Rz. 171

Nach § 13b Abs. 5 S. 8 UStG in der mWv 1.1.2021 geltenden Fassung (vorher Abs. 5 S. 7; Rz. 19) gilt der Leistungsempfänger auch als Steuerschuldner, wenn leistender Unternehmer und Leistungsempfänger in Zweifelsfällen übereinstimmend davon ausgegangen sind, dass die Voraussetzungen des § 13b Abs. 2 Nr. 4, 5 Buchst. b oder Nr. 7 bis 12 UStG vorgelegen haben, obwohl dies nach der Art der getätigten Umsätze tatsächlich nicht der Fall war, sofern dadurch keine Steuerausfälle entstehen. Von Übereinstimmung wird man immer dann ausgehen können, wenn der Leistende in der Rechnung den Leistungsempfänger auf die Anwendung des § 13b hingewiesen und dieser dem nicht widersprochen hat. Die Gefahr von Steuerausfällen besteht nicht, wenn der Leistungsempfänger den an ihn erbrachten Umsatz in zutreffender Höhe versteuert, d. h. in einer USt-Voranmeldung oder Jahreserklärung angemeldet hat. Diese bis zur gesetzlichen Neuregelung bereits in Abschn. 13b.8 UStAE enthaltene (und dort auch weiterhin verbleibende) sog. Vereinfachungsregel wurde in Gesetzesform gekleidet, nachdem der BFH entschieden hatte, dass das Gesetz die Umkehr der Steuerschuldnerschaft nicht zur Disposition der Vertragsparteien stellt.[1]

 

Rz. 172

Da der leistende Unternehmer regelmäßig die zutreffende Versteuerung durch den Leistungsempfänger nicht nachweisen kann, empfiehlt es sich für ihn, sich im Rahmen einer schriftlichen Vereinbarung vom Leistungsempfänger versichern zu lassen, dass er den Umsatz in zutreffender Höhe versteuern wird. Sollte der Leistungsempfänger dieser Verpflichtung nicht nachkommen, macht er sich gegenüber dem leistenden Unternehmer schadensersatzpflichtig.

 

Rz. 172a

Gehen leistender Unternehmer und Leistungsempfänger fälschlicherweise von einem Wechsel der Steuerschuldnerschaft nach § 13b Abs. 2 und 5 UStG aus und hat der leistende Unternehmer deswegen in der Rechnung einen Hinweis nach § 14a Abs. 5 UStG erteilt, sind derartige Rechnungen nach Verwaltungsauffassung unter den übrigen Voraussetzungen (dazu § 14 UStG; Rz. 146ff.) mit Rückwirkung berichtigungsfähig.[2] Vgl. dazu auch Rz. 211a.

 

Rz. 173

Im umgekehrten Fall (Reverse-Charge-Verfahren wird nicht angewendet, obwohl die Voraussetzungen hierfür erfüllt waren) greift die Vereinfachungsregelung nicht. Der leistende Unternehmer schuldet in diesem Fall die fälschlicherweise in der Rechnung ausgewiesene Steuer nach § 14c Abs. 1 UStG; der Leistungsempfänger kann die in der Rechnung unrichtig ausgewiesene Steuer nicht als Vorsteuer abziehen (Abschn. 14c.1 Abs. 1 S. 6, Abschn. 15.2 Abs. 1 S. 3 UStAE). Der Leistungsempfänger sollte daher in Zweifelsfällen auf die Anwendung des Reverse-Charge-Verfahrens drängen.[3]

 

Rz. 174

Die Vereinfachungsregel gilt nur bei Zweifeln hinsichtlich der Art der Leistung als eine der in § 13b Abs. 2 Nr. 4, 5 Buchst. b oder Nr. 7 bis 12 UStG genannten Leistungen; sie gilt nicht bei Zweifeln über den Status des Leistungsempfängers, ob er also z. B. Unternehmer ist oder nachhaltig Bauleistungen erbringt.[4] Hier greift jedoch das Bescheinigungsverfahren (Rz. 153f., Rz. 163, Rz. 169).

[3] Zugmaier/Salder, DStR 2011, 895, 898.
[4] Neeser, UVR 2014, 333, 341; Sterzinger, UR 2014, 797, 806.

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