Rz. 51

§ 14 Abs. 2 S. 3 UStG lässt – unbeschadet der in Rz. 33ff. beschriebenen Rechnungserteilungsverpflichtung des Unternehmers gegenüber Leistungsempfängern gem. § 14 Abs. 2 S. 2 UStG – die Erteilung einer Rechnung durch einen in § 14 Abs. 2 S. 2 UStG genannten Leistungsempfänger zu. Damit können also Unternehmer, wenn sie eine – steuerpflichtige oder steuerfreie – entgeltliche Lieferung oder sonstige Leistung für ihr Unternehmen empfangen, sowie juristische Personen, ohne Rücksicht auf ihre Unternehmereigenschaft und die von ihnen getroffene Zuordnungsentscheidung, wie der leistende Unternehmer gegenüber diesem abrechnen. Das Gesetz nennt diese vom Leistungsempfänger ausgestellten Abrechnungsdokumente seit jeher[1] und so auch weiterhin "Gutschrift". Voraussetzung für die Abrechnung mittels Gutschrift ist freilich, dass die am Leistungsaustausch beteiligten Parteien diese Form der Abrechnung vorher vereinbart haben. Das Wort "Gutschrift" wird umgangssprachlich allerdings oft anders verwendet, insbesondere für die Fälle, in denen eine Lieferung rückgängig gemacht wird, wird häufig die Preiserstattung als Gutschrift deklariert – "Storno-Gutschrift". Diese sog. kaufmännische Gutschrift[2] hat nichts mit der Gutschrift gem. § 14 Abs. 2 UStG gemein. Selbstverständlich ist z. B. auch die sog. Zeitgutschrift bei Stechuhren ohne umsatzsteuerliche Relevanz. Diese Fragen sind von Bedeutung bei der seit dem 30.6.2013 (Rz. 1) geltenden besonderen Kennzeichnungspflicht für Gutschriften (Rz. 123a ff.).

 

Rz. 52

Die seit dem 1.8.2004 gem. § 14 Abs. 2 Nr. 1 und 2 UStG geltende Pflicht zur Erteilung einer Rechnung innerhalb von sechs Monaten gilt auch für Gutschriften, denn § 14 Abs. 2 S. 3 UStG erlaubt die Gutschriftenerteilung "unbeschadet" der Verpflichtung in den S. 1 und 2, in denen die Fristsetzung für Rechnungen geregelt ist.[3]

 

Rz. 53

Der Gutschriftempfänger kann der Gutschrift die Wirkung einer Rechnung dadurch nehmen, dass er dem ihm übermittelten Dokument widerspricht (§ 14 Abs. 2 S. 4 UStG). Er darf sie nicht verändern oder gem. § 31 Abs. 5 UStDV berichtigen (Rz. 146ff.). Es ist eine zivilrechtliche Frage, ob dieser Widerspruch trotz der vorherigen Zustimmung zur Abrechnung mittels Gutschrift zulässig ist. Das UStG hält sich aus diesem Streit heraus und legt dem Widerspruch einfach die Folge bei, dass die Gutschrift die Wirkung einer Rechnung verliert, d. h., der Gutschriftaussteller hat dann kein Dokument, das ihm den Zugang zum Vorsteuerabzug gem. § 15 Abs. 1 UStG hinsichtlich der Leistung, über die mittels Gutschrift abgerechnet wurde, eröffnet. Da keine Frist für den Widerspruch gesetzlich festgelegt ist, gelten nach Auffassung des BGH[4] die zivilrechtlichen Verjährungsfristen.

 

Rz. 54

Der Gutschriftaussteller hat, wenn der Widerspruch vom Gutschriftempfänger – aus welchen Gründen auch immer – erfolgt, den Anspruch gem. § 14 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 UStG auf Erteilung einer Rechnung innerhalb von sechs Monaten. Entgegen Stadie[5] steht dieser Anspruch dem Widerspruchsrecht hinsichtlich der Gutschrift nicht entgegen, denn Treu und Glauben verlangen dies mit Rücksicht auf die Verkehrssitte gem. § 242 BGB bestimmt nicht. Der Leistungsempfänger kennt die von § 14 Abs. 2 UStG ausdrücklich bedingungslos zugelassene Widerrufsmöglichkeit durch den Leistenden oder muss sie jedenfalls kennen; also bedarf er keines besonderen Schutzes gem. § 242 BGB.

 

Rz. 54a

Das hat der BFH[6] unter Berufung auf die hier vertretene Auffassung unter ausdrücklicher Ablehnung der Ansicht von Stadie und Hummel so entschieden. Auch wenn sich der Widerrufende mit seinem Verhalten ggf. zivilrechtlichen Ansprüchen aussetzt – zunächst dem Anspruch auf Erteilung einer Rechnung – und für den rückwirkenden Wegfall des Vorsteuerabzugs beim Leistungsempfänger u. U. den Zinsschaden ersetzen muss, gibt es keinen Grund für die USt, sich in diese zivilrechtlichen Verhältnisse einzumischen. Wagner[7] macht allerdings zu Recht darauf aufmerksam, dass seit der Neufassung des Art. 224 MwStSystRL durch die Richtlinie v. 13.7.2010[8] mit Wirkung ab dem 11.8.2010 die EU-Mitgliedstaaten die Einzelheiten der Voraussetzungen der Gutschrifterteilung und des Verfahrens zu ihrer "Akzeptierung" im Gegensatz zur vorherigen Fassung des Art. 224 MwStSystRL nicht mehr autonom festlegen können. Die MwStSystRl enthält sich dazu freilich eigener präziser Vorgaben, sodass nun diese Fragen von den nationalen Gerichten ggf. dem EuGH vorzulegen sind, denn insoweit handelt es sich mehr um Fragen allein des nationalen Rechts. Das Widerspruchsverfahren gem. § 14 Abs. 2 UStG dürfte aber den Vorgaben des Art. 224 i. d. F. ab dem 11.8.2010 entsprechen.

 

Rz. 55

Wie schon vor dem 1.1.2004 entfaltet die Gutschrift die Wirkung einer Rechnung nur, wenn sie dem Leistenden vom Leistungsempfänger übermittelt wurde. Dies ergibt sich daraus, dass der in Rz. 53 erwähnte Widerspruch des Gutschriftempfängers voraussetzt, dass ihm ein Dokument tatsächlich zugeht, dem er widersprechen kann. Hinsichtlich...

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