücksgeschäft erfolgt, das der notariellen Beurkundung gem. § 311b BGB bedurfte. Diese Auffassung begegnet Bedenken, denn wenn die Berichtigung der "actus contrarius" des ursprünglichen Steuerausweises ist – so das Hessisches FG –, dann liegt es nahe, dafür die gleiche Form wie für die ursprüngliche Urkunde zu verlangen. Ob man mit Valentin[8] argumentieren kann, § 311b BGB verfolge als zivilrechtliche Vorschrift keine umsatzsteuerlichen Zwecke, führt kaum weiter, denn es wird mit der aus umsatzsteuerlichen Gründen veranlassten Berichtigung doch in zivilrechtliche Abmachungen über die Höhe des Preises eingegriffen. Dessen Festlegung ist aber eine Essentialia eines unter § 311b BGB fallenden Vertrags. Der BFH hat sich der Auffassung des Hessischen FG in dem Urteil v. 11.10.2007 aber angeschlossen mit der Begründung, dass nach Art. 22 Abs. 3 der 6. EG-Richtlinie und nunmehr seit 1.1.2007 gem. Art. 219 der MwStSystRL "jedes Dokument", das zur Veränderung der ursprünglichen Rechnung führt, einer Rechnung gleichgestellt ist. Damit werden, wenn auch nicht wirklich überzeugend, die deutschen zivilrechtlichen Anforderungen an die Vertragsform bei Grundstücksgeschäften überspielt.

 

Rz. 61

Die Berichtigung der Steuer muss beim FA des Rechnungsausstellers gesondert, d. h. nicht nebenbei zu anderen Anträgen, schriftlich beantragt werden. Abschn. 14c.2 Abs. 5 UStAE verlangt dazu ausreichende Angaben über die Identität des Rechnungsempfängers. Das macht Sinn, denn nur wenn das FA diesen ermitteln kann, ist die Prüfung, ob die fiskalische Gefährdungslage beseitigt ist, möglich. Dazu holt das FA des Rechnungsausstellers beim FA des R...

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